Aber tendenziell greifen die Deutschen doch am liebsten zum billigeren Produkt?
Das glaube ich nicht. Billig allein zieht nicht mehr. Niemand will Geld für ein Produkt ausgeben, das sein Versprechen nicht hält. Die Qualität ist wichtiger. Hinzu kommt immer mehr das Wissen, unter welchen Bedingungen ein Produkt hergestellt wird. Viele, vor allem jüngere deutsche Konsumenten, finden es nicht mehr cool, ein T-Shirt für drei, vier Euro zu kaufen, das etwa in Bangladesch unter fragwürdigen Umständen produziert wurde. Diese Art von billig will niemand mehr.
Leider wohl doch, betrachtet man die Erfolge der Billigketten KiK oder Primark. In der Hamburger Deutschland-Zentrale heißt es, Sie würden sich eher für die Rettung der Welt als für die Belange der Mitarbeiter interessieren. In der Belegschaft werde seit Jahren der Rotstift angesetzt.
Als Vorstandsvorsitzender bin ich nicht engagiert worden, einen Beliebtheitswettbewerb zu gewinnen. Ich bin hier, um das Richtige für das Unternehmen und die Gesellschaft zu tun, und das über eine lange Zeit. Wenn Märkte wie in Europa nicht mehr wachsen, weil die Menschen weniger Realeinkommen zur Verfügung haben, müssen wir Wege finden, wie wir unsere Produkte trotzdem verfügbar machen können. Und das heißt nun mal Kosten senken und eben auch manchmal Fabriken schließen, wenn der Bedarf nicht mehr da ist. Ich verstehe die Einwände und Sorgen der Mitarbeiter, und wir gehen respektvoll mit jedem Einzelnen um, der seine Arbeit verliert. Aber die Realität ist leider so.
Sie möchten, dass später einmal über Sie gesagt wird: Paul Polman hat die Welt etwas besser zurückgelassen, als er Sie vorgefunden hat.
Ja. Das ist viel besser, als derjenige gewesen zu sein, der den Gewinn ein bisschen verbessert hat oder den Marktanteil von Dove um einen Prozentpunkt gesteigert hat.
Analysten oder Ihr Aufsichtsrat dürften das aber anders sehen.
Da müssen Sie ihn fragen. Und was Analysten schreiben, lese ich schon lange nicht mehr. Sie denken in Quartalen, wir denken langfristig.
Im Gespräch mit Ihnen wird man den Eindruck nicht los, hier sitzt der Messias unter den Konzernvorständen dieser Welt. Wären Sie nicht besser in der Politik, bei der UNO oder irgend einer einflussreichen Nichtregierungsorganisation (NGO) aufgehoben?
Unilever ist eine der größten NGO der Welt. Wir sind nicht staatlich. Wir beschäftigen mehr Frauen und geben mehr Geld für Kleinkredite in unserer Wertschöpfungskette aus als jede andere NGO. Der wichtigste Unterschied ist: Wir müssen niemanden um die finanziellen Mittel bitten.