
WirtschaftsWoche: Herr Schrader, glauben Sie an die Heilkraft der Homöopathie?
Schrader: Ja durchaus, aber ich verstehe die Anspielung nicht.
Die Wachstumsraten, die der Otto-Konzern schafft, wirken im Vergleich zur Konkurrenz fast 30-fach verdünnt.
Ich verstehe. Ein nettes Bild, aber diese Metapher passt nicht recht. Unsere Zuwachsraten liegen tatsächlich voll in dem strategischen Korridor, den wir angepeilt haben.
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Insgesamt legte die deutsche Versandhandelsbranche im vergangenen Jahr um 15,6 Prozent zu, reine Online-Anbieter wuchsen um 27,2 Prozent. Ihre Handelssparte kommt dagegen auf ein mageres Plus von 0,4 Prozent.
Auch hier hinkt Ihr Vergleich: Im reinen Online-Geschäft stiegen unsere Umsätze ebenfalls kräftig auf weltweit 5,7 Milliarden Euro, und viele unserer kleinen Aktivitäten erreichen zweistellige Zuwächse. Es ist nun mal schlicht nicht unsere Strategie, den hohen Wachstumsraten zumeist kleiner oder finanzmarktfinanzierter Online-Händler auch nur näherungsweise zu folgen. Wir wollen vielmehr solide wirtschaften und etwas stärker wachsen als der Gesamtmarkt. Die Umsätze im deutschen Handel sind 2012 um 1,5 Prozent gewachsen – das ist unsere Bezugsgröße.
Selbst bei dieser Rechnung liegen Sie unter dem Marktdurchschnitt. Woran lag es?
Wir haben in unserer Unternehmensgruppe mit 123 Unternehmen eine ganze Reihe von Konzepten wie Otto, Bonprix, Baur und Schwab und Länder wie die USA, Russland oder Brasilien, die sehr erfreulich unterwegs sind. Aber wir haben auch strukturelle Probleme in einzelnen Ländern, die uns zu schaffen machen. Dazu gehört vor allem die Beteiligung an der französischen Versandgruppe 3Suisses.
Was den Deutschen beim Online-Shopping wichtig ist
„Die von mir bevorzugte Zahlungsmöglichkeit auswählen zu können“ nennt mit 87 Prozent eine überwältigende Mehrheit der Deutschen als wesentliche Anforderung beim Online-Einkauf. Die klassische Rechnung ist dabei nach wie vor das beliebteste Zahlungsmittel. Paypal und Lastschrift/Bankeinzug stehen ebenfalls hoch im Kurs.
Unkomplizierte Rücksendemöglichkeiten fordern 80 Prozent der Befragten von ihren Online-Händlern.
Besonders geduldig sind die Deutschen nicht, wenn es um ihre Online-Einkäufe geht. Eine schnelle Lieferung ist 80 Prozent der Befragten wichtig.
Am besten umsonst: 77 Prozent der Befragten fordern eine kostenlose Lieferung ihrer Ware.
Auf das Gefühl, den besten Preis gefunden zu haben, legen 77 Prozent der deutschen Online-Shopper Wert.
75 Prozent der Befragten in Deutschland ist eine transparente Darstellung der Lieferbedingungen wichtig.
Die Auswahl an Produkten im Online-Handel ist enorm. Über das gesamte Angebotsspektrum wollen sich 74 Prozent der Befragten gut informiert fühlen.
Vor allem wer viel Geld dafür ausgibt möchte sich die Ware vorher ganz genau ansehen – und das nicht nur im Laden sondern auch online. Eine anschauliche Darstellung des Produkts ist 64 Prozent der Befragten wichtig.
Dass das Versandunternehmen ihm bekannt ist bzw. dass er es vertrauenswürdig findet, erwarten 62 Prozent der deutschen Online-Einkäufer. Elf Prozent der Befragten machen den Einkauf sogar vom Versandunternehmen abhängig. Konkret möchten 30 Prozent der Online-Shopper in Deutschland von DHL beliefert werden, 13 Prozent nannten Hermes.
Sie wollen ganz genau wissen wann ihre Ware wo ist, und wann sie sie endlich in den Händen halten können. 61 Prozent der Befragten wollen daher die Möglichkeit haben, ihre Sendung online nachzuverfolgen.
Flexible Lieferung ist für 51 Prozent der Befragten wichtig. Wunsch-Lieferkonzepte stehen dabei hoch im Kurs. Jeder Fünfte möchte wählen können, wo und wann sein Paket zugestellt wird – beispielsweise bei einem Nachbarn, einer Packstation oder an einem bestimmten Wunschtag. Jeder Vierte der befragten Online-Shopper ist als Kunde bei einer DHL-Packstation registriert.
Quelle: Studie im Auftrag der Deutschen Post: Einkaufen 4.0 - der Einfluss von E-Commerce auf Lebensqualität und Einkaufsverhalten
Das Frankreich-Geschäft läuft schon seit Jahren schlecht. Wo liegt das Problem?
Der Umbau läuft seit drei Jahren. Der französische Markt war lange Zeit getrieben von zeitlich gestaffelten Preisnachlässen. Das lässt die Preistransparenz im Netz heute nicht mehr zu. Das hat den gesamten französischen Versandhandel in die Krise geführt. Deshalb ist Frankreich auch für uns die derzeit größte Herausforderung, das Geschäft wird uns auch im laufenden Jahr noch Umsatz und Ergebnis kosten. Aber wir sind dabei, das Problem zu lösen. Bis Ende des Jahres wird es eine Entscheidung über die Zukunft unserer französischen Versandgruppe geben.