Ortlieb gegen Amazon „Wir wollen unsere Markenhoheit behalten“

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Die mediale Wirkung der Klage und die Bedeutung des Urteils

Wie viel Anteil hat Ortlieb daran, dass die Auseinandersetzung mit Amazon „medienwirksam“ ausgetragen wird?
Wir forcieren das nicht aktiv. Da dies aber ein spannender und auch richtungsweisender Fall ist, verfolgen die Medien den Gerichtsverlauf aufmerksam. Wir erhalten daher auch viel Unterstützung aus der Branche und dem deutschen Markenverbrand. Uns geht es bei den Klagen vor allem um die Wahrung unserer Markenrechte bzw. unserer Markenhoheit. Diese müssen ebenfalls von internationalen Konzernen respektiert werden. Im aktuellen Fall haben wir bisher in allen vorangegangen Instanzen Recht bekommen. Im nun ausstehenden Urteil des Bundesgerichtshofes geht es nicht mehr nur um Ortlieb gegen Amazon, sondern um die Rechte von Markeninhabern sowie deren Achtung von Onlineplattformen im Allgemeinen.

Sie haben es bereits angesprochen: Das Urteil des BGH am 25. Juli wird eine große Bedeutung für den Onlinehandel haben. Inwiefern kann das Urteil als richtungsweisend verstanden werden?
Wenn der BGH unserer Rechtsauffassung zustimmen sollte, müsste Amazon grundsätzlich seine online Werbestrategie mit Marken überdenken. Je nachdem wie die Entscheidung ausfällt, hat danach jedes Unternehmen Anspruch darauf, ihre Markenrechte gemäß dem BGH Urteil geltend zu machen, gerade auch gegenüber Internetgrößen wie Amazon.

Was würde passieren, sollte das Urteil nicht zu Ihren Gunsten ausfallen?
Aus unserer Sicht wäre dies sicherlich ein schwarzer Tag für Marken im Allgemeinen, doch würden wir uns dadurch nicht entmutigen lassen auch zukünftig für unsere Markenrechte sowie Markenhoheit zu kämpfen. Denn nur wenn wir diese erfolgreich verteidigen können, werden wir auch langfristig als Premium-Marke mit einem klaren Bekenntnis zu „Made in Germany“ auf dem Markt bestehen können.

Im Juni dieses Jahres haben Sie bereits einmal vor dem OLG München gegen den Internetgiganten in einem anderen Fall verloren. Dabei ging es darum, dass Amazon Konkurrenzprodukte anderer Hersteller auf der Webseite zeigen darf, selbst wenn die Internetnutzer gezielt nach der Marke Ortlieb suchen. Werden Sie dieses Urteil bei der nächsthöheren Instanz anfechten?
Zum heutigen Zeitpunkt können wir keine Aussage dazu treffen. Die Urteilsbegründung des OLG München ist noch nicht bekannt. Solange uns diese nicht vorliegt, sind die nächsten Schritte nur schwer absehbar. Erst nach der Bekanntgabe der Begründung können wir gemeinsam mit unseren Anwälten einschätzen, ob es sich lohnen würde diese Entscheidung nochmals in Frage zu stellen.

Inwiefern sollte sich die deutsche Rechtsprechung ändern, damit Mittelständler wie Ortlieb im Internetzeitalter eine bessere Chance hätten auf dem Markt trotz Amazon und Co. zu bestehen?
Die Markenrechte müssen höher gewichtet werden. Die Rechtsprechung auf EU-Ebene sieht den Markenschutz zunehmend im Einklang mit dem Verbraucherschutz. Dem Kunden muss bewusst sein, aufgrund welcher Basis die angezeigten Suchergebnisse zustande gekommen sind. Zwischen Paid-Content und undurchschaubaren Algorithmen besteht aus Verbrauchersicht kein Unterschied. Beides ermöglicht Werbenden Onlinerankings bewusst zu beeinflussen und so die Reihenfolge von generischen Suchergebnissen zu verändern. Solche intransparenten Maßnahmen bergen die Gefahr den Kunden irrezuführen.
Internetplattformen sollten unsere Entscheidung akzeptieren müssen, dass wir die Hoheit über unsere Vertriebskanäle behalten möchten. Dem Alleinstellungsmerkmal wasserdichter Produkte steht die Marke Ortlieb mit „Made in Germany“ gleichzeitig für Qualität. Dies ist seit jeher einer der zentralen Grundpfeiler ebenfalls für unseren Gründer und Eigentümer Hartmut Ortlieb.
Darüber hinaus ist Markenvielfalt auch für den Endverbraucher zentral. Doch Marken sind gezwungen massiv in Produktinnovationen zu investieren, um ihren Stellenwert am Markt zu verteidigen. Wenn diese ihre Markenhoheit nicht mehr durchsetzen können, kommen wir in eine Marktsituation, in der Marken zunehmend austauschbar sind. Dadurch wiederum wird deren Innovationskraft zwangsläufig abnehmen. Am Ende dieses Prozesses steht ein Produktangebot, das sich nur noch in Nuancen unterscheidet, und ein Rückgang der Markenvielfalt.

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