Neue Marktdaten Wie Aldi den Rivalen Lidl abhängt

Aldi wächst rasant und düpiert damit den Rivalen Lidl Quelle: dpa

Aldi Nord und Süd trumpfen mit rekordverdächtigen Wachstumsraten in Deutschland auf – und düpieren ihren Erzrivalen Lidl. Warum das Discounterdoppel aus dem Ruhrpott derzeit nicht zu stoppen ist.

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Der Öschberghof, malerisch gelegen auf einer Anhöhe vor den Toren Donaueschingens, gilt als Lieblingsdomizil der Aldi-Granden. Einst hatte sich Discountpionier Karl Albrecht die Vier-Sterne-Herberge im Schwarzwald zugelegt. Bis zu Tod im Sommer 2014 logierte der Herr über Aldi Süd regelmäßig in einem privaten Bungalow auf dem Hotelareal. Inzwischen wird das etwas in die Jahre gekommene Hotel runderneuert – und hat damit einiges mit dem Albrecht‘schen Kerngeschäft gemein.

Auch hier wurde zuletzt nach Kräften investiert und modernisiert. Auch hier wird nach und nach das Ergebnis des Großumbaus sichtbar: Aldi Süd trumpft im Inland mit Wachstumsraten auf, die es im gesamten deutschen Einzelhandel seit Jahren nicht mehr gab. Das zeigen vertrauliche Daten des Nürnberger Marktforschers GfK, die der WirtschaftsWoche vorliegen.  

Auch die Schwesterfirma Aldi Nord kann deutlich zulegen. Gemeinsam deklassiert das Discounterdoppel aus dem Ruhrpott sogar den lange Zeit wachstumsstärkeren Erzrivalen Lidl.

Laut den GfK-Zahlen konnte Lidl die Umsätze mit Lebensmitteln und anderen Waren des täglichen Bedarfs in Deutschland 2017 um 3,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr steigern. Die wie Lidl zur Schwarz-Gruppe gehörende SB-Warenhauskette Kaufland verbuchte laut den GfK-Zahlen ein leichtes Plus von 1,4 Prozent. Aldi Süd legte dagegen um 8,8 Prozent, Aldi Nord um 5,8 Prozent.

Lidls Rückstand zu den beiden Hauptwettbewerbern ist damit erheblich und dürfte auch eine Rolle gespielt haben, bei der jüngsten Personalentscheidung in dem Discounterreich. Am Dienstag wurde bekannt, dass Lidls Deutschlandchef Marin Dokozic seinen Posten geräumt hat. Für ihn soll Matthias Oppitz einspringen. Auch für ihn dürfte es indes kaum einfacher werden, Aldis Vormarsch zu stoppen. Zu groß sind die Investitionen, zu dynamisch ist derzeit die Entwicklung des Branchenprimus.

„Der Siegeszug der Supermärkte kommt ins Stocken“

So startete der Norden im vergangenen Herbst ein milliardenschweres Modernisierungsprogramm namens Aniko. Das Kürzel steht für Aldi Nord Instore Konzept, ein neues Ladendesign, das in den kommenden Monaten in sämtlichen  Filialen Einzug halten soll. Frischer, farbenfroher und freundlicher sollen die Nord-Märkte werden. Um Genehmigungen für neue Läden zu erhalten, will das Unternehmen in Berlin kombinierte Wohn- und Discountimmobilien bauen lassen.

Die Aldi-Schwester aus dem Süden setzte schon früh auf gefälligere Optiken und mehr Markenprodukte in den Läden, kündigte Ende 2017 aber ebenfalls an, das Filialnetz weiter aufzurüsten. Dazu zählt etwa die Abschaffung der schnöden Brot-Automaten. Sie sollen sukzessive durch offene Stationen für frische Backwaren ersetzt werden. Insgesamt will der Billiganbieter für das „größte Investitionsprogramm der Firmengeschichte“ bis 2019 in Deutschland rund 3,5 Milliarden Euro in die Hand nehmen.

Aldi erfindet sich ein bisschen neu

Aldis Powerplay wird langfristig indes nicht nur für Lidl zum Problem. „Der Siegeszug der Supermärkte kommt ins Stocken“, konstatierten jüngst bereits die Berater von Oliver Wyman in einer Studie. Die Kunden würden vor allem die Aufholjagd der Discounter in Sachen Qualität und Frische honorieren. Noch ist das in den GfK-Zahlen zwar nicht ablesbar. Rewe führt die Liga der klassischen Supermärkte mit einem Zuwachs von 6,7 Prozent an. Edeka verzeichnete immerhin ein Plus von 5,3 Prozent.

Doch die Wucht, mit der Aldi derzeit vorprescht, erstaunt auch Supermarktmanager. „Die Discounter entwickeln sich nach oben, eröffnen größere Märkte, mit Glas und Holz, besserer Beleuchtung und neuen Services“, sagte Rewe-Chef Lionel Souque im November der WirtschaftsWoche. „Wir müssen dafür sorgen, dass der Abstand zum Discount wieder größer wird“, so Souque.

So sieht Aldi Nord bald aus
Aldi Nord Männer an der Fassade Quelle: Marcus Simaitis für WirtschaftsWoche
Aldi Nord Männer mit Paletten Quelle: Marcus Simaitis für WirtschaftsWoche
Aldi Nord Mann in der Backabteilung Quelle: Marcus Simaitis für WirtschaftsWoche
Aldi Nord Obst- und Gemüseabteilung Quelle: Marcus Simaitis für WirtschaftsWoche
Aldi Nord Quelle: Marcus Simaitis für WirtschaftsWoche
Aldi Nord Kühltheke Quelle: Marcus Simaitis für WirtschaftsWoche
Aldi Nord Einkaufswagen Quelle: Marcus Simaitis für WirtschaftsWoche

In den rund 300 Läden, die Rewe pro Jahr in Deutschland neu eröffnet oder von Grund auf modernisiert, will er ein Konzept namens „Supermarkt 2020“ umsetzten mit dem Fokus auf mehr Frische und Gastronomie. Gleichzeitig müsse man „aufpassen, keine Glaspaläste hinzuklotzen, die sich nicht rechnen“, warnt Souque.

Das gilt wohl nicht nur im Handelsgeschäft. Mehr als 50 Millionen Euro haben die Albrecht-Erben inzwischen in den Öschberghof investiert. Im Herbst soll das Hotel in neuem Glanz erstrahlen, inklusive erweitertem Golfparcours, üppigen Spa-Landschaften und moderneren Suiten und Zimmern. Nur der private Bungalow von Karl Albrecht passte nicht mehr ins Konzept und wurde abgerissen.

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