Möbelhändler Steinhoff Dieser Unternehmer jagt Ikea

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Vom Importeur zum Produzenten

Das Geschäft wuchs prächtig, bis die Mauer fiel. Steinhoffs wichtigste Einkaufsquellen drohten im Wende-Chaos zu versiegen. Der Importeur steuerte um, wurde selbst zum Produzenten. Man müsse „Dinge tun“, so vertraute er seinem Heimatblatt „Nordwest-Zeitung“ an, „die andere zu dem jeweiligen Zeitpunkt noch nicht tun wollen“. Industrien im Osten aufbauen, zum Beispiel. Steinhoff kaufte pleitebedrohte Möbelfabriken in der ehemaligen DDR auf und zog eigene Produktionsstätten hoch, in Polen, Ungarn und der Ukraine.

Der Importeur wurde zum Produzenten. Der Chef blieb der alte. Frühere Mitarbeiter beschreiben ihn als Unternehmer alter Schule, einer, der auch mal bei Skatrunden mitspielte. Steinhoff sei „ein kerniger Mittelständler“ gewesen, sagt sein Wettbewerber Kurt Krieger, Inhaber der Höffner-Möbelmärkte. Bis er nach Südafrika ging und sich das Unternehmen plötzlich in einen „Granatenladen“ verwandelt habe, so Krieger.

Der Stratege: „Ich war hungrig“

Stellenbosch ist nach Kapstadt die zweitälteste Stadt Südafrikas – eine verschlafene Ansiedlung weiß getünchter Häuser in viktorianischem Stil, zwischen denen selbst im Stadtzentrum noch Rebenfelder liegen. Hier, in einem tristen vierstöckigen Bürokomplex an einer Ausfallstraße, hat Steinhoff sein Hauptquartier aufgeschlagen, von dem aus die operativen Geschäfte des Konzerns geführt werden.

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Die Rezeption gleicht einem schlechtgeschnittenen Möbelladen am Ende eines Räumungsverkaufs. Neben dem ellenlangen Tresen aus Glas steht ein riesiger Bauernschrank vor einer wuchtigen Ledergarnitur. An den Wänden prangen Ölgemälde mit Motiven aus dem südafrikanischen Weinland, in dem Steinhoff seit mehr als 20 Jahren aktiv ist.

Dafür sorgte der Textilunternehmer Claas Daun, ein langjähriger Freund Steinhoffs aus der niedersächsischen Heimat. Er hatte sich in Südafrika an Gommagomma, einem Hersteller opulenter Sofalandschaften beteiligt und überzeugte Steinhoff, mit einzusteigen. Bei Gommagomma arbeitete damals ein junger Finanzvorstand namens Markus Jooste. Der Sohn eines einfachen Postangestellten aus Pretoria hatte erst ein paar Jahre zuvor seinen Abschluss als Wirtschaftsprüfer gemacht und trug mühsam die für das Studium aufgenommenen Schulden ab. „Ich war hungrig. Das war mein Glück“, sagte er später.

Steinhoff fand Gefallen an dem ehrgeizigen Mann, der bald zum operativen Chef des afrikanischen Parts aufstieg und das Unternehmen nach und nach neu ausrichtete: Steinhoff sollte nicht länger nur Betten und Schränke produzieren, sondern sie auch verkaufen. Ähnlich wie Ikea sei Steinhoff „auf dem vertikalen Vormarsch“, konstatiert das Möbelfachblatt „Inside“.

Wer Mitte 30 ist, hat nun wirklich keine Lust mehr auf den Einkauf bei Ikea, besagt eine amerikanische Umfrage. In Deutschland sieht das etwas anders aus.

Anders als der blau-gelbe Marktführer vertraut Steinhoff aber nicht auf eine Kernmarke, an der Wohl und Wehe des Konzerns hängt. Vielmehr verleibte Jooste dem Konzern Dutzende Möbel- und Handelslabels ein – und wurde selbst reich damit. Privat investiert er sein Geld in Rennpferde. „Wenn du zu einer Versteigerung gehst, ganz gleich, ob du ein Gemälde oder ein Pferd kaufen willst, musst du einen Preis im Kopf haben“, lautet dabei einer seiner Grundsätze, „wenn dann die Gebote diesen Preis überschreiten, musst du die Disziplin haben, zu gehen.“

So handelt er auch bei Steinhoff.

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