Online-Handel leidet unter beschädigten Rücksendungen
Fast jede zweite Rücksendung durch Kunden von Onlinehändlern enthält beschädigte Ware. Das hat eine Umfrage unter 856 Onlinehändlern aus Deutschland und anderen EU-Ländern ergeben, deren Ergebnisse der WirtschaftsWoche exklusiv vorliegen. Durchgeführt wurde sie vom Händlerbund, dem größten Onlinehandelsverband Europas. Er repräsentiert eine Vielzahl an Unternehmen, aber nicht die Branchenriesen Amazon und Zalando.
Die befragten Unternehmen gehen von 17 Prozent Umsatzverlust durch die minderwertigen Retouren aus, die 44 Prozent aller Rücksendungen ausmachen. Sie selbst können solche Ware dann nur noch mit hohen Rabatten verkaufen. Im Durchschnitt liegt der Preisabschlag nach Angaben der Händler bei 35 Prozent.
Bei Kleidung sind es sogar 42 Prozent. Zwar liegt die Quote beschädigter zurückgeschickter Kleidungsstücke mit nur 18 Prozent deutlich unter der Quote von 44 Prozent für alle Warengruppen insgesamt. Doch weil Kleidung, die beschädigt, getragen oder ohne Etikett ist, besonders schlecht weiterverkauft werden kann, sind dann höhere Abschläge nötig.
Onlinehandel: So kauft der Durchschnittsdeutsche ein
Die Marketing-Plattform intelliAd hat vom 1. Januar bis zum 31. April 2016 rund 1,6 Millionen Onlinekäufe in verschiedenen Branchen untersucht und von den Ergebnissen ausgehend das durchschnittliche Onlinekauf-Verhalten in Deutschland ermittelt.
Quelle: Customer Journey Analyse, intelliAd
Der durchschnittliche Online-Käufer in Deutschland braucht ganze 91 Stunden, um eine Kaufentscheidung zu treffen. Vom ersten Kontakt mit einem gewünschten Artikel bis zum vollen Warenkorb vergehen also knapp vier Tage.
Die Conversion-Rate beschreibt das Verhältnis zwischen Besuchern einer Webseite und getätigten Transaktionen. In deutschen Onlineshops liegt sie bei durchschnittlich 3,2 Prozent.
Wenn Käufer sich dann erst einmal für einen oder mehreren Artikel entschieden haben, geben sie im Schnitt 72 Euro aus.
Bis sich Nutzer für den Kauf einer Ware entscheiden, tätigen sie rund 3,6 Klicks im Online-Shop.
Manchmal reichen auch schon kleinere Beschädigungen aus, Ware schwer erneut verkäuflich zu machen. Vor allem bei Elektroartikeln berichten die Händler über Probleme, weil zurückgeschickte Artikel mit beschädigter oder ohne Originalverpackung eintreffen. Über alle Warengruppen hinweg trifft allein dieses Problem beschädigter Verpackungen für ein Fünftel aller Rücksendungen zu.
In 35 Fällen berichten Online-Händler sogar von Betrugsversuchen durch die Rücksendung falscher Waren. Die bestellten Artikel werden durch billige Duplikate ersetzt und zurückgesandt. Dies kam zum Beispiel bei Kosmetika vor – Markenware wurde dort durch Billigprodukte ersetzt und an den Händler zurückgeschickt, in der Hoffnung, den vollen Kaufpreis erstattet zu bekommen. Vor allem bei Händlern, die über Ebay oder Amazon Ware anbieten, kombinieren Kunden solche Praktiken dann teils noch mit der Drohung, bei Widerstand des Anbieters negative Kundenbewertungen vorzunehmen.
Generell gilt: Wertersatz steht Händlern nur zu, wenn sie nachweisen, dass Ware über die bloße Prüfung hinaus genutzt oder beschädigt wurde. Der Händlerbund setzt sich für Änderungen ein und „wird mit den Ergebnissen auch an die Politik herantreten“, sagt Andreas Arlt, Bundesvorsitzender des Verbands.
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