Auch The North Face, der zum US-Multi VF Corporation gehört, bietet seine warmen Winterjacken in Deutschland inzwischen schon beim Modekaufhaus Peek & Cloppenburg feil. Im Geschäftsjahr 2015 setzte der Konzern mit der einst vom Hippiekletterer Doug Tompkins gegründeten Marke 2,3 Milliarden Dollar um. Ob es allerdings gelingt, im laufenden Jahr die angepeilten 3,3 Milliarden zu erreichen, ist fraglich. Die Marke verliert, je breiter sie sich verkauft, offenbar an Zugkraft.
Das kennt man auch bei Mammut, einer Schweizer Kernmarke der Szene. Dort sorgte im vergangenen Herbst für Aufregung, dass der Konzern seine Seilfabrikation schloss. Arbeiter montierten die Maschinen am Stammsitz in Seon im Kanton Aargau ab und bauten sie im Auftrag des österreichischen Käufers in Tschechien wieder auf, der niedrigeren Löhne wegen. Dabei war die Seilerei einst das Kerngeschäft von Mammut, das heute von der Mütze über die Jacke bis zu Schuhen und Eispickeln alles für den Bergsport anbietet und lange Zeit erfolgreich war. Zuletzt aber musste Vorstandschef Rolf Schmid gehen. Zukunft? Ungewiss.
Bei Salewa in Bozen und auch am zweiten Standort in Aschheim bei München, wo die Entwickler an Rucksäcken, Schlafsäcken und Zelten tüfteln, hat man sehr genau registriert, wie die Schweizer Federn ließen. Größe, und das unterscheidet die Branche von den meisten anderen Wirtschaftszweigen, kann in diesem Fall schnell etwas Negatives bekommen, weil sie meist auf Kosten der Glaubwürdigkeit in den Spezialnischen geht: „Diese Industrie ist sehr stark durch Individualisierung geprägt“, sagt Andreas Bartmann, Geschäftsführer bei Europas größtem Outdoorkaufhaus Globetrotter, „die Kunden wollen sich mit Marken präsentieren, die für ihre Community und ihr Umfeld stehen. Sie zeigen mit ihrer Markenwahl ihre Zugehörigkeit.“
Größe – oder Glaubwürdigkeit
Oben am Hochgernhaus liegt hoch der Schnee. Auf der schmalen Terrasse hat sich Chris Mannel inzwischen in die Sonne gesetzt. Fast zum Greifen nahe ragt im Süden der Wilde Kaiser empor. Doch bevor er seinen Hunger stillt, zuppelt er noch am Reißverschluss seiner Jacke herum, stellt fest, dass sein Unterziehshirt trocken geblieben ist: „Prima, das funktioniert.“
Wandern ist wieder sexy
Bei Salewa haben sie den Konflikt zwischen Größe und Glaubwürdigkeit erkannt und eine Entscheidung getroffen: „Wir sind der größte unter den Kleinen“, sagt Mannel, „aber der kleinste unter den Großen – wir wollen nicht um jeden Preis wachsen.“
Darum will Salewa etwa die Kollektion drastisch eindampfen. Sechs von zehn Teilen nehmen sie raus, Ende 2017, sagt Mannel, sei die gesamte Kollektion um 60 Prozent kleiner als noch vor zwei Jahren. Und stets lassen sie weniger Ware herstellen, als die Händler ordern. Was noch Gnade findet in der Kollektion soll entweder besonders funktional sein. Oder dolomitisch-eigen – im Herbst will Salewa Jacken in die Läden bringen, die statt mit Kunstfasern mit der Wolle von Tiroler Bergschafen gefüttert sind. „Die Kunden haben doch schon fast alles“, sagt Mannel, „in Wahrheit braucht da draußen doch niemand noch eine vierte Softshelljacke.“