Peek & Cloppenburg Düsseldorf im Schutzschirmverfahren „Bei P&C werden auch Arbeitsplätze wegfallen müssen“

Es geht um 67 P&C-Häuser (im Bild: die Filiale in Düsseldorf) mit insgesamt rund 6.800 Beschäftigten: Der Düsseldorfer Modehändler Peek & Cloppenburg will sich in einer Schutzschirm-Insolvenz neu aufstellen. Quelle: imago images

Der Düsseldorfer Modehändler Peek & Cloppenburg will sich in einer Schutzschirm-Insolvenz neu aufstellen. P&C-Manager Thomas Freude erklärt, wo jetzt gespart wird und warum ein Kurswechsel im Onlinegeschäft nötig ist.

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WirtschaftsWoche: Herr Freude, erst belastete die Coronapandemie den Modehandel. Nun ist angesichts des Kriegs in der Ukraine und der steigenden Lebenshaltungskosten die Kauflaune im Keller. Was sind die Folgen für Peek & Cloppenburg?
Thomas Freude: Der Modehandel steckt in der Krise. Das gilt für die Peek & Cloppenburg KG, Düsseldorf wie für die gesamte Branche. Das Luxussegment und der Discountbereich funktionieren noch, aber in der Mitte bricht das Geschäft weg. Das gilt sogar für das Onlinegeschäft, mit dem kaum ein Bekleidungshändler Geld verdient, auch P&C nicht. Für uns ist klar, dass wir rasch gegensteuern und das Unternehmen wieder auf Kurs bringen müssen. 

Wie soll das gelingen?
Wir werden die Peek & Cloppenburg KG, Düsseldorf im Rahmen eines Schutzschirmverfahrens neu aufstellen. Dazu haben wir heute Morgen einen Antrag beim Amtsgericht Düsseldorf eingereicht, dem das Gericht bereits zugestimmt hat. Gemeinsam mit dem Restrukturierungsexperten Dirk Andres von der Kanzlei AndresPartner und unter Aufsicht des vorläufigen Sachwalters Horst Piepenburg werden wir Entscheidungen, die für die Restrukturierung unseres Unternehmens notwendig sind, schnell und konsequent umzusetzen. 

Was bedeutet das konkret? 
Das Schutzschirmverfahren betrifft die Peek & Cloppenburg KG, Düsseldorf, zu der die Unternehmenszentrale sowie 67 P&C-Häuser mit insgesamt rund 6.800 Beschäftigten gehören sowie unsere Einkaufsgesellschaft, die Peek & Cloppenburg Retail Buying GmbH & Co. KG. Das internationale Geschäft ist in separaten Gesellschaften organisiert und wird nicht von dem Schutzschirmverfahren tangiert. Auch Tochtergesellschaften wie Anson’s sind nicht betroffen.

Will P&C neu aufstellen: P&C-Manager Thomas Freude. Quelle: Pressefoto Mike Henning

Zur Person

Wird sich für die Kunden etwas ändern? 
Nein. Der Geschäftsbetrieb läuft in allen Häusern und im Onlineshop normal weiter. Wir stehen unseren Kundinnen und Kunden wie bewährt mit einem umfangreichen Sortiment an allen unseren Standorten zur Verfügung.

Welche Folgen hat das Schutzschirmverfahren für ihre Mitarbeiter? 
Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden für die Monate März, April und Mai Insolvenzgeld erhalten. Im Laufe des Verfahrens werden bei P&C aber auch Arbeitsplätze wegfallen müssen.  

In den Filialen? Bei anderen Handelsinsolvenzen wurden reihenweise Läden geschlossen: Der Schuhhändler Görtz hat fast die Hälfte seiner Standorte dicht gemacht, auch die Warenhauskette Galeria plant massive Einschnitte. 
Das ist bei uns anders. Es geht nicht darum, Häuser zu schließen oder auf der Fläche Personal einzusparen. Im Gegenteil: Unsere Verkaufshäuser sind nach wie vor Magneten in den Innenstädten und das Fundament unseres Geschäfts. Anders als bei vielen Wettbewerbern gibt es an unseren Standorten aber keinen Modernisierungsstau. Natürlich müssen wir mit unseren Vermietern sprechen, um marktgerechte Konditionen zu verhandeln. Und in einzelnen Häusern erwägen wir auch, die Verkaufsfläche zu verkleinern. Stand heute wollen wir alle Stores weiterbetreiben und dort auch auf betriebsbedingte Kündigungen verzichten.

