Naturkosmetik Weleda - Im Einklang mit Natur und Profit

Stümperhaftes Management trieb den Naturkosmetikhersteller in die roten Zahlen. Mit einer Radikalkur will der neue Chef Ralph Heinisch die Anthroposophen-Firma auf Kurs bringen.

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Herstellung von Arzneimitteln bei Quelle: Presse

Die Idylle trügt. So schön der Kräutergarten von Weleda in Arlesheim bei Basel auch wuchert – Ralph Heinisch interessiert nur die Zukunft der Naturheilmittelfirma. Er greift nach den violetten Blüten eines Strauchs, aus denen einmal Hustenelixier wird. Wie lange ihre Ernte dauert, das weiß der Sanierer, der Weleda seit April führt, genau: lange 20 Minuten für 100 Gramm. Wie der Strauch heißt, hat er dagegen vergessen.

Der Bittersüße Nachtschatten, dessen Name sich der 56-Jährige nicht merken kann, ist seiner Mission ähnlich – heilend, doch giftig für die Umgebung; Heinisch muss das kränkelnde Unternehmen kurieren. Auf umgerechnet gut 8,2 Millionen Euro hat sich der Verlust des Weltmarktführers für Naturkosmetik 2011 verdoppelt, bei 312 Millionen Euro Umsatz.

Heinisch soll den guten Geist zurück bringen

Weleda-Chef Ralph Heinisch Quelle: Presse

Der Grund für die Krise ist simpel: Der anthroposophische Geist des 90 Jahre alten Unternehmens, allen Menschen Gutes zu tun, ließ die Betriebswirtschaft außer Acht. Das soll Betriebswirt Heinisch ändern, der von 2009 bis Ende Februar 2012 den deutschen Kunststoffhersteller Frank plastic im Schwarzwald leitete und zuvor die Geschäfte des anthroposophisch orientierten Paracelsus-Krankenhauses in Bad Liebenzell ebenfalls im Schwarzwald führte.

Die Wende schaffen will der gebürtige Marburger auch mit einem besseren Betriebsklima. Fast väterlich wirkt er auf einfache Mitarbeiter ein. Bunte Brille, Jeans, braune Veloursschuhe, so erleben die meisten Weleda-Leute ihren neuen Chef. Mittags setzt er sich in der Kantine zu ihnen, redet über Persönliches. Die ersten Wochen bei Weleda schlief er im Wohnwagen auf einem Campingplatz. "Ich versuche, authentisch zu sein, und führe durch Vertrauen", sagt Heinisch.

Balance zwischen Milde und Härte

Seinen Managern lastet der neue Weleda-Chef freilich einen Teil der Krise an. Kurz angebunden, mit hartem Ton, beschreiben ihn manche. Passe ihm etwas nicht, reagiere er auch mal ruppig von oben herab. Er lege seine Entscheidungen "im stillen Kämmerlein" fest, klagt ein Top-Mann. "Ich kann ihn als Menschen nicht lesen." Für Heinisch sind solche Einschätzungen nicht ungefährlich. Weder kennt er sich in der Kosmetik- noch in der Pharmasparte aus – er braucht die Hilfe jener, von denen er zugleich einige loswerden will.

Für Heinisch wird es schwer, im Unternehmen der selbst ernannten Menschenfreunde die Balance zwischen Milde und Härte zu finden. Er muss Weleda aufrütteln, doch ihm begegnen Beharrungskräfte. Über Jahre sei bei Weleda ein Klüngel entstanden, der nur angepasste Führungskräfte nach oben spülte und an dem neue Ideen oft abprallten, berichten Ex-Verwaltungsräte.

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