Modehaus Wöhrl Im Kampf gegen die drohende Insolvenz

Die Modehauskette Wöhrl bangt um ihre Existenz. Der Umsatz sinkt, die Schulden häufen sich. Jetzt wollen die Nürnberger schlanker und effizienter werden – doch viele Mitarbeiter stehen vor einer ungewissen Zukunft.

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Mit einer umfassenden Neuausrichtung möchten die Nürnberger die drohende Insolvenz abwenden. Quelle: dpa

Nürnberg Das Modehaus Rudolf Wöhrl will mit einer Sanierung in Eigenregie eine drohende Insolvenz verhindern. Die Hauptversammlung des Nürnberger Textilhandelsunternehmens mit knapp 2000 Mitarbeitern habe dafür ein sogenanntes Schutzschirmverfahren beschlossen, teilte die Rudolf Wöhrl AG in der Nacht zum Dienstag mit: „Ziel ist es, die Wöhrl Gruppe als Ganzes zu erhalten und nachhaltig in die Profitabilität zurückzuführen.“ Das Unternehmen hat nun drei Monate Zeit für einen Sanierungsplan.

Zudem sucht Wöhrl nach einem Investor. Die Eigentümerfamilie habe ihre Bereitschaft zu einer unternehmerischen Partnerschaft erklärt, hieß es – gegebenenfalls auch als Minderheitsgesellschafter. Das operative Geschäft an den 34 Standorten der Gruppe in Ost- und Süddeutschland soll zunächst ohne Einschränkungen weiterlaufen. Defizitäre Filialen ohne Wachstumspotenzial sollen aber geschlossen und ein Online-Shop aufgebaut werden. Welche Filialen betroffen sind, sei noch unklar, sagte Unternehmenssprecher Frank Elsner.

Zudem soll die Verwaltung am Standort Nürnberg, die in der Branche als überdimensioniert gilt, umziehen und verkleinert werden. Wie sich die Maßnahmen auf die Mitarbeiterzahl auswirken, ist ebenfalls noch nicht bekannt. Klar sei aber: „Es wird zu Veränderungen kommen. Und es wird auch zu Einschnitten beim Personal führen.“

Das Schutzschirmverfahren schützt in die Krise geratene Unternehmen vor dem Zugriff der Gläubiger, ohne dass die Betriebe bereits Insolvenz anmelden müssen. Die Geschäftsführung kann das Unternehmen weiter lenken und selbstständig sanieren. Ihr wird allerdings ein Anwalt als Sachwalter und externer Berater zur Seite gestellt.

Für das Geschäftsjahr 2015/2016 (1. August bis 31. Juli) erwartet der Vorstand nach vorläufigen Berechnungen einen weiteren Rückgang des Konzernumsatzes von 316 auf rund 300 Millionen Euro. Der Jahresfehlbetrag werde voraussichtlich höher ausfallen als im Vorjahr (1,0 Millionen Euro).

Als Gründe nannte das Unternehmen ein schwächeres operatives Geschäft und geringere Sondererträge als geplant. Der negative Trend im deutschen Textileinzelhandel und das veränderte Kaufverhalten der Verbraucher – zunehmendes Online-Shopping und eine geringere Marken- und Filialtreue - machten eine Sanierung des Modehauses erforderlich.

Die Entwicklung bei Wöhrl hatte sich seit längerem andeutet. Anfang des Jahres hatte das Unternehmen nach den roten Zahlen im vergangenen Geschäftsjahr bereits ein Restrukturierungsprogramm eingeleitet. „Es hat sich – vor allem bei den Arbeiten für den vorläufigen Jahresabschluss 2015/16 – gezeigt, dass diese Maßnahmen verstärkt und beschleunigt werden müssen“, sagte Elsner. „Die Baustellen sind identifiziert. Im Schutzschirmverfahren hat man jedoch andere Möglichkeiten. Man kann es schneller und konsequenter umsetzen.“

Wie die Rudolf Wöhrl AG weiter mitteilte, wurde der bisherige Aufsichtsratsvorsitzende Andreas E. Mach mit sofortiger Wirkung zum neuen Vorstandschef bestellt. Sein Vorgänger Olivier Wöhrl bleibe in einer neu geschaffenen Funktion im Vorstand verantwortlich für die strategische Weiterentwicklung des Geschäftsmodells. Darüber hinaus bestellte der Aufsichtsrat den Münchner Rechtsanwalt Christian Gerloff zum neuen Restrukturierungsvorstand. Gerloff war bereits als Insolvenzverwalter bei den Modeunternehmen Escada und Rena Lange tätig.

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