Wo wollen Sie dann Stellen streichen?
Im Detail steht das noch nicht fest. Klar ist aber, dass wir uns in der Zentrale all jene Hierarchieebenen und Bereiche genau anschauen werden, in denen die Kosten in den vergangenen Jahren überproportional gewachsen sind. Zurzeit sind dort rund 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Das ist eine Größe, die nicht zum Geschäftsvolumen passt. Die Peek & Cloppenburg KG, Düsseldorf hat in der Corona-Zeit 30 Prozent Umsatz verloren und gleichzeitig viele Stellen in administrativen Bereichen geschaffen. Das sind Einbußen, die wir nicht so einfach wegstecken können.

Corona ist vorbei. Ihre Umsätze dürften sich wieder erholt haben.
Ja, aber die Erholung fiel nicht so stark aus wie erhofft und auch das vergangene Geschäftsjahr lief für uns nicht besonders erfolgreich. So liegt die Zahl der Kundinnen und Kunden, die unsere Filialen besuchen, weiterhin unter dem Niveau der Vor-Corona-Zeit. Noch wichtiger: Wir haben die höchste Inflation seit Jahrzehnten, viele Verbraucher sparen. Angesichts des gestiegenen Preisbewusstseins ist es für uns kaum möglich, die höheren Kosten weiterzugeben. Hinzu kommen hohe Verluste im Onlinegeschäft.

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von Henryk Hielscher

Selbst Onlineplayer wie Zalando schwächeln. Wie hat sich der E-Commerce bei Ihnen entwickelt?
Die Erwartungen an das Onlinegeschäft haben sich für uns nicht ansatzweise erfüllt. Den hohen Investitionen standen keine entsprechenden Erträge gegenüber. 

Welche Konsequenzen ziehen Sie daraus?
Unser Omnichannel-Geschäftsmodell, also die Verbindung des stationären Angebots mit dem Onlineshop, ist und bleibt unsere grundsätzliche Ausrichtung, muss aber neu justiert werden. Wir brauchen eine andere Balance zwischen den Verkaufskanälen. Bisher haben wir sehr aggressiv Neukunden für den Onlineshop akquiriert, aber kein Geld damit verdient. 

Das heißt, Sie wollen das Onlineangebot jetzt zurückfahren? 
Unsere Kunden werden natürlich weiter wie bewährt in unserem Onlineshop bestellen können, aber wir müssen die Logistikkosten und Marketingausgaben für das Onlinegeschäft deutlich senken. 

Das klingt nach einer 180-Grad-Wende. Was lief schief?
In der jüngeren Vergangenheit haben wir viel Geld in Marketing für den E-Commerce investiert und hohe Kosten etwa für Retouren in Kauf genommen. Das werden wir anpassen und uns stärker darauf konzentrieren, wieder mehr Kundinnen und Kunden für unsere Stores zu begeistern. Das ist deutlich profitabler als der Verkauf im Netz. Omnichannel bleibt die grundsätzliche Ausrichtung, aber im Grunde geht es jetzt in die Richtung: Store first statt Online first. Dabei geht es auch, aber nicht nur um Kostensenkungen. Ein entscheidender Faktor ist etwa unser Kundenkartenprogramm „Insider“. Es ermöglicht uns, Stammkunden mit passgenauen Angeboten zu erreichen, sie beispielsweise gezielt auf bestimmte Events in den Stores hinzuweisen. Das Insider-Programm werden wir daher deutlich ausbauen.

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Wie geht es nach dem Schutzschirmantrag jetzt weiter?
In den kommenden Tagen werden wir Mitarbeitenden und Geschäftspartnern die Situation im Detail erklären. Anschließend geht es darum, mit Gläubigern wie Lieferanten, Vermietern und Finanzierern im Detail zu sprechen und Restrukturierungsmaßnahmen zu konkretisieren und umzusetzen. Wir gehen davon aus, dass wir das Verfahren spätestens Ende des Jahres über einen Insolvenzplan abschließen können. Darin ist dann geregelt, welche Gläubiger zu welchen Zugeständnissen bereit sind, damit es für uns erfolgreich weitergehen kann.

Und was steuert die Eigentümerfamilie bei?
Das wird Teil der Gespräche sein. Aber die Familie hat bereits grundsätzlich Unterstützung signalisiert. Alle Beteiligten sind sich sicher: Peek & Cloppenburg ist als Marke so stark, dass das Unternehmen schnell einen Weg aus der Krise finden wird.

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