Rund sechs Millionen Online-Käufe von 160.000 Kunden haben Christian Schulze von der Frankfurt School of Finance & Management und seine Forscher-Kollegen Bernd Skiera und Siham El Kihal von der Goethe Universität Frankfurt analysiert – heraus kam die bislang wohl umfassendste Studie zum Retourenverhalten von Online-Käufern in Deutschland. Um den Datenschatz zu bergen, arbeiteten die Wissenschaftler mit einem der großen Online-Händler zusammen – der Name soll geheim bleiben – und hatten Zugriff auf die anonymisierten Transaktionsdaten aller Kunden zwischen 2007 und 2011.
Die Ergebnisse zeigen nun erstmals im Detail, welche Produktgruppen besonders häufig zurück verfrachtet werden und was Online-Händler tun können, um ihre Retourenquote in den Griff zu bekommen. An der Spitze der Rückschickskala befindet sich demnach die Damenmode. 59 Prozent aller bestellten Shirts, Tops und Röcke landen letztlich wieder beim Absender. Auf den Plätzen folgen mit 48 Prozent Sportkleidung und mit 45 Prozent Herrenmode. Als weitaus weniger retourenanfällig erwiesen sich Kinderkleidung (35 Prozent), Elektronikartikel (16 Prozent) und Möbel (10 Prozent). Angesichts der Daten vermutet Experte Schulze, dass das Schuh- und Modeportal Zalando auf Retourenquoten jenseits der bisher eingeräumten 50 Prozent kommt.
Doch woran liegt es, dass je nach Produktgruppe teilweise mehr als die Hälfte der Waren zurückgeschickt wird? Klar ist, ein Teil der Retouren ist unvermeidbar, etwa weil die Produkte fehlerhaft sind. Doch die hohen Quoten gehen laut Schulze auch auf das Konto notorischer Dauerretournierer. Nach seiner Analyse schicken rund drei Prozent der Kunden alle Bestellungen wieder an den Händler zurück.
Ausgerechnet diejenigen, die alles zurückschicken, würden zudem besonders viel bestellen, so Schulze. „Es gibt tatsächlich ein paar Kunden, die einen ganz erheblichen Kostenaufwand produzieren“, sagt der Experte.
Gemeint sind damit jene Bestell-Spezialisten, die seit jeher zum Horrorpublikum der Online-Shops gehören. So finden sich in Internetforen Berichte über Brautkleider, die nach der Feier samt Lippenstiftspuren wieder zurückgeschickt wurden. Karnevals-Verkleidungen trudeln pünktlich in den Tagen nach Aschermittwoch wieder beim Händler ein. Und die Mängel neuer 55-Zoll-Fernseher bemerken Fußballfans besonders gern, nachdem das Endspiel abgepfiffen wurde.
Der Kampf gegen renitente Retournierer
Eine Zeitlang sorgten sogenannte Zalando-Partys für Furore, bei denen Provinz-Teenager haufenweise Schuhe und Kleider bei dem Berliner Modeversender orderten, um sich am gemeinschaftlichen Aufbrezeln zu erfreuen - und den Fummel hernach wieder loszuwerden. Gratis, versteht sich.
Im Kampf gegen renitente Retournierer empfiehlt der Experte, „die besonders extremen Kunden zu sanktionieren“. Zwar würden auch verbesserte Produktbeschreibungen, Fotos und Videos dabei helfen, die Zahl späterer Rücksendungen zu minimieren. Doch konkrete Maßnahmen auf Kundenseite – von freundlichen Anschreiben, über die Beschränkung der Zahlung auf Vorkasse bis zu Lieferstopps – seien effektiver.
Nach Schulzes Berechnungen würde eine kundenfokussierte Retouren-Strategie ein zusätzliches Gewinn-Potenzial über alle Sortimentsgruppen hinweg von bis zu 12,4 Prozent eröffnen. Eine allein auf die Produkte ausgerichtete Strategie würde 6,9 Prozent bringen. Kombiniert man beide Strategien sind 12,9 Prozent Gewinnpotenzial drin. In einzelnen Sortimentsbereichen – etwa Fashion – seien die Auswirkungen sogar um ein Vielfaches höher.
Zugleich warnt der Experte davor, die Retouren-Kunden schon nach den ersten Bestellungen auszusortieren. „Bei vielen Kunden pendelt sich das nach und nach ein“, die Retourenquote nehme sukzessive ab, so Schulze. Und jemand der beim Kleidungkauf im Netz zu den notorischen Rückschickern gehört, könne gleichzeitig bei der Bestellung von Elektronikartikeln zu den wertvollsten Kunden zählen.
Das nächste Projekt des Frankfurter Wissenschaftlers zeichnet sich bereits ab: Schulze will herausfinden, wie man die Retouren-Sünder am besten zur Raison bringt oder aber zur Konkurrenz lotst und sucht dafür gerade nach kooperationswilligen Online-Händlern.