Osram Industrie-Ikone unter Druck

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Osram: Was wird aus dem „5 – 1 – 5-Ziel“?

Zunächst will Berlien zügig einen Käufer für die Sparte Leuchten und Lösungen (LS) finden. Dazu gehört etwa die Beleuchtung von Brücken oder Gebäuden in Städten. Das Geschäft hatte zuletzt kontinuierlich Verluste abgeliefert. Den Verkauf des Servicegeschäfts der Sparte in den USA hatte Osram schon vor Monaten eingeleitet.

Darüber hinaus will Berlien die Kosten drücken – bis 2020 um insgesamt 130 bis 140 Millionen Euro. Sowohl in der Fertigung in Deutschland als auch in der Verwaltung, etwa in der Münchner Konzernzentrale, baut Osram Arbeitsplätze ab. Im vergangenen Jahr hatte der Konzern bereits angekündigt, zwischen 600 und 700 Jobs streichen zu wollen. Dazu sollen Effizienzverbesserungen in der Forschung & Entwicklung sowie im Einkauf kommen.

Für das laufende Geschäftsjahr erwartet Osram jetzt noch ein Umsatzplus zwischen einem und drei Prozent, Vor der ersten Gewinnwarnung im April waren es noch 5,5 bis 7,5 Prozent gewesen. Das bereinigte operative Ergebnis soll zwischen 570 und 600 Millionen Euro liegen. Vor den Gewinnwarnungen hatten die Münchner mit 640 Millionen Euro gerechnet.

Berlien steht unter Druck, er muss jetzt bald ein schlüssiges Konzept dazu liefern, wie er den Konzern zurück in die Spur bekommen will. Am 7. November auf dem Kapitalmarkttag will der Konzernvorstand Maßnahmen zur strategischen Weiterentwicklung bekannt geben. Sein Ende 2016 ausgegebenes „5 – 1 – 5-Ziel“ für das Jahr 2020 dürfte Berlien kassieren. Danach sollte der Umsatz 2020 bei fünf Milliarden Euro liegen, das operative Ergebnis eine Milliarde Euro erreichen und das Ergebnis pro Aktie fünf Euro.

Es wäre nicht ohne Ironie, müsste Osram sein 2020-Ziel aufgeben. Ausgerechnet Siemens-Chef Joe Kaeser konnte nämlich vor wenigen Tagen vermelden, dass er seine 2014 angekündigte Vision 2020 früher als geplant verwirklich hat. Osram ist eine ehemalige Siemens-Tochter, und Kaeser und Berlien hatten sich zwischenzeitlich heftige Auseinandersetzungen um die richtige Strategie für Osram geliefert. Anfang Oktober vergangenen Jahres hat Siemens schließlich seine restlichen 17 Prozent Osram-Aktien verkauft – mit einem Gewinn von 1,2 Milliarden Euro.

Berlien muss nun aufpassen, dass er es sich mit seinen Investoren nicht verscherzt. Zwei Gewinnwarnungen innerhalb weniger Wochen sorgen bei vielen Anlegern für erhebliches Stirnrunzeln. Bei einer dritten Prognoseanpassung müsste der Vorstandschef wohl gehen. Nicht einfacher wird Berliens Lage dadurch, dass der Kurs der Osram-Aktie schon drei Tage vor der letzten Gewinnwarnung Ende Juni um mehr als zehn Prozent abstürzte. Osram war da gerade zusammen mit der Commerzbank in Paris unterwegs. Da stellen sich Fragen nach der richtigen Kommunikationsstrategie. Damit hatte Berlien schon einmal Probleme. Bei der Vorlage der Jahresbilanz im November 2015 kündigte der Konzernchef gewissermaßen en Passant an, rund eine Milliarde Euro in eine Chipfabrik in Malaysia investieren zu wollen. Anleger waren entsetzt, binnen Minuten raste der Aktienkurs in den Keller.

Osram hat keinen Ankeraktionär. Die neuerlichen heftigen Kursverluste könnten aktivistische Aktionäre anlocken – oder Investoren aus China.

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