Neue Verbraucherrechte Was Sie beim Online-Einkauf beachten müssen

Fünf Hosen bestellen, nur eine behalten: Das war bislang für viele Online-Shopper üblich, könnte aber in Zukunft teuer werden. Europaweit gilt ein neues Verbraucherrecht. Was deutsche Konsumenten wissen müssen.

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Die dreisten Gründe bei Bestell-Retouren
Ein schicker Ball steht bevor - aber das Abendkleid dafür ist so teuer. Und dann zieht man es ja auch nur einmal an. Bei der Retoure von Abendkleidern müssen die Händler ganz genau hinschauen: Profis sind darauf geschult, Gebrauchsspuren wie Schweiß- oder Zigarettengeruch sofort erkennen. Quelle: Focus.de Quelle: AP
Genauso die Männer: Für ein schickes Event brauchen sie schnell und nur für wenige Tage einen neuen Anzug. Danach wird der zurückgeschickt.
Die war schon so? Wenn die Händler den Kunden mit den Gebrauchsspuren konfrontieren, reden sich die Kunden häufig damit raus, dass sie die Kleidung bereits in diesem Zustand erhalten hätten.
Das Paket ist zwar da, aber es ist nichts drin? Manche Kunden geben an, dass zum Beispiel die Schmuckschatulle leer gewesen sei. Tatsächlich haben sie den zugehörigen Ring, die Kette oder die Ohrstecker einfach behalten. Dagegen können sich die Versender oft nicht wehren, denn ein Diebstahl könnte auch in der Produktion oder im Versand passiert sein.
Ein Kunde bestellt noch mal exakt dasselbe, wie vor einem Jahr? Auch da werden die Händler vorsichtig. Dieser Artikel könnte in der Retoure landen und soll möglicherweise kostenfrei durch einen neuen ersetzt werden.
Es ist WM und man hat die Kollegen zum Fußball-Gucken eingeladen. Vielleicht will der Kunde deshalb mit einem großen Fernseher protzen. Nach zwei Wochen sagt er einfach, das Gerät würde ihm nicht gefallen. Für die Händler ist das ein großes Problem, weil sie gebrauchte elektronische Geräte nicht mehr für den gleichen Preis verkaufen können. Quelle: dpa
Das passiert auch bei kleineren Elektronik-Geräten. Eltern „leihen“ sich zum Beispiel einen Camcorder für die Geburtstagsparty der Kinder. Quelle: REUTERS

Shopping-Einheit Europa: Seit dem 13. Juni gilt auch in Deutschland das Gesetz zur Umsetzung der EU-Verbraucherrechte-Richtlinie. Das bringt für deutsche Shopper und Händler einige gravierende Änderungen mit sich. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Für wen gelten die Regeln?
Die neuen Spielregeln gelten für den gesamten Versandhandel, für Kaffeefahrten und alle anderen Geschäfte, die Händler und Kunde außerhalb von geschlossenen Geschäftsräumen abschließen – und das in allen 28 EU-Ländern. Blöd für die deutschen Verbraucher: Während die Neu-Regelungen für Bürger vieler Nachbarländer deutliche Vorteile bringen, haben die Deutschen in einigen Bereichen das Nachsehen. Hier waren die Regelungen nämlich vorher mitunter kundenfreundlicher.

Wer bezahlt künftig die teuren Retouren?
Bislang hatten es deutsche Online-Shopper richtig gut: Waren die einkauften Produkte teurer als 40 Euro, konnten sie immer kostenlos zurückgeschickt werden. Von diesem Recht machten so viele Kunden gebraucht, dass die Lieferdienste laut über die Retour-Flut stöhnten. Mit der neuen Richtlinie bekommen die Händler mehr Macht. Sie dürfen die Retour-Kosten auf den Kunden abwälzen, egal ob der für zehn oder 100 Euro bestellt hat – sofern sie den Kunden zuvor darüber aufklären.
Auf der sicheren Seite ist, wer ein Produkt zurückschickt, weil es einen Fehler oder Defekt hat. Das gilt nicht als Retoure sondern als Reklamation. Und die ist weiterhin kostenlos.


