Outdoor-Bekleidung Wie Jack Wolfskin in die USA vordringt

Eine Frau mit Jack-Wolfskin-T-Shirt schaut sich den Grand Canyon an Quelle: imago images

Ausgerechnet von der früheren Sportstadt Salt Lake City aus will die deutsche Outdoor-Marke Jack Wolfskin auf dem US-Markt Fuß fassen. Unterstützung liefern muss aber vor allem der neue Besitzer: ein Golf-Ausrüster.

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Unter den skeptischen Augen von Investoren nehmen die Pläne von Jack Wolfskin für den US-Markt konkrete Formen an. Nach etwas mehr als einem halben Jahr unter dem neuen Eigentümer eröffnet die Outdoor-Marke mit Hauptsitz im hessischen Idstein jetzt einen Ableger in Salt Lake City im US-Bundesstaat Utah. Dazu hat Wolfskins Besitzer, der US-Golfsport-Konzern Callaway, mit Diana Seung eine Nordamerika-Chefin für die Tatzenmarke ernannt. Seung war zuvor Managerin beim Outdoor-Online-Händler Backcountry.com, der vor einigen Jahren den deutschen Anbieter Bergfreunde.de übernommen hatte.

Vertriebsexpertin Seung gilt als gut vernetzt in der US-amerikanischen Outdoor-Szene. Neben ihrem Job bei Backcountry engagiert sich Seung seit vielen Jahren auch bei der Organisation Camber Outdoors, die sich quer durch alle Unternehmen und Marken für die Rolle von Frauen in der Outdoor-Branche stark macht. Nach weiteren Mitarbeitern für den neuen Standort sucht Wolfskin-Mutter Callaway gerade.

Dabei ist Salt Lake City eine interessante Wahl als Brückenkopf für die Eroberung des US-Marktes. Die knapp 200.000 Einwohner zählende Stadt spielte viele Jahre lang eine zentrale Rolle für die US-Outdoorbranche. Hier fanden nicht nur im Jahr 2002 die Olympischen Winterspiele statt, sondern seit mehr als 20 Jahren auch die großen Branchenmessen Outdoor Retailer, die für tausende Besucher aus dem ganzen Land sorgten. Das allerdings ist Geschichte. Nach einem Streit mit dem Bundesstaat Utah hatten der Veranstalter und der Branchenverband Outdoor Industry Association (OIA) Salt Lake City den Rücken gekehrt. Die Messen finden nun in Denver im Bundesstaat Colorado statt. Mit Rückendeckung von US-Präsident Donald Trump hatte Utahs Regierung den Schutz des bekannten Naturschutzgebiets Bears Ears aufgehoben. Dagegen hatten neben der OIA auch zahlreiche Marken wie Patagonia und The North Face protestiert.

Mit diesen Marken als Konkurrenten muss es nun die neue Wolfskin-US-Statthalterin Seung aufnehmen. Wolfskin-Chefin Melody Harris-Jensbach hatte schon nach der Übernahme durch Callaway im Frühjahr gesagt, die deutsche Marke sehe sich preislich „auf Augenhöhe“ mit den beiden. Allerdings ist Wolfskin in den USA noch eine weitgehend unbekannte Größe. Die Umsätze zwischen Boston und Seattle liegen im sehr überschaubaren Bereich. Mehr als 60 Prozent ihrer Erlöse von zuletzt 334 Millionen Euro erzielen die Hessen bislang in ihren Kernmärkten Deutschland, Österreich und Schweiz. Im Ausland ist die Marke vor allem in China gut vertreten.

Doch unter Callaway soll Wolfskin auch auf dem größten Sportartikelmarkt der Welt künftig eine wichtigere Rolle spielen als bislang. Gerade auf dem Heimatmarkt steht Callaway unter Druck von Investoren, zu beweisen, dass sich knapp 420 Millionen Euro teure Übernahme für den Konzern bezahlt machen wird. Analysten hatten angesichts des Kaufpreises, der etwa dem 12-fachen des Wolfskin-Gewinns vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen entspricht, Zweifel geäußert. Und in der Outdoor-Branche wunderten sich zahlreiche Experten, wie denn eine Golf-Marke in der gänzlich anderen Branche punkten wolle.

Bei der Vorlage der Halbjahreszahlen hatte sich Anfang August allerdings angedeutet, dass die ungewöhnliche Verbindung zwischen Kaliforniern und Hessen funktionieren könnte. Wolfskin war nach einem verhaltenen Start ins Jahr im zweiten Quartal um 14 Prozent gewachsen. Callaway-Vorstandschef Chip Brewer wertete dies als „klares Zeichen für Fortschritte“. Er sei überzeugt von den „langfristigen Aussichten“ für Wolfskin. Die Marke habe im zweiten Quartal die Erwartungen übertroffen. Besonders im Direktkunden-Geschäft würden neue Produkte und Marketing-Investitionen erste Erfolge bringen. Mit Wolfskin Tech Lab etwa zeigte die Marke im Sommer ein neues, moderneres Gesicht mit einem aufgefrischten Logo. Auch Wolfskin-Chefin Harris-Jensbach gab sich nach den Zahlen optimistisch: „Wir freuen uns, dass wir unser Wachstum unter dem neuen Eigentümer fortsetzen konnten“, sagte sie der WirtschaftsWoche, „die Zusammenarbeit mit Callaway verläuft sehr erfolgreich und wir sind begeistert, dass sie bereits jetzt erste Früchte trägt. Darüber hinaus erhalten wir wichtige Impulse für unser weiteres internationales Wachstum.“

Brewer lieferten die jüngsten Zahlen zudem offenbar dringend nötige Argumente auch gegenüber interner Kritik. Denn im Juni war der aktivistische Investor Jana Partners mit 9,5 Prozent bei Callaway eingestiegen und hatte angekündigt, mit dem Management auch über einen Verkauf einzelner Marken sprechen zu wollen. Analysten hatten daraus den Schluss gezogen, dabei gehe es womöglich auch um Jack Wolfskin. Seit Vorlage der Halbjahreszahlen ist es allerdings still geworden um diese Spekulationen.

Stattdessen gehen Callaway und Wolfskin mit dem Start ihres US-Ablegers nun in die Offensive. Brewer kündigte an, weiter in Personal und Strukturen investieren zu wollen. Callaway habe den Ehrgeiz, das Jack-Wolfskin-Geschäft in den USA, aber auch in weiteren Schlüsselmärkten weltweit voranzutreiben. Die Personalie Seung werten Branchenkenner daher als einen Beleg, dass es der Callaway-Chef durchaus ernst meint. Nicht zuletzt hatte Brewer Skeptiker im Gespräch mit einem Branchenmagazin beruhigt: „Wir wissen ziemlich genau, dass wir nicht alles über Outdoor-Kleidung wissen. Aber ich werde jetzt auch nicht eine Horde Golf-Jungs auf die Outdoor-Branche ansetzen.“

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