Am Mittwochvormittag legt der Düsseldorfer Hersteller von Waschmitteln (Persil), Kosmetik (Schwarzkopf) und Klebstoffen (Loctite) seinen Geschäftsbericht für das vergangene Jahr vor. Dabei wird sich Henkel-Chef Kasper Rorsted während der Bilanzpressekonferenz auf eine Frage ganz besonders gut vorbereitet haben: Hat Henkel Interesse am Wettbewerber Wella?
Ganz aus der Luft gegriffen ist die Frage natürlich nicht. Schließlich hatte Henkel-Clan-Oberhaupt und Aufsichtsratschefin Simone Bagel-Trah in einem Interview zur Jahreswende eine Steilvorlage für Spekulationen geliefert und gesagt: „Im Bereich Haar sind wir beispielsweise mit Pflege, Styling und Colorationen führend. Das ist etwas, das wir weiter ausbauen möchten.“
Kein Wunder also, dass der Darmstädter Haarpflegekonzern Wella ins Spiel kommt, den der US-Konsumgüterriese Procter & Gamble 2004 für rund 6,5 Milliarden Euro gekauft hatte und nun unbedingt wieder los werden möchte. Seinerzeit befand sich auch Henkel im Bieterwettkampf um das Traditionsunternehmen Wella.
Wissenswertes zu Henkel
...nimmt das Unternehmen 1876 in Aachen als Henkel & Cie. Fritz Henkel gründet es gemeinsam mit zwei Freunden und bringt ein Pulver-Waschmittel unters Volk, das erstmals in kleinen Päckchen statt - wie damals üblich - lose verkauft wird.
... tragen rund 4,6 Millionen Euro in 2013 beziehungsweise 28 Prozent zum Konzernumsatz bei.
... bringt 2013 3,5 Millionen Euro beziehungsweise 21 Prozent am Konzernumsatz.
Insgesamt bleibt Henkel auch 2014 klar auf Kurs Richtung der 2012 formulierten Ziele für 2016: 20 Milliarden Euro Konzernumsatz, 10 Milliarden Euro Umsatz in Wachstumsmärkten und ein zehnprozentiges jährliches Wachstum des Ergebnisses je Aktie. Nach Berechnungen von Analysten hat sich das Wachstum im Schlussquartal nochmals beschleunigt. Umsatz und Ergebnis dürften deutlich zugelegt haben. Die Finanzexperten gehen daher davon aus, dass Henkel die Ziele für das vergangene Geschäftsjahr erreicht hat.
Die Commerzbank hob das Kursziel für Henkel angesichts des schwachen Euros von 102 auf 112 Euro an und ließ die Einstufung auf "Buy". Die Erträge des Konsumgüterherstellers dürften aufgrund der schwachen Gemeinschaftswährung stärker zulegen als bislang erwartet, schrieb Analyst Andreas Riemann in einer Studie Ende Januar. Riemann passte seine Schätzungen bis 2016 entsprechend an. Zudem könnte eine mögliche Akquisition des Haarpflege-Spezialisten Wella den Gewinn je Aktie von Henkel 2015 steigern.
Der Düsseldorfer Konsumgüterkonzern selbst prognostizierte ein organisches - sprich währungs- und portfoliobereinigtes - Umsatzwachstum von drei bis fünf Prozent. Das bereinigte Ergebnis je Aktie des Unternehmens soll im hohen einstelligen Prozentbereich steigen. Die Prognose für die bereinigte Umsatzrendite hatte Henkel sogar zuletzt auf leicht unter 16 Prozent erhöht. Seit der Däne Kasper Rorsted Anfang 2008 das Ruder in Düsseldorf übernommen hat, schwimmt das börsennotierte Unternehmen auf einer Erfolgswelle und trotzt Jahr für Jahr selbst heftigen Konjunkturschwankungen.
Was sind die Erfolgsrezepte der Düsseldorfer?