Wie gehen die Online-Händler mit dieser neuen Freiheit um?
Zumindest bei den Riesen unter den deutschen Internethändlern bleibt erstmal alles beim Alten. Amazon, Otto und Zalando haben versprochen, an den bisherigen kundenfreundlichen Regelungen festzuhalten. Verbraucherschützer gehen davon aus, dass es die meisten Händler so halten werden.
Das Entgegenkommen der Händler ist nicht selbstlos. Laut einer Studie des Branchenverbandes Bitkom wollen fast ein Drittel der Verbraucher künftig ausschließlich bei Online-Shops einkaufen, die einen kostenfreien Rückversand anbieten. Auch die meisten anderen Online-Shopper würden es sich demnach zweimal überlegen, bei einem Anbieter zu bestellen, der für die Rückgabe Geld verlangt.

Ist es egal, wann ich die Waren zurückschicke?
Künftig gilt in ganz Europa eine einheitliche Widerrufsfrist von 14 Tagen – ab dem Erhalt der Ware. Aufgepasst: Gemeint sind Kalendertage, also Sonn- und Feiertage eingeschlossen. Hat der Händler den Kunden nicht ausreichend über sein Widerrufsrecht informiert, verlängert sich die Widerrufsfrist auf ein Jahr. Wurden die deutschen Kunden bislang nicht ausreichend belehrt, galt das Widerrufsrecht sogar unendlich lang. In der Praxis erlaubte sich aber kaum ein Händler diesen Fehler.

Muss ich bei der Rücksendung Gründe angeben?

Nein. Eine genaue Angabe von Gründen ist nicht nötig, heißt es aus der Verbraucherzentrale. Ganz kommentarlos geht es aber nicht mehr. Der Kaufvertrag muss ausdrücklich widerrufen werden. Dafür reicht ein Zettel mit einem kurzen Satz, der der Rücksendung beigelegt wird. Dieser muss jedoch eindeutig sein. Am besten deutlich das Wort „Widerruf“ vermerken und um die Rückerstattung des Geldes bitten. Viele Onlineshops stellen den Kunden aber auch einen entsprechenden Vordruck zur Verfügung.

Gibt es Ausnahmen beim Widerrufsrecht?
Ja, wie bisher auch. Unter anderem verderbliche Waren, maßgeschneiderte Kleidung und ausgepackte Hygiene-Artikel können nicht so ohne weiteres zurückgegeben werden. Ebenso wenig heruntergeladene Spiele, Filme oder Musikstücke. Auch für Hotelzimmer-Buchungen und Konzert-Tickets gilt das 14-tägige Widerrufsrecht nicht.

Ändert sich etwas bei den Zahlungsbedingungen?
Ja, die werden verbraucherfreundlicher. Online-Shops müssen künftig mindestens ein Zahlungsmittel akzeptieren, das den Kunden keine Zusatzgebühren kostet. Die Gebühren, die anfallen, dürfen nicht teurer sein, als das was der Händler selbst für die Transaktion bezahlen muss.

Schützt mich die EU-Richtlinie vor Abzockern?
Zumindest ein bisschen besser: Unter anderem dürfte es Händlern künftig schwerer fallen, ihren Kunden das Geld mit teuren „Service-Hotlines“ aus der Tasche zu ziehen. Sie müssen jetzt eine Telefonnummer zum normalen Tarif anbieten.
Auch die beliebte Masche, Kunden versteckte Zusatzgebühren aufzubrummen, wird künftig schwieriger: Die kleinen Häkchen mit denen in Onlineshops Zusatzleistungen wie Geschenkverpackungen oder Versicherungen gebucht werden können, müssen künftig vom Konsumenten extra aktiviert werden. Vom Händler gesetzte Häkchen sind unzulässig.

Was muss ich bei Bestellungen im Ausland beachten?
Weil die Verbraucherrechterichtlinie europaweit gilt, müssen die Händler in allen Ländern nach den gleichen Regeln spielen. Das soll Kunden Sicherheit geben. Verbraucherschützer raten aber dazu, gerade bei Auslandsbestellungen mit hohen Lieferkosten besonders aufmerksam die AGB zu lesen, ob nicht doch der Hinweis auf Retoure-Gebühren im Kleingedruckten versteckt ist.

Mit Material von dpa

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