Modebranche Todeskampf auf der Handelsfläche

Die Modebranche steht vor einem Umbruch: Das Angebot ist viel größer als die Nachfrage. Vor allem mittelpreisige Marken bekommen den Druck der Filialisten wie Primark und Zara immer stärker zu spüren – und gehen pleite.

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Ein Model auf der Fashion Week in Paris: Berühmte Modelabels können sich über spektakuläre Modenschauen profilieren. Mittelpreisige Marken habe es da schwerer. Quelle: dpa

Düsseldorf Steilmann pleite, Strauss Innovation pleite, Laurèl und René Lezard in großen Schwierigkeiten. Viele Modeketten und -marken kämpfen ums Überleben in Deutschland. Ein Ende des großen Umbruchs in der Modebranche ist nicht absehbar. „Die Branche befindet sich in einer Art Revolution“, sagt Thomas Rasch in Düsseldorf. „Das Angebot im deutschen Textilhandel ist 30 bis 40 Prozent höher als die Nachfrage“, machte der Hauptgeschäftsführer des Modeverbandes German Fashion klar. Das heißt: Dieses Verhältnis ist ungesund, weil der Textilmarkt kaum noch wächst.

Die Folgen sind brutale Rabattaktionen, die immer früher beginnen, nachdem eine neue Kollektion auf dem Markt gekommen ist. Die Modebranche hat erkannt, dass das frühere Verramschen von Ware die Margen stark drückt. Aber angesichts des großen Überangebots und des Verdrängungswettbewerbs mit großen Ketten wie H&M aus Spanien oder Zara aus Spanien wagt kaum jemand, einen anderen Weg zu gehen.

Doch Gerd-Oliver Seidensticker, Präsident von German Fashion, ist davon überzeugt, dass sich die Handelslandschaft in der Modebranche in den nächsten Jahren drastisch ändern wird. Das betrifft auch die Filialisierung des Marktes. „Durch den extremen Ausbau des Filialnetzes in den vergangenen Jahren haben die Modefirmen den Endverbraucher aus dem Blick verloren“, kritisierte Seidensticker die Branche und damit auch sich selbst. Denn auch er betreibt als geschäftsführender Gesellschafter des Hemdenherstellers Seidensticker eigene Läden.

Die Verbraucher hätten „mit ihren Klicks noch nie so viel Macht gehabt wie heute“, räumte er ein. Er geht davon aus, dass die Textilläden in ein paar Jahren ganz anders aussehen werden. „Es geht nicht mehr darum, möglichst viel Ware auf die Fläche zu bringen, sondern den Kunden mit einer guten Auswahl zu überzeugen.“ Die Verquickung von Online- und Offlinegeschäft sorge dafür, dass fehlende Größen bei einem Teil schnell online beschafft werden könnten.

Der Mittelständler ist davon überzeugt, dass in den kommenden Jahren die „Schere zwischen Unternehmen, die gut verdienen, und denen, bei denen es schlecht läuft, weiter auseinandergehen wird.“ Raschke erwartet, dass es vor allem „mittelpreisige und mittelmodische Marken in den nächsten Jahren schwer haben werden“.

Die Marken in der Mitte des Marktes werden einerseits von Discountern wie der irischen Kette Primark und andererseits von Premiummarken angegriffen. Sie haben nur eine Chance, wenn sie sich stark profilieren. So versucht gerade die S.Oliver-Gruppe aus Rottendorf bei Würzburg ihrer Untermarke „QS by“ mit Stars wie dem DJ Robin Schulz ein jüngeres Image zu geben. Dahinter steckt die Hoffnung, dass davon etwas auf die Gesamtmarke S.Oliver abfärbt.

Denn der Gesamtumsatz der deutschen Mode- und Textilbranche stagnierte im vergangenen Jahr bei 64 Milliarden Euro, wie der Handelsverband Textil BTE am Mittwoch mitteilt. Demnach dürften mittelständische Boutiquen und Modehäuser im Schnitt rund ein bis zwei Prozent Umsatz verloren haben. Vertikale Modeketten wie H&M, Primark oder Zara hingegen konnten ihren Umsatz um den gleichen Prozentsatz steigern.

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