Starke Marken und stabile Struktur
1. Kosten im Griff
Ständig überprüft Henkel seine Marken und Produktionsstandorte. Rorsted hat nach seinem Amtsantritt im Markenportfolio von Henkel aufgeräumt, um alle Kraft auf die margenstärksten Marken zu konzentrieren. Mit einem Umsatz von rund einer Milliarde Euro ist Persil die stärkste Marke innerhalb der Sparte Wasch- und Reinigungsmittel. Mittlerweile macht der Konzern knapp 60 Prozent seiner Umsätze mit nur noch zehn Marken.
Zudem bieten die Düsseldorfer eine schuldenfreie Bilanz auf. Die Eigenkapitalquote stieg von knapp 39 (2005) auf über 52 Prozent (2013). Der Jahresüberschuss legte im gleichen Zeitraum von 770 Millionen auf 1,6 Milliarden zu. Positive Effekte der vergangenen Monate: Die negativen Währungseffekte, die Henkel vor allem im ersten Halbjahr belastet haben, haben nachgelassen. Die andauernde Ausgabendisziplin sowie der niedrigere Rohölpreis werden sich positiv auf das Ergebnis auswirken.
2. Starke Marken
Mit Marken wie Persil und Pril, Somat und Schwarzkopf, Fa und Syoss hat Henkel ein vergleichsweise konjunkturunabhängiges Markensortiment, das zudem im mittleren Preissegment angesiedelt und daher für nahezu jedermann erschwinglich ist.
Anders sieht das im Klebstoffbereich aus. Die Spezialkleber der Düsseldorfer kommen überwiegend in der Industrie zum Einsatz: bei der Herstellung von Automobilen, Flugzeugen, Verpackungen, Möbeln, Smartphones oder Tablets. Die Sparte ist daher weitaus anfälliger für konjunkturelle Schwankungen. Allerdings hat sich Henkel über die Jahre eine derart deutliche Weltmarktführerschaft bei Industrieklebstoffen aufgebaut, dass ohne die Produkte der Düsseldorfer kaum noch etwas dauerhaft zusammenhält.
3. Innovationen und Übernahmen
Weltweit spannt Henkel ein Netz mit 17 Forschungszentren rund um den Globus. Die Innovationsrate, also der Anteil neuer Produkte am Umsatz, liegt bei Waschmitteln und Kosmetik bei 45 Prozent. Zudem ist Henkel aufgrund der gut gefüllten Kriegskasse in der Lage, blitzschnell zuzugreifen, wenn strategisch interessante Unternehmen auf den Markt kommen. Wie etwa im vergangenen Jahr, als Henkel auf Shoppingtour ging und dafür rund 1,7 Milliarden Euro springen ließ; für Haarpflege-Unternehmen in Nordamerika oder Verstärkungen im Waschmittelgeschäft. So kaufte Henkel die französische Spotless Group für rund 940 Millionen Euro. Die Kasse für neue Übernahmen ist jedoch weiterhin gut gefüllt. Zuletzt hatte Henkel-Chef Kasper Rorsted berichtet, etwa 3,5 Milliarden Euro für Zukäufe ausgeben zu können, ohne das Kreditrating zu gefährden. Das ist nicht weit entfernt von den fünf Milliarden Euro, über die als möglichen Preis für Wella spekuliert wird.
4. International aufgestellt
Henkel zählt zu den globalsten Unternehmen in Deutschland. Von den insgesamt knapp 50.000 Mitarbeitern arbeitet schon mehr als die Hälfte in Wachstumsmärkten wie China, Brasilien oder Russland. Mittlerweile erlösen die Düsseldorfer 44 Prozent ihres Umsatzes in Höhe von mehr als 16 Milliarden Euro in diesen Märkten.
5. Stabile Inhaberstruktur
Die Gründerfamilie des Henkel-Konzerns hat ihren Aktienbindungsvertrag als maßgeblicher Anteilseigner im vergangenen Jahr um 17 Jahre verlängert: Er kann nun frühestens am Jahresende 2033 gekündigt werden. Das verspricht zusätzliche Stabilität und Sicherheit und belegt das Vertrauen in Strategie und Zukunftspotenzial des Konzerns. Die weitverzweigte Familie hält rund 59 Prozent der Stammaktien des Dax-Konzerns.