Onlineshopping Schöner wohnen mit Knastprodukten

Schaufeln, Sitzbänke oder Filzpantoffeln - in Bayerns Gefängnissen werden Dinge für das schöne Leben produziert. Nun sind diese Produkte im eigenen Webshop zu bekommen. Ganz legal.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Der Onlineshop von Haftsache wirbt mit den schönen Dingen für die eigenen vier Wände. Quelle: Screenshot

In Bayern lässt sich man bisweilen etwas Zeit, hat dann aber auch Glück. Die Domain haftsache.de konnte sich das Bayerisches Staatsministerium der Justiz noch sichern – und hat nun die Webseite mit Leben erfüllt. Dort gibt es seit Anfang Februar Teeleichter zu kaufen (20 Euro) oder Grubentücher und eiserne Pfannen. Für die gemütlichen Stunden draußen gibt es Feuerschalen und Gartenbänke – Zweisitzer oder Dreisitzer. Hergestellt von den Einsitzenden der bayerischen Justizvollzugsanstalten.

Das Land Bayern zieht damit nach bei dem Versuch, die handwerklichen Produkte, die in deutschen Gefängnissen entstehen, auch gut zu vermarkten. Haftsache wirkt dabei mit professioneller Fotografie der Gartensets mit Schaufeln zum Ausgraben oder Smartphonehüllen aus Leder oder Filzpantoffeln für lange gemütliche Stunden in den eigenen vier Wänden kaum weniger hochwertig als Shops wie die von Manufactum – bekannt für die guten Dinge im Leben.
„Santa-Fu – kreative Zellen“ – so humorig wirbt der Gefängnisshop der Hamburger Justizvollzugsanstalt, die mit einem Augenzwinkern Waschsets namens „Bleib sauber“ anbietet und mit „Huhn in Handschellen“ ein Kochbuch mit „Originalrezepten“ aus dem Knast zusammengestellt hat – mit Tipps von Mama Mälzer.


Für die Insassen wie die Gefängnisleitung sind die Shops mehr als ein Ablenkungsmanöver. Die Haftsache kooperierte bei der Gestaltung mit dem Lehrstuhl für Industrial Design der Technischen Universität München. Sie bietet eine Hotline, informiert korrekt wie Shops aus der freien Wirtschaft über Rückgaberechte, Widerrufsbedingungen und offeriert selbstverständlich einen Newsletter, der über Aktionen und Neuigkeiten aus dem Onlineshop informiert.

Derweil ist man in NRW in der Justizvollzugsanstalt Castrop-Rauxel schon 2015 einen Schritt weitergegangen. Dort wurde eine App für Smartphones programmiert. 2014 erzielten die legalen Geschäfte mit Häkelmützen, Räucherbrettern und Notizbüchern einen Umsatz von 1,6 Millionen Euro. Das Geld wandert in den Strafvollzug. Es geht den Behörden bei dem Verkauf der von Inhaftierten weniger um den Profit als den Versuch, auf dem Weg der Wiedereingliederung in die Gesellschaft Erfolgserlebnisse zu verschaffen.

Dabei hat Bayern immer – zumindest im Fußball – den einstigen Dauerrivalen im Vergleich hinter sich gelassen. In Bremen müssen die Kaufinteressenten noch persönlich im Shop vorbeigehen, um Grillsaucen oder Umhängetaschen zu kaufen.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%