Otto-Chef Alexander Birken "Wir müssen uns nicht vor Amazon fürchten"

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Otto-Chef Birken: Diese Frage sollte sich jeder Ladeninhaber stellen

Investoren sollen sich an Otto beteiligen?
Nicht an der gesamten Gruppe, aber für einzelne Konzernunternehmen sind strategische und Finanzinvestoren eine hervorragende Möglichkeit, um das Wachstum zu beschleunigen. Es muss aber strategisch und inhaltlich passen. Vor ein paar Wochen ist zum Beispiel SevenVentures, der Finanzinvestor der ProSiebenSat.1 Media Gruppe, bei unserer Tochter MyToys eingestiegen. Dadurch kann MyToys nun den medialen Werbedruck deutlich steigern.

Finanzinvestoren sind Partner auf Zeit und streben irgendwann einen Exit an. Wird es Börsengänge von Otto-Beteiligungen geben?
Für einige wachstumsstarke Konzerngesellschaften der Otto Group sind auch Börsengänge eine ernsthafte Option.

Sie haben gerade erst bestätigt, dass Sie einen Investor für Ihr wachstumsstarkes Mode-Start-up About You suchen.
Das ist richtig. Wir starten für die weitere Internationalisierung und für entsprechendes Wachstum von About You eine zweite Finanzierungsrunde. Im Zuge einer Kapitalerhöhung ist die Otto Group bereit, einen Investor mit Kapitalmarkterfahrung als weiteren Gesellschafter aufzunehmen. Wir werden aber weiter der größte Anteilseigner bleiben.

Onlinehandel: So kauft der Durchschnittsdeutsche ein

Welche weiteren Unternehmen kommen infrage?
Es geht um Handelsgeschäfte und technologisch geprägte Dienstleister, bei denen wir ein großes Wachstumspotenzial sehen. Aber wir suchen nicht nur Partner für bestehende Beteiligungen, sondern wollen uns auch selbst an Unternehmen beteiligen.

Wonach suchen Sie?
Interessant sind technologiegetriebene Handelsdienstleister. Die Online- und Offlinewelt verschmelzen immer stärker, und ich bin überzeugt, dass Technologie in den kommenden Jahren für den klassischen stationären Einzelhandel viel wichtiger werden wird. Das fängt bei ganz trivialen Dingen wie Tablets an, mit denen Händler ihre Verkaufsfläche plötzlich um Tausende Produkte erweitern können. Im ganzen Zahlungsbereich stehen wir in Deutschland erst am Anfang. Wenn ich heute in Asien unterwegs bin, habe ich teilweise Schwierigkeiten, bar oder mit Kreditkarte zu zahlen, weil fast alles über das Handy läuft. All das wird die stationäre Handelswelt grundlegend verändern.

Nicht nur zum Guten.
Das hängt davon ab, ob die stationären Einzelhändler die Digitalisierung der Welt erleiden oder sie als Chance betrachten. Jeder Ladeninhaber sollte sich fragen: Wie offen und veränderungswillig bin ich? Umarme ich neue technologische Möglichkeiten, um einen Mehrwert für meine Kunden zu schaffen? Tue ich das, bin ich auf der Gewinnerseite.

Das ist doch graue Theorie. In der Praxis haben doch gerade kleinere Händler im Netz keine Chance, sich gegen die großen Player zu behaupten.
Sicher, für Händler, die sich bisher online nicht engagiert haben, wird es immer schwieriger, aufzuholen. Über ein Drittel des gesamten deutschen Onlinegeschäfts entfällt bereits auf Amazon, die Otto Group und Zalando. Der technologische Abstand wächst. Trotzdem gibt es Möglichkeiten, gegenzusteuern: Kleinere Firmen können sich vernetzen, um gemeinsam Programme und Projekte zu entwickeln. Am Ende hat das wiederum viel mit der Haltung in einem Unternehmen zu tun: Ich muss in Zeiten der Digitalisierung gewohnte Verhaltensmuster ablegen, alte Erfolgsrezepte infrage stellen, selbst wenn sie heute noch funktionieren.

Welche Handelsbranchen stehen vor den größten Veränderungen?
Der Onlineanteil am gesamten deutschen Einzelhandelsumsatz liegt heute erst bei rund zehn Prozent. Im Fashion- und Elektronikbereich liegen wir deutlich darüber. Im Lebensmittelhandel beginnt die Entwicklung dagegen erst. Mit Blick auf Metropolen in anderen Ländern lässt sich aber schon absehen, dass der Onlinehandel mit frischen Lebensmitteln auch in Deutschland wichtiger werden wird.

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