Möbelhändler Steinhoff Dieser Unternehmer jagt Ikea

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Mehr Börse gleich mehr Kapital

Kurz vor der Schwellenländer-Finanzkrise 1998 verhandelte Jooste über den Kauf des südafrikanischen Möbelherstellers Afcol. Der Manager hatte sich eine Grenze von – nach heutigem Kurs – 1,14 Euro pro Aktie gesetzt. Ein Wettbewerber bot 1,18 Euro – und Jooste zog sich zurück. Als wenig später die Finanzmärkte in den Schwellenländern einbrachen, stand Afcol wieder zum Verkauf: dieses Mal für 26 Cent pro Aktie. Jooste schlug zu. „Dieses bisschen Glück hat uns zu einem ernst zu nehmenden Spieler in Südafrika gemacht“, sagt er heute.

Kurz vor der Jahrtausendwende ging Steinhoff an die Johannesburger Börse und verlegte den Firmensitz nach Südafrika.

Die Expansion nahm Fahrt auf: Jooste kaufte die Einzelhandelsgruppe JD Group, zu der damals neun Möbel-, Elektronik- und Baumarktketten gehörten. So sicherte Steinhoff sich den Zugang zur wachsenden schwarzen Mittelschicht. Die kann sich zwar keine Bulthaup-Küchen leisten, schlägt aber gern bei üppigen Schlafzimmervitrinen und Couch-Garnituren zu – und sei es auf Pump.

Eine weitere Übernahme veränderte 2014 das Machtgefüge im Konzern: Steinhoff übernahm Pepkor, den größten panafrikanischen Textildiscounter mit mehr als 2000 Filialen. Pepkor-Großaktionär Christo Wiese, schon vor dem Deal an Steinhoff beteiligt, stieg durch den Zusammenschluss zum mächtigsten Aktionär des Unternehmens auf. Heute kontrolliert er gut 23,1 Prozent der Steinhoff-Anteile, ist Vorsitzender des Aufsichtsrats und treibt den Konzern derzeit zum nächsten großen Sprung.

Der Investor: „Wie Wasser von einer Ente“

Parow ist ein hässliches Industriegebiet nördlich von Kapstadt. Im dritten Stock der Pepkor-Zentrale des nüchternen Funktionsbaus geht es schon pompöser zu: Perserteppiche auf Marmorböden, Bronzestatuen mit Szenen aus dem Burenkrieg, ein Ölgemälde mit Elefanten. Wieses Büro: überladen, mit wuchtigem, dunklem Schreibtisch.

Vom Fenster des kleinen Besprechungsraums blickt man auf einen Slum und das Fabrikgelände, vor dem sich Lkws stauen. „Die Leute, die hier leben und arbeiten, sind meine Kunden, meine Kollegen, Teil meines Landes und meiner Identität“, sagt der Tycoon mit den warmen braunen Augen.

Welche Möbel die Deutschen wollen

Derlei Afrika-Bekenntnissen zum Trotz macht die Gruppe heute zwei Drittel ihres Umsatzes in Europa. Seit Ende 2015 ist Steinhoff an der Frankfurter Börse gelistet. Erst vor wenigen Tagen kündigte das Unternehmen an, die afrikanischen Töchter, darunter Pepkor und JD, in einer separaten Gruppe zu bündeln und diese an die Johannesburger Börse zu bringen. Mehr Börse gleich mehr Kapital, gleich Expansion – der Deal ist ganz nach Wieses Geschmack. Schon früh habe er mit Steinhoff-Chef Jooste darüber gesprochen, „eine wirklich große, internationale Gruppe aufzubauen“, sagt er heute.

Doch das rasante, durch immer neue Übernahmen getriebene Wachstum hinterlässt Kollateralschäden: Hinter den Kulissen etwa streitet Steinhoff mit dem österreichischen Möbelunternehmer Andreas Seifert, Mitinhaber von XXXLutz. Weil Investoren protestierten und die Steinhoff-Aktie abschmierte, mussten Jooste und Wiese Anfang des Jahres sogar ihr Lieblingsprojekt abblasen: die Fusion von Steinhoff mit Wieses Supermarktkette Shoprite. Ein „monumentales Scheusal“ wäre so durch die Liaison entstanden, kritisierte etwa der Vermögensverwalter Vestact.

Wiese gibt sich davon unbeeindruckt. „Ich habe in meinem Leben Dutzende von Deals vorbereitet, die schließlich nicht zustande kamen“, sagt er. „Das tropft an mir ab wie Wasser vom Rücken einer Ente.“

Die jüngsten Aufspaltungsideen werden in der Branche bereits als Vorbereitung für eine spätere Neuauflage des Shoprite-Deals interpretiert.

Wiese ist für Hartnäckigkeit bekannt, im Geschäftlichen wie bei der Jagd. Ab und an geht er in seinem privaten Revier am Rand der Kalahari-Wüste auf die Pirsch – bisweilen auch mit Bruno Steinhoff. Im fernen Westerstede ist es dann noch stiller.

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