Nachhaltiger Erfolg „Marken sind gekaufte Erinnerungen“

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Planbarer Erfolg?

Ist der Erfolg einer Marke dank digitaler Tools heute leichter zu planen? Oder ist der Konsument heute so aufgeklärt, dass er „gemachte Marken“ schnell durchschaut?
Daten und Technologie führen zu besseren Entscheidungen. Sie liefern Fakten, sind nachvollziehbar und genießen hohes Vertrauen. Jedoch hängt die Qualität der Daten immer von der Fragestellung ab. Hier befinden sich das Marketing in der Datenfalle: Wir orientieren uns an Erfolgsgrößen, stellen aber nicht die zentrale Frage: Machen wir eigentlich das Richtige?

Und?
Daten helfen, Werbemittel sinnvoll auszuspielen. Bei der Dynamischen Creative Optimization (DCO) lassen sich die Werbemittel von Online-Kampagnen datenbasiert in Echtzeit an Targeting-Kriterien anpassen und personalisieren. Man kann also sehr wohl behaupten, dass Daten in der Lage sind, bessere Entscheidungen im Marketing herbeizuführen. Aber Algorithmen können keine Ideen generieren. 

Der vielleicht größte Irrtum ist die Annahme, dass Daten, Technologien oder auch KI zu Ideen führen können, die das Zeug haben, Menschen zu berühren und zu bewegen. Man kann weder Daten noch den Menschen selbst fragen, was er zukünftig möchte und was ihn inspiriert. Geschmack und Trends entwickeln sich. 

Gibt es auch deshalb so viel langweilige Werbung?
Zu starke Daten-Orientierung hat in den vergangenen Jahren zu höchst durchschnittlichen Ergebnissen geführt. Die datenbasierte Normierung hat zu einer Gleichmacherei und teilweise sogar Banalisierung geführt. Aus der Kombinatorik von Vergangenheitsverhalten haben die Algorithmen auf die Zukunft geschlossen. So ist die Werbung selbstreferenzierend geworden: Du bekommst, was Du bist. Dir wird geboten, was Du suchst. Die von Algorithmen geprägte Kommunikation scheint entlarvt: „Wenn Du nicht dafür bezahlst, bist Du nicht der Kunde, Du bist das Produkt“, bringt es auf den Punkt. Menschen fühlen sich digital verfolgt. Die Likes und Follower auf den Influencer-Seiten sind keine glaubwürdige Währung mehr. Die Angebotsvorschläge von Alexa und Amazon sind vom Rechner vorbestimmt, aber in Wahrheit schon länger nicht mehr inspirierend. Kreativität ist ein unfairer Wettbewerbsvorteil.

Inwiefern?
Die Unfairness besteht darin, dass sie eben nicht errechnet werden kann, sondern durch Menschen mit herausragenden Talenten entsteht. Daten haben weder eine Seele, noch können sie die Seele der Menschen berühren. Es ist bewiesen, dass Fakten zu Schlussfolgerungen führen, aber erst die Emotion zum Handeln. Die Erfolgsgröße der Kreativität – insbesondere im Marketing – heißt somit: Wer Menschen bewegen will, muss sie berühren.

Welche Rolle werden Marken in Zukunft denn noch spielen, welche Funktion werden sie haben?
Marken und Menschen koexistieren heute in einer neuen Nähe. In einer Welt der Screenager sind Menschen mit ihren Marken kontinuierlich verbunden – quasi Zero Distance. Heute kaufen Generationen Produkte direkt aus Social Media heraus – Stichwort Social Commerce. Mit einem Klick konvertiert Inspiration zum Geschäft auf Plattformen von Drittanbietern.

Dazu kommt die Explosion der Kontaktpunkte.

Wozu führt das?
Im Omnichannel ist es schwer, die Kundenkontakte zu orchestrieren und den Kundenbestand zu pflegen. Wir alle sind konfrontiert mit den noch unzureichenden Abstimmungen der Marketingmassnahmen: Da bekommen wir Werbung für Produkte, die wir schon längst gekauft haben. Die Marken haben ihre Souveränität in der Kundenführung eingebüßt. Die gilt es zurückzugewinnen und den Kunden wirklich wieder in den Mittelpunkt des Marketings zu stellen.

Marken selber werden zunehmend Brand-Plattformen, die sich nicht nur durch Produkte und Leistungen definieren, sondern zunehmend auch durch Services. Dazu müssen Marken ihre Bestimmung kennen. Wenn Nike in seinem Leitbild davon spricht, dass  in jedem Menschen ein Athlet steckt, ist die Brücke zur eigenen Fitnessplattform kurz.

Wenn sich Volkswagen von seinem Slogan „das Auto“ verabschiedet, ist das eine konsequente wenn auch späte Ausrichtung auf die neue Mobilität und öffnet die Bestimmung der Marke für völlig neue Angebote und Lösungen.

Mehr zum Thema: Kaum ein anderer Ökonom hat sich so tief mit dem langfristigen Erfolg von Unternehmen befasst wie Christian Stadler. Seine fünf Erfolgs-Prinzipien hat er nun um ein wesentliches Thema ergänzt.

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