Online-Stilberatung Outfittery Ein Shoppingbudget von 22 Millionen Dollar

Der Druck auf Männer, sich nicht nur anständig, sondern cool zu kleiden, wächst. Rund 400.000 Kunden suchen daher Hilfe bei Outfittery. Die Online-Stilberatung erhält eine Finanzspritze – und macht Zalando Konkurrenz.

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Ein Paket des Online-Händlers: Outfittery hat eine weitere Finanzierungsrunde hinter sich gebracht. Quelle: picture alliance/dpa

Eine bekannte New Yorker Modeboutique hat kürzlich einen Ratgeber für Banker-Mode vorgestellt. Unter dem Titel „The New Office Casual“ empfahlen die Experten statt dunkelblauen Zweireihern sogenannte „Easy Layer“, etwa eine Strickjacke. So easy wie das klingt, ist es aber nicht. Der Druck auf Männer, sich nicht mehr nur anständig, sondern cool zu kleiden, wächst stetig.

Damit haben viele noch so ihre Schwierigkeiten, weiß Julia Bösch. „Die meisten unserer Kunden haben ihre Business-Lösung schon gefunden. Bei uns suchen sie nach Tipps für einen entspannten Look mit modischen Details.“ Sie ist die Gründerin von Outfittery, einer Online-Stilberatung für Männer, die die empfohlenen Outfits nach Hause liefert und alles, was nicht gefällt, wieder abholt.

Wie das Handelsblatt exklusiv erfuhr, hat Outfittery gerade eine Finanzierungsrunde über 22 Millionen Dollar abgeschlossen. Angeführt wurde die Runde von Octopus Ventures aus New York. Neu dabei ist auch der italienische U-Start-Club, hinter dem einige große Modefamilien stehen. Auch die alten Investoren, darunter Northzone, Mangrove Capital und Holtzbrinck Ventures, haben sich erneut beteiligt.

Die größten Probleme bei Lieferungen von Onlinehändlern

Als Bösch vor vier Jahren gemeinsam mit Anna Alex ihr Start-up gründete, hätten viele Investoren geglaubt, das werde ein Nischengeschäft mit maximal ein paar zehntausend Kunden. Inzwischen habe Outfittery 400.000 Kunden in acht Ländern.

Die Kosten sind höher als bei Zalando – die Margen nicht

Die meisten davon bestellten regelmäßig, behauptet Bösch, und das ist essenziell für ihr Geschäftsmodell. Denn Outfittery verdient ausschließlich am Verkauf der Klamotten, für die Beratung gibt es keinen Aufpreis. Die Margen sind also nicht höher als bei reinen Online-Händlern wie Zalando – die Kosten aber schon. Nicht nur, weil Retouren zum Geschäftsmodell gehören, von jedem Paket lässt der Durchschnittskunde mindestens ein Outfit wieder bei sich zu Hause abholen, und zwar kostenlos.

150 Stylisten arbeiten für Bösch und Alex, insbesondere am Anfang müssen sie sich viel Zeit für den Kunden nehmen, seine Maße erfassen, seine Vorlieben, seinen Geschmack. Verdienen tun sie daran erst einmal nichts. „Wir sind bereit, in den Erstkunden zu investieren“, so formuliert es Bösch.

Das können die deutschen Online-Händler
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Sei der Kunde erst einmal überzeugt, seien die Warenkörbe, die er einkauft mit durchschnittlich 200 Euro pro Bestellung aber höher als im herkömmlichen Handel. Ein treuer Kunde, der den Service weiterempfiehlt, spart zudem das teure Marketing, das ein Händler wie Zalando aufwenden muss, um den Kunden, der dieselbe Ware genau so gut bei Otto oder Asos bestellen könnte, wieder in seinen Shop zu locken.

Zalando hat das erkannt, und investiert viel Geld, um seine Zielgruppe bei Laune zu halten. Das Unternehmen hat vor kurzem eine App namens Zalon gestartet, die eine Styling-Beratung macht, ähnlich wie Outfittery, nur dass die Zielgruppe hauptsächlich Frauen sind. Dass der M-Dax-Konzern, bei dem die Outfittery-Gründerinnen einst ihre Karriere begonnen haben, ihr Geschäftsmodell heute kopiert, betrachtet Julia Bösch „nicht als Bedrohung, sondern als großes Kompliment.“

„Frauen sind komplizierter“

Viele Händler hätten inzwischen erkannt, dass die Kuratierung, also die Vorauswahl von Produkten für den Kunden, genau das ist, was die Menschen in einer immer vielfältigeren und unübersichtlicheren Shopping-Welt noch brauchten.

Bösch sieht noch großes Wachstumspotenzial. 90 Prozent der Männer würden neue Klamotten immer noch im Laden kaufen. Die große Auswahl online überfordere sie, außerdem hätten sie keine Lust, sich für Retouren in der Post anzustellen. „Unser Hauptkonkurrent ist der stationäre Handel“, sagt Bösch.

Ob sich Outfittery mit seinen aktuell 270 Mitarbeitern auf Dauer eigenständig in seiner Männernische behaupten kann, ist fraglich. Zumal die Investoren irgendwann einen Exit erwarten dürften. Erst vor 18 Monaten hatten sie 20 Millionen in das Start-up gesteckt. Profitabel ist das Unternehmen noch nicht, zum Umsatz will Bösch nichts sagen. Das Fachportal Exciting Commerce hat die Umsätze für 2014 auf 18 Millionen Euro geschätzt.

Mit der Kapitalerhöhung wollen Bösch und Alex in den bestehenden Märkten weiter wachsen, eine Expansion ist nicht ausgeschlossen. Außerdem investieren sie in die Technik, Algorithmen, die ihre Stylisten bei der Beratung unterstützen sollen. Der wichtigste Datenpunkt, sagt Bösch, seien übrigens die Outfits, die zurückgegeben werden.

Ob es Outfittery irgendwann auch für Frauen geben wird, kann sie noch nicht sagen. Ausgeschlossen sei das nicht, erst einmal aber würden sie sich auf die Männer konzentrieren. Das hat auch einen praktischen Grund: Männer zu beraten, sei einfach, sagt Bösch. „Frauen sind komplizierter.“

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