Die Flaggen wehen auf Halbmast in Barkaby, einem Vorort von Stockholm. Vor dem Haupteingang des Ikea-Möbelhauses haben ein paar Kunden kleine Kerzen entzündet und verweilen einen Augenblick vor einem Foto von Ingvar Kamprad. Der Gründer des weltweit größten Möbelhauses ist am Samstag im Alter von 91 Jahren nach kurzer Krankheit gestorben.
„Ingvar war bis zuletzt sehr interessiert an seinem Unternehmen und hatte einen großen informellen Einfluss“, sagt einer, der es wissen muss. Lars-Johan Jarnheimer ist Aufsichtsratsvorsitzender der Ingka Holding, unter deren Dach die rund 400 Möbelhäuser in aller Welt betrieben werden. Er hatte bis zuletzt Kontakt zum Firmengründer, der sich schon vor mehreren Jahren aus der operativen Arbeit zurückgezogen hatte.
Schon Jahrzehnte vor seinem Tod, im Jahr 1976, hatte der Ikea-Gründer sein Vermächtnis aufgeschrieben. In der kurzen Abhandlung „The Testament of a Furniture Dealer“ (Testament eines Möbelhändlers) hat er all das zusammengefasst, was aus seiner Sicht den Erfolg seines Unternehmens ausmacht. Sein wichtigstes Anliegen war die Demokratisierung des Designs: Dass sich so viele Menschen wie möglich gut gestaltete Möbel leisten können. Und eins hat er in diesem „Testament“ klar festgelegt: Dieser Grundsatz darf nie verändert werden.
Diesem Vermächtnis fühlen sich seine Söhne auch nach Kamprads Tod verpflichtet. Doch zugleich bauen sie das Lebenswerk ihres Vaters grundlegend um. Denn auf welchem Weg und mit welchen Produkten man diese Kunden am besten erreicht, das hat sich in den vergangenen Jahren dramatisch verändert.
Insbesondere die Söhne Mathias und Peter Kamprad sind zusammen mit außenstehenden Managern verantwortlich für die weitere Entwicklung des Möbelriesen. Und sie haben eine Menge Arbeit vor sich: Denn zuletzt stagnierten die Besucherzahlen in den Möbelhäusern. Grund dafür sind veränderte Kaufgewohnheiten der Kunden. Sie wollen ihre Einrichtungsgegenstände immer häufiger online bestellen. Doch gerade beim E-Commerce hat Ikea lange Zeit geschlafen. Das mag auch daran gelegen haben, dass Ingvar Kamprad selbst wenig Interesse an der für ihn sehr neuen Vertriebsmethode hatte. „Ingvar war in dieser Frage nie sonderlich engagiert“, weiß der ehemalige Ikea-Manager Jonas Stenebo, der vor einigen Jahren mit dem Buch „Die Wahrheit über Ikea“ für Aufsehen gesorgt hat.
Das Online-Geschäft wird auch für den schwedischen Konzern wichtiger
Nun denkt das Management um und prüft ganz neue Verkaufskanäle für die in handlichen Kartons verpackten Möbel. Schon bald könnten das Billy-Regal oder der Poäng-Sessel über andere Online-Plattformen verkauft werden. Entsprechende Andeutungen machte Torbjörn Lööf, Chef der Ikea-Muttergesellschaft Inter Ikea, ohne konkret zu sagen, mit welchen Partnern Ikea zusammenarbeiten will. Doch eins ist klar: „Ikea als Branchenführer wird nur mit den größten und beliebtesten Online-Händlern zusammenarbeiten“, glaubt ein Analyst in Stockholm und nennt Amazon und Alibaba als logische Partner.
Dass das Online-Geschäft auch für den schwedischen Konzern wichtiger wird, zeigten die Zahlen im abgelaufenen Geschäftsjahr: Die 403 Möbelhäuser in 49 Ländern wurden von über 800 Millionen Menschen besucht. Die Online-Seite wurde dagegen mehr als zwei Milliarden Male aufgerufen. Trotzdem hatte Ikea das Geschäft im Netz lange Zeit grob vernachlässigt. Schätzungsweise nur rund fünf Prozent des Umsatzes von rund 34,1 Milliarden Euro stammen aus dem Netz. Kein Wunder, denn Ikea-Kunden konnten viele Produkte lange Zeit gar nicht über das Internet bestellen. Das hat sich nun geändert.