Düsseldorf Taschen leeren, Gürtel ausziehen – und einmal durch den Metalldetektor treten: Drei bis vier Minuten dauert es im Durchschnitt, bis ein Fluggast die Passagier- und Handgepäckkontrolle am Flughafen durchläuft. Die Kontrolleure, die im Fachjargon Luftsicherheitsassistenten heißen, müssen bei jedem einzelnen Fluggast genau hinsehen – auch wenn die Schlangen an den Kontrollpunkten immer länger werden. Am Flughafen Düsseldorf waren die Schlangen zuletzt besonders lang.
Vergangene Woche mussten Fluggäste in den Morgenstunden über eineinhalb Stunden warten. Weil die Stimmung zu kippen drohte, musste die Bundespolizei Verwaltungsmitarbeiter zum Wannenschleppen abstellen. Ein Schichtleiter des in die Kritik geratenen privaten Sicherheitsdienstes Kötter, der anonym bleiben will, berichtet: „Den Unmut der Fluggäste bekommen wir natürlich hautnah mit.“ Doch ihm und seinen Mitarbeitern sei kein Vorwurf zu machen. „Wir sind bestrebt, unser Bestes zu geben. Der Erwartungsdruck ist extrem hoch.“
Aus der Sicht des Kötter-Mitarbeiters seien vor allem die unterschiedlich verteilten Kompetenzen Schuld an der Misere in Düsseldorf: Denn die Luftsicherheit, also der Schutz vor Flugzeugentführungen und Terroranschlägen, ist eine hoheitliche Aufgabe. Die Verantwortung trägt die Bundespolizei. Sie beauftragt jedoch private Sicherheitsdienstleister mit den Passagier- und Gepäckkontrollen. Sie werden zum Teil über eine Gebühr aus dem Flugticket bezahlt, zum Teil aus Steuergeldern.
Die Bundespolizei legt fest, wie viele Arbeitsstunden bei den Passagierkontrollen der private Sicherheitsdienstleister gewährleisten muss. Dabei berücksichtigt die Behörde die Meldungen der Airlines zu Flugbuchungen sowie Schätzungen des Flughafen-Managements zu Fluggastzahlen. Auf der Grundlage der angeforderten Kontrollstunden berechnet der Sicherheitsdienstleiser, wie viel Personal er benötigt.
Doch es gebe viele verschiedene Interessen, klagt der Kötter-Mitarbeiter: Der Flughafen versuche zu wachsen, die Airlines mit Rabatten kurzfristig die Auslastung zu verbessern und die Bundespolizei schaue knallhart auf die Kosten. „Das ganze System krankt.“
Auch die Flughafenbetreiber sind unzufrieden mit der Art, wie die Passagierkontrollen organisiert sind: So verhandelt etwa Frasec, die Sicherheitstochter des Frankfurter Flughafenbetreibers Fraport, nach Informationen des Handelsblatt mit den Sicherheitsbehörden, die sogenannte Steuerung der Passagier- und Handgepäckkontrollen zu übernehmen. Die Kompetenzen, den Sicherheitsdienstleister auszuwählen und die Kontrollstunden einzukaufen, lägen dann beim Flughafenbetreiber. Ein Fraport-Sprecher bestätigt auf Anfrage, dass das Thema diskutiert werde.
Ralph Beisel, Chef des Flughafenverbandes ADV, will sich dafür einsetzen, dass Flughafenbetreiber die Steuerung der Passierkontrollen übernehmen können: „Die Hauptbeschwerden, die wir von Fluggästen erhalten, betreffen die Passagierkontrollen“, berichtet Beisel. „Aber ausgerechnet da stehen wir als Flughafenbetreiber machtlos daneben.“
Ziel sei es, die Bundespolizei zu entlasten, so Beisel: „Wir sagen: Überlasst uns den Prozess der Steuerung. Hier möchten wir gerne in die Verantwortung gehen, weil wir über große Erfahrung verfügen.“
Der ADV-Chef will beispielsweise über vertraglich vereinbarte Bonus- oder Strafzahlungen erreichen, dass die privaten Dienstleister genügend Personal stellen: „Auswüchse an einigen Flughäfen, wie beispielsweise in Düsseldorf lassen sich so vermeiden“, ist Beisel überzeugt.
Der innenpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Stephan Mayer (CSU), lehnt das jedoch ab: „Grundsätzlich ist an dem bewährten Zusammenspiel der Bundespolizei und den privaten Dienstleistern festzuhalten“, sagte Mayer kürzlich dem Handelsblatt.
Auch Silke Wollmann vom Bundesverband der Sicherheitswirtschaft (BDSW) bezweifelt, dass lange Schlangen vor der Handgepäckkontrolle der Vergangenheit angehören, sobald die Flughafenbetreiber die Steuerung übernehmen. Die Sicherheitsfirmen hätten große Probleme, geeignete Mitarbeiter zu finden. „Der Markt ist abgegrast“, so Wollmann. „Auch die Flughafen-Betreiber können an dieser Situation nichts ändern.
Dass ein Chaos wie in Düsseldorf kein Dauerzustand sein darf – da sind sich die Beteiligten einig. Der Kötter-Mitarbeiter sagt: „Wir reden ja immer noch über die Sicherheit der Fluggäste.“