Offene Wunde Mit Karstadt sterben die Innenstädte

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Nur wenige Städte können sich den Kauf der Immobilie leisten

Andere Städte haben das Warten satt. Nicht nur in Gronau, sondern auch in Peine und im Kölner Stadtteil Porz haben die Kommunen die einstigen Hertie-Immobilien übernommen. „Die Stadt hat damit Zugriff auf die zukünftige Entwicklung des Einzelhandels“, sagt Immobilienverwalter Mogos-Lindemann.

Eine Vorahnung beschlich offenbar die Stadträte von Iserlohn. Vor einem Monat unterschrieben die Sauerländer den Kaufvertrag für ihr Karstadt-Haus. Allerdings mit der Garantie, dass Karstadt bis mindestens 2021 Mieter bleibt. Nur durch Ausgleichszahlung käme Karstadt aus dem Vertrag raus. Die Stadt verschaffte sich so die Möglichkeit, das Gebäude und die umliegende Innenstadt neu zu gestalten. Für die Iserlohner könnte das schneller wichtig werden als gedacht: Auch das Warenhaus in ihrer Stadt steht auf der Roten Liste der gefährdeten Karstadt-Filialen.

Doch nur wenige Städte können sich den Kauf der Immobilien leisten. „Das ist nur bei einer extrem guten Haushaltslage möglich“, sagt Joachim Stumpf, Geschäftsführer der Münchner Handelsberatung BBE. Und risikolos ist das Investment für Städte nicht. Die goldene Zeit der Warenhäuser ist Vergangenheit. In Zeiten des Online-Handels locken Karstadt, Kaufhof und Co. immer weniger Kunden an. 1993 gab es noch 375 Warenhäuser in Deutschland, in diesem Jahr sind es nur noch 191.

Das weiß auch Gronaus Bürgermeisterin Jürgens. Ein wenig ratlos steht sie vor dem ehemaligen Eingang des Warenhauses rum und blickt die Straße runter. Am anderen Ende soll bald ein neues Einkaufszentrum entstehen, ein kleiner Sieg für die SPD-Politikerin. Der Entwickler des Einkaufszentrums, die Düsseldorfer ITG, interessiere sich auch für Hertie, sagt Jürgens. Doch konkrete Pläne gäbe es noch nicht.

Ein Passant läuft über den großen, leeren Platz vor dem heruntergekommen Betongebäude, direkt auf die Bürgermeisterin zu. „Sie sind die Bürgermeisterin, oder? Wie sieht es aus mit Hertie, passiert bald was?“, fragt er. Jürgens knipst ihr Bürgermeisterlächeln an. „Ja“, antwortet sie, „aber das wird wahrscheinlich noch etwas dauern.“

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