




Bulckes Aufholjagd geht über den ganzen Globus. Das Eiscremegeschäft in Europa dominiert Unilever mit der Marke Magnum. In den USA ringt Nestlé mit Marktanteilsschwund im Kaffeegeschäft. Die Wassersparte bringt nur sechs Prozent Gewinnmarge, Danone schafft doppelt so viel. Bei der Schokolade versäumten schon Mauchers Vorgänger den Angriff und überließen Lindt & Sprüngli das Feld. Lediglich KitKat lockt junge Käufer an – und sogar den Internet-Konzern Google. Der taufte jüngst sein neues mobiles Betriebssystem Android auf den Namen Kitkat.
Der Erfolg der Gegensätze
Trotz der Herausforderungen ist Bulcke kein Mann, der Mitarbeiter auf den ersten Blick großartig mitreißt. „Er imponiert durch ruhige Präsenz“, sagt ein Manager, der mit Bulcke wie Brabeck zusammengearbeitet hat. Während Brabeck das Rampenlicht sucht, erlaubt Bulcke Nähe. Selbst einfache Mitarbeiter können ihn leicht ansprechen, wenn er wie so oft langsam über die Flure der Nestlé-Zentrale geht und Entgegenkommende lächelnd grüßt. Dagegen umgibt Hobbybergsteiger Brabeck sich mit der Aura des Unnahbaren. „Er ist die Nummer eins. Das lässt er jeden spüren“, sagt selbst ein Freund. „Brabeck imponiert durch sein Erreichtes, Bulcke hat ein klares Ziel, was er mit Nestlé erreichen will“, sagt ein Manager. Die Truppe folge ihm.





Vom Erfolg dieses Zweiklangs wird die Zukunft Nestlés abhängen. Der Präsident als Stratege, der Chef als operative Kraft – für Bulcke ist das gleichwohl zu wenig. „Ich bin ziemlich strategisch orientiert“, sagt er über sich. Brabeck und er hätten „sicherlich verschiedene Charaktere“. Die Strategie aber entstamme Entscheidungen, „die wir gemeinsam treffen“.
Gesundheit ist bald nicht mehr finanzierbar
Der Lackmustest für Bulcke wird der Erfolg im Gesundheitsgeschäft. Vorbild sind die Pharmakonzerne, die Gewinnmargen von 30 Prozent erzielen – doppelt so hohe wie Nestlé. Solche Vorhaben folgen früheren Ideen. Schon Maucher wollte Nestlé auf den Gesundheitstrip führen. Brabeck kaufte von Novartis Medical Nutrition, doch die Sparte mit gesund machender Nahrung versank. Zuvor hatte er die Marke Nutrel für Lebensmittel mit gesundheitlichem Zusatznutzen eingestampft, nachdem Nestlé mit LC1 gegenüber dem bakterienangereicherten Joghurt Activia von Danone den Kürzeren zog.
Die neue Tochter Health Science, die Nestlé-Urgestein Luis Cantarell führt, soll nun der große Wachstumsmotor werden. Bulckes Kalkül: Weltweit kostet Gesundheit zehn Billionen Dollar, innerhalb von 15 Jahren dürfte sich die Summe verdoppeln. „Das ist bald nicht mehr finanzierbar“, sagt der Nestlé-Chef. Die Schwellenländer bauten ihre Wirtschaft aus, ihre Gesellschaftsstrukturen und damit die Gesundheitssysteme. „Dort fehlen die Finanzmittel, um so schnell das Niveau wie hier in Europa zu erreichen. Wir können dort einen Unterschied machen mit Nestlé Health Science. In diesem enorm großen Gesundheitsmarkt reicht schon ein minimaler Anteil für uns, um einen guten Gewinn zu generieren“, so Bulcke.