Den Actionfilm gibt’s in Österreich auf Deutsch aber ungeschnitten. In England ist ein Videospiel mitunter billiger als hierzulande. Und das Modeangebot französischer Shops hat doch ohnehin gleich ein ganz anderes Flair. Das Schöne für deutsche Verbraucher: An diese Waren zu kommen, war nie so einfach.
Wer vor wenigen Jahren regelmäßig vom Angebot der Läden im Ausland profitieren wollte, musste in Grenznähe wohnen – oder gute Bekannte im Nachbarstaat haben. Heute genügen wenige Mausklicks. Onlineshops aus allen Nationen lassen die gewünschte Ware bis zur Haustür liefern.
Das spitzt den ohnehin harten Wettbewerb zwischen lokalem Handel und Online-Angreifern zu, befeuert aber auch den Kampf der Onlineshops untereinander.
Bislang macht das Online-Shopping im Ausland noch einen vergleichsweise kleinen Teil am Gesamtmarkt aus: Nach einer Studie der EU-Kommission kaufte 2014 knapp die Hälfte aller Verbraucher in der EU über das Internet ein. Aber nur 15 Prozent bei einem Händler aus einem anderen EU-Staat.
So wichtig wird der grenzübergreifende Handel
Gesamtumsatz Onlinehandel in Europa: 402 Milliarden Euro
Davon im jeweiligen Heimatmarkt: 346 Milliarden Euro
Davon im grenzübergreifenden Handel: 56 Milliarden Euro
Quelle: eMarketer.com / European Multi-channel an Online Trade Association
Stand: 2014
Gesamtumsatz Onlinehandel in Europa: 446 Milliarden Euro
Davon im jeweiligen Heimatmarkt: 377 Milliarden Euro
Davon im grenzübergreifenden Handel: 69 Milliarden Euro
Gesamtumsatz Onlinehandel in Europa: 491 Milliarden Euro
Davon im jeweiligen Heimatmarkt: 407 Milliarden Euro
Davon im grenzübergreifenden Handel: 83 Milliarden Euro
Gesamtumsatz Onlinehandel in Europa: 535 Milliarden Euro
Davon im jeweiligen Heimatmarkt: 436 Milliarden Euro
Davon im grenzübergreifenden Handel: 99 Milliarden Euro
Gesamtumsatz Onlinehandel in Europa: 578 Milliarden Euro
Davon im jeweiligen Heimatmarkt: 462 Milliarden Euro
Davon im grenzübergreifenden Handel: 116 Milliarden Euro
Doch Handelsexperten gehen von einem Bedeutungsgewinn des grenzübergreifenden Handels aus. Bis 2018, rechnet der europäische Branchenverband EMOTA vor, werden cross-border-sales 20 Prozent des weiterhin steigenden Onlinehandelsumsatzes in Europa ausmachen: insgesamt 116 Milliarden Euro.
Boom beim grenzüberschreitenden Handel
In den kommenden Jahren könnte der Anteil sogar noch stärker steigen. Denn bislang wächst der grenzübergreifende Handel nur mit angezogener Handbremse. Nicht nur Sprachbarrieren und mitunter hohe Logistikkosten haben sich aus Sicht des Ecommerce-Verbands behv als Hemmschwellen für Kunden und Händler herausgestellt.
Eines der Haupthindernisse für einen internationaleren Onlinehandel: Die unterschiedliche Rechtsprechung in den EU-Ländern, die vor allem den Verkäufern Sorgen bereitet.
Unter anderem diesem Durcheinander will die EU-Kommission mit ihrer jetzt vorgestellten Strategiegrundlage für einen digitalen Binnenmarkt beikommen: Bis Ende des Jahres soll der Verbraucherschutz in Europa harmonisiert werden und Anbieter sollen sich auf ihre jeweils national geltenden Gesetze berufen können.
Indem die Abrechnung der unterschiedlichen Mehrwertsteuersätze in Europa vereinfacht wird, soll der grenzübergreifende Handel in Zukunft auch kleineren Onlinehändlern erleichtert werden.
Deutschlands Handelsverbände loben den Vorstoß unisono. "Die Handelsunternehmen brauchen auch im Internet einen funktionierenden Binnenmarkt", sagt Astrid Krone-Hagenah, Büroleiterin des Handelsverband Deutschland (HDE) in Brüssel. Und der behv begrüßt die "Beseitigung der bestehenden Hindernisse für den grenzüberschreitenden Handel". Die Harmonisierung, so die einhellige Meinung, wird den Handel über die Landesgrenzen hinweg noch einmal deutlich befeuern.
Diejenigen, die die Waren zum Kunden bringen müssen, stellen sich ohnehin schon mal auf mehr Lieferungen über Landesgrenzen ein – und stecken viel Geld in den Ausbau der europaweiten Kapazitäten.
Die Harmonisierung im europäischen Handel verspricht scheinbar Wachstumschancen allerorten. Doch zwischen den Freudenrufen werden auch warnende Stimmen laut. Für die hiesigen Handelstreibenden hat die Medaille zwei Seiten. "Zum einen erschließt das Internet auch deutschen Händlern ein großes neues Kundenpotenzial", sagt Stephan Tromp, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des HDE. "Natürlich haben zum anderen aber auch Händler aus anderen Ländern damit die Chance, den deutschen Markt mit zu bedienen."
Im Klartext: Mit der Harmonisierung der Handelslandschaft in Europa wächst die Wettbewerbsintensität noch einmal deutlich. Nicht jeder glaubt, dass Deutschlands Händler dafür gerüstet sind.