Schon seit Monaten beschäftigt der steile Umsatzanstieg des Berliner-Online-Modehändlers Zalando die Branche. Je nach Perspektive künden Branchenpropheten vom nahen Ende des geldverbrennenden Retourenopfers – oder aber vom rasanten Vormarsch in die Amazon-Liga. Zumindest der dänische Modeunternehmer Anders Holch Povlsen dürfte letzterer Fraktion angehören: Er übernimmt zehn Prozent der Anteile von anderen Gesellschaftern und steigt damit zum drittgrößten Anteilseigner des wachstumsstarken Online-Händlers auf. 2012 hatte Zalando 1,15 Milliarden Euro umgesetzt, in diesem Jahr könnte die Zwei-Milliarden-Marke fallen.
Povlsen? Der Name dürfte den meisten Konsumenten kaum vertraut sein – seine Marken dafür umso mehr. Der Däne ist Chef des milliardenschweren Modekonzerns Bestseller mit Labels wie Jack & Jones, Vero Moda, Only und Selected. Zudem ist die Povlsen-Familie zu rund 27,5 Prozent am Londoner Online-Bekleidungshändler Asos beteiligt.
Und nun also Zalando. Für den Berliner Online-Versender eröffnet der Einstieg von Povlsen neue Vermarktungsperspektiven. Dabei geht es nicht nur um die Bestseller-Modelabels, die ohnehin schon über die Plattform verkauft werden. Wichtiger ist das wachsende Geschäft mit Eigenmarken. Bestseller verfügt über entsprechendes Wissen über Vermarktung, Sourcing und Design. Wie schon Asos dürfte nun auch Zalando die Vertikalisierung vorantreiben und zunehmend auf Eigenkreationen setzen. Der jüngste Geschäftsbericht der Briten trägt denn auch den programmatischen Untertitel „Winning the global online fashion race“. Ein Ziel, dem sich wohl auch die Berliner verschrieben haben.
Vielleicht folgt Zalando Asos dereinst auch an die Börse. Dort ist der Kurs der Briten in schwindelerregende Höhen geschnellt. Asos wird derzeit mit rund 4,7 Milliarden Euro bewertet. Das 2008 gegründete Zalando wurde im vergangenen Jahr schon auf rund 2,8 Milliarden Euro taxiert, der Wert dürfte seither noch gestiegen sein. Entsprechend könnten Povlsen einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag für das 10-Prozent-Paket hingelegt haben.
An den Dänen verkauft haben unter anderem die Investoren-Brüder Samwer, die Zalando das Startkapital gegeben hatten. Sie halten über ihren European Founders Fund (EFF) aber immer noch 18 Prozent. Zudem trennten sich die Gründungsfinanzierer Holtzbrinck Ventures und Tengelmann Ventures von Anteilen. Sie bleiben allerdings mit acht und sechs Prozent beteiligt. Größter Zalando-Gesellschafter ist weiterhin die schwedische Beteiligungsgesellschaft Kinnevik mit 37 Prozent.
Sie hatte ihre Anteile bisher gemeinsam mit EFF und dem russischen Internet-Investor Access Industries in der Holding Rocket Internet gehalten. Nun seien die Anteile an die Gesellschafter verteilt worden. „Zalando ist ein Kernelement unseres Portfolios“, heißt es bei Kinnevik. „Durch die Umwandlung der indirekten Beteiligung in eine direkte stärken wir unsere Führungsrolle bei Zalando und unsere Fähigkeit, den Wachstumskurs weiter fortzusetzen.“