„Preis, Verfügbarkeit, Kundenservice“, benennt AO-Deutschland-Chef Monk den Dreiklang, mit dem er deutsche Händler ausstechen will. AO verspricht nicht nur eine große Produktauswahl, sondern gibt auch eine Niedrigpreisgarantie: Gibt es das Produkt bei einem anderem Händler günstiger, wird der Preis angeglichen.
Schon Stichproben zeigen allerdings, dass viele der Produkte auch bei Amazon, Otto.de und anderen Mitbewerbern verfügbar sind. Gerade der US-Online-Riese Amazon setzt häufig die Messlatte für den Preis. Mit Sonderangeboten unterbieten andere Wettbewerber ihn mitunter – dann aber greift die AO-Tiefpreisgarantie nicht mehr. Und: Während die Lieferung bei AO kostet, ist sie bei Wettbewerbern mitunter kostenlos.
Über Preis und Angebot allein wird der Wettstreit mit den deutschen Händlern nicht zu gewinnen sein. Entscheidend für AO ist deshalb der Kampf um die letzte Meile zum Kunden. Die Mehrzahl der deutschen Onlinehändler verschickt ihre Ware mit Paketdiensten und Speditionen. Den Briten soll zum Erfolg verhelfen, dass sie ausschließlich auf eigene Transporteure setzen.
Aus seinem Lager und Logistikzentrum im nordrhein-westfälischen Bedburg und Verteilzentren in Hamburg, München und Berlin beliefert AO deutsche Kunden direkt. So hat das Unternehmen nicht nur die Kosten und die Geschwindigkeit der Lieferung unter Kontrolle, sondern kann zusätzlich mit seinem Kundenservice vor Ort punkten. Tauchen Schwierigkeiten auf, müssen die nicht umständlich zwischen Kunden, Spedition und Händler gelöst werden.
Erfolg in der Nische
Tatsächlich scheint der Ansatz, Kunden über eine gute Lieferung zu gewinnen, vielversprechend. Eine aktuelle Studie im Auftrag des Handels-Software-Anbieters JDA zeigt, dass die Erwartungen der Kunden an Händler und Lieferanten gestiegen sind – aber häufig enttäuscht werden.
Was bedeutet überhaupt Multi-Channel?
Kaum ein Begriff wird in der Handelsbranche derzeit so intensiv diskutiert, wie das Multi-Channel-Retailing (Mehrkanalhandel). In der Diskussion, wie auch in den Medien, werden unter dem Oberbegriff dabei verschiedene Ausprägungen synonym verstanden. Ein kurzer Überblick.
Quelle der Begriffsdefinitionen: HandelsMonitor 2014. (R)Evolution des Mehrkanalhandels, dfv Mediengruppe
„Beim Multi-Channel-Retailing setzen Handelsunternehmen parallel mehrere Kanäle zur Distribution ein, die einheitlich markiert sind und einen wesentlichen Sortimentszusammenhang aufweisen. Die Kunden können somit zwischen den alternativen Absatzwegen eines Handelsunternehmens wählen.“
Beispiel: Der Kunde kann ein Produkt sowohl online als auch im laden kaufen.
„Das Cross-Channel-Retailing geht durch die integrative Verknüpfung der einzelnen Kanäle zur Schaffung eines nahtlosen Einkaufserlebnisses über alle Kanäle hinweg einen Schritt weiter als das Multi-Channel-Retailing. Hierdurch wird den Kunden proaktiv ein Kanalwechsel zu jeder Zeit des Kaufprozesses und über alle Touchpoints hinweg ermöglicht.“
Beispiel: Der Kunde bestellt ein Produkt online und holt es im Laden ab.
„Omni-Channel-Retailing bezeichnet die vollständige Integration aller Kanäle über alle Prozesse hinweg. Den Kunden wird die parallele Nutzung von Kanälen durch die ganzheitliche Verknüpfung in jeder Kaufphase ermöglicht.“
Beispiel: Der Kunde scannt im Geschäft mit der Shopping-App des Händlers auf seinem Smartphone des Barcode eines Produktes, und erhält so zusätzliche Informationen und Online-Kundenbewertungen.
Handelsexperten sind sich einig, dass der Verknüpfung der Kanäle in Zukunft eine hohe Bedeutung zukommen wird und dass sie stationären Händlern eine Chance im Wettbewerb mit reinen Online-Anbietern gibt.
Im Rennen um den ersten Platz im Online-Handel gelten die Briten tatsächlich europaweit als Favoriten. Auch, weil selbst viele stationäre Anbieter die Weichen früh gestellt haben. „In England waren die Händler viel früher bereit, ihre komplette Lieferkette an die Herausforderungen des Onlinehandels anzupassen. Die Deutschen zögern da bis heute“, sagt Homberg.
Holger Geißler, Vorstand des Kölner Meinungsforschungsinstitut YouGov, glaubt, dass AO in Deutschland Erfolg haben kann. Dabei profitiere das Unternehmen davon, sich auf den Verkauf von elektronischen Haushaltsgeräten zu beschränken. „Genau die Nische und die Spezialisierung sind die Chance“, urteilt Experte Geißler.
Vor der deutschen Konkurrenz jedenfalls müsse man sich gerade in dem Gebiet nicht bange machen. „Otto mag der bekannteste Online-Händler für Weißwaren sein, das ist aber immer noch relativ im Hintergrund des Images verankert. Man denkt nicht ‚Waschmaschine gleich Otto‘. Bei Amazon ist das ähnlich“, so Geißler. „MediaMarkt und Saturn sind immer noch nicht 100 Prozent im Internet angekommen. Und Redcoon ist nur jedem vierten Deutschen ein Begriff.“