Nach Mehl- und Sonnenblumenöl „Der Markt für Senfsaat ist leergefegt“

Ein Mann hält in einer Senfmühle eine Schaufel mit gelben Senfkörnern. Quelle: dpa

Die Ukraine ist nicht nur ein wichtiger Lieferant von Sonnenblumenöl und Weizen, sondern exportiert auch Senfsaat in großem Stil. Trotzdem drohen keine leeren Senf-Regale in Supermärkten, wenn die Verbraucher mitspielen.

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Wird es bald nur noch Ketchup zur Grillwurst geben? Kirsten Trenkner, Marketingleiterin von Carl Kühne, einem der größten Essig-, Gurken- und Senfproduzenten Europas winkt ab: Es gebe ja noch andere Würzsaucen zur Grillwurst. Und: „Auch der Senf wird sicherlich nicht fehlen“, sagt sie und schiebt nach: „zumindest setzen wir alles daran.“ Tatsächlich ist die Lage unübersichtlich, wie so vieles seit Beginn des Ukraine-Kriegs vor rund einem Monat. Was die russische Invasion mit der heimischen Senfversorgung zu tun hat? Eine Menge. 

Insgesamt fast 80 Prozent der nach Deutschland importierten Senfsaat kommen aus Russland (51,9 Prozent) und der Ukraine (27,6 Prozent). „Ende März beginnt normalerweise die Aussaat, um dann im Juli und August zu ernten“, sagt Markus Weck, Hauptgeschäftsführer des Lebensmittelverbandes Kulinaria. In diesem Jahr werde das in der Ukraine „nicht oder allenfalls sehr begrenzt möglich sein“, erwartet Weck. „Und ob andere Anbauländer die fehlenden Mengen so schnell kompensieren können, ist fraglich.“ 

Die Versorgungsprobleme treffen die deutschen Produzenten höchst unterschiedlich. „Es gibt Hersteller, die ihre Senfsaat fast ausschließlich aus Kanada importieren, über langfristige Lieferverträge und ausreichend Vorräte verfügen“, sagt Weck. Andere würden die Engpässe dagegen mit voller Wucht treffen. „Es hat sogar schon ein Unternehmen beim Verband nach einem Container Senfsaat gefragt.“, berichtet Weck. „Aber der Markt ist leergefegt.“

Das bestätigt Franz Wunderlich, Geschäftsführer des Regensburger Senfherstellers Händlmaier. Das Unternehmen habe bislang zwei Drittel der pro Jahr gekauften 10.000 Tonnen Senfsaat aus Russland oder der Ukraine bezogen. Man habe zwar alles unternommen, um Saaten etwa aus Kanada zu beziehen, so Wunderlich. Aber: „Aktuell gibt es auf dem Weltmarkt keine Senfkörner mehr zu kaufen.“ Ab kommender Woche werde Händlmaier deswegen die Senf-Produktion reduzieren. Dadurch könnte der Hersteller voraussichtlich bis August lieferfähig bleiben.

Kostenexplosion wie nie zuvor

Beim Traditionsunternehmen Develey, mit Marken wie Bautz’ner und Löwensenf Marktführer in Deutschland und wichtiger Lieferant von McDonald's für Senf und Soßen, ist die Lage etwas entspannter. „Wir pflegen als Teil der Unternehmensphilosophie starke Lieferantenbeziehungen und haben langfristige Kontrakte abgeschlossen“, sagt eine Unternehmenssprecherin. „Neben der Ukraine kommt die Senfsaat unter anderem aus Deutschland oder auch Kanada.“ Aktuell sei Develey weiterhin produktionsfähig. „Einen Grund für eine zusätzliche Bevorratung durch die Verbraucher sehen wir daher derzeit nicht“, teilt das Unternehmen mit. 

Allerdings müssen sich Verbraucher wohl auf steigende Preise einstellen. „Die gesamte Ernährungsbranche befindet sich in einer Rohstoffkrise und kämpft mit steigenden Kosten für Energie, Transport und Verpackungen“, sagt Weck. „Ob und wie sich diese Kostensteigerungen an den Lebensmitteleinzelhandel und von dort an den Verbraucher weitergeben lassen, müssen die Gespräche zwischen Herstellern und Handel zeigen.“ Markführer Develey hält „mittelfristig eine Preisanpassung des Endprodukts“ für notwendig.

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Ganz ähnlich klingt Carl-Kühne-Marketingleiterin Trenkner. Auch für die Hamburger zählt die Ukraine zu den „für uns sehr wichtigen Anbauländern, so dass wir eine Reihe an alternativen Optionen prüfen, unter anderem Kanada.“ Sämtlichen Optionen sei aber gemein, dass sich die Beschaffungskosten „signifikant erhöht haben“ und nicht von einer kurzfristigen Entspannung auszugehen sei. „Eine vergleichbare Kostenexplosion bei Rohwaren, Logistik und Energie wie aktuell haben wir im Markt zuvor noch nicht gesehen“, sagt Trenkner. „Insofern werden Preissteigerungen aller Voraussicht nach nicht ausbleiben können.“

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