Ein Stück weit geht es Bertelsmann, bildlich gesprochen, wie dem Scheichtum Katar mit seinen Ölquellen: Noch sorgen etablierte TV-Sender wie RTL für sprudelnde Gewinne von zuletzt fast 900 Millionen Euro.
Bertelsmanns Geschäftsfelder
Umsatz: 5889 Mio. Euro
Ergebnis*: 1137 Mio. Euro
Umsatz: 4414 Mio. Euro
Ergebnis*: 244 Mio. Euro
Umsatz: 2655 Mio. Euro
Ergebnis*: 309 Mio. Euro
Umsatz: 2065 Mio. Euro
Ergebnis*: 146 Mio. Euro
Umsatz: 1123 Mio. Euro
Ergebnis*: 41 Mio. Euro
Umsatz: 582 Mio. Euro
Ergebnis*: -40 Mio. Euro
Quelle: Unternehmen
* operatives EBIT
Doch digitale Newcomer, neue Distributionskanäle für Medieninhalte und sich radikal verändernde Konsumgewohnheiten sorgen für gewaltigen Veränderungsdruck. „Traditionsunternehmen wie Bertelsmann und Time Warner versuchen praktisch, die Flugzeugmotoren auszutauschen, während sie in der Luft sind“, sagt Martin Sorrell, Chef der Londoner Werbe-Holding WPP.
Suche nach neuen Umsatzquellen
- Bertelsmann setze „noch immer zu stark auf Postkutschen“, klagt ein früherer Manager: Seit der Jahrtausendwende sucht der Konzern nach Alternativen zu bestehenden Geschäften. Noch immer hängt weit mehr als die Hälfte des Konzerngewinns am Wohlergehen der TV-Tochter RTL Group. Doch das Fernsehgeschäft wächst nicht mehr, ebenso wenig wie das mit gedruckten Magazinen und Büchern. „Die Frage ist, wo das Wachstum herkommen soll“, sagt Medienanalyst Alex DeGroote von der Londoner Beratung Peel Hunt.
In den etablierten Feldern gerät der Konzern unter Druck: Auf dem deutschen TV-Markt lockten ARD und ZDF 2014 mehr Zuschauer an. Junge Zuschauer wandern ab zur Online-Plattform YouTube. Privat-TV-Konkurrent ProSiebenSat.1 ist flotter darin, neue Geschäftsmodelle wie die Beteiligung an Online-Firmen wie Zalando auszuprobieren. Und im Zeitschriftenmarkt haben die Wettbewerber Burda und Bauer Gruner + Jahr überholt. Der Umsatz der Dienstleistungssparte Arvato stagniert.
- Weiteres Manko: Während Konsumgüterriesen ihre Werbung weltweit schalten und Werberiesen wie WPP und Medienkonzerne wie Disney darauf reagieren, indem sie zentrale Ansprechpartner für Werbekunden schaffen, setzt Bertelsmann weiter auf das Prinzip Kleinstaat: Alle Medientöchter des Konzerns verkaufen ihre Werbeflächen eigenständig, statt Angebote zu bündeln. „Das ist ein gravierender Nachteil“, urteilt Christof Baron, Co-Europachef der Mediaagentur Mindshare in Frankfurt, und „nicht mehr zeitgemäß“. Bertelsmann verschenke „einen strategischen Vorteil, den sie dank Vielfalt und Breite ihrer Medien haben“.
- Zudem schalten sich weder Rabe noch andere hochrangige Bertelsmänner in öffentliche Debatten ein wie etwa um die wachsende Macht von Google. Selbst ein vergleichsweise kleiner Wettbewerber wie Axel Springer macht mit seinem Vorsteher Mathias Döpfner mehr Wind als der stumme Riese aus Gütersloh. Das wird auch intern registriert und trägt dazu bei, dass der Konzern unter dem stets kontrolliert auftretenden Rabe seltsam gesichts- und farblos erscheint: „Bertelsmann läuft emotional leer“, sorgt sich ein früherer Top-Manager. Das werde etwa zum Problem bei der Rekrutierung von Spitzenkräften.