„Ambitionen“ - das war das meistbenutzte Wort von Henkel-Chef Hans Van Bylen an diesem Vormittag, als er im Henkel-Hauptquartier in Düsseldorf fast eine Stunde lang die Finanz- und Strategieziele des Dax-Konzerns für die kommenden vier Jahre präsentierte. Große Ambitionen habe Henkel, man wolle noch innovativer, noch kundenorientierter, noch agiler werden. Und man wolle noch profitabler arbeiten und das Wachstum vorantreiben.
Mal davon abgesehen, dass es wohl kein Unternehmen gibt, das nicht wachsen möchte: Als Van Bylen konkreter auf die einzelnen Kennziffern der Finanzziele einging, wurde es vergleichsweise dünn.
Vier zentrale Werttreiber hatte der Nachfolger von Kasper Rorsted an der Henkel-Spitze gemeinsam mit seinen Vorstandskollegen und den mächtigsten Mitgliedern der Henkel-Familie definiert: Organisches Umsatzwachstum, bereinigtes Ergebnis je Vorzugsaktie, bereinigte Ebit-Marge sowie den Free Cashflow.
Das ist die Strategie Henkel 2020+
Henkel will sein Wachstum steigern - sowohl in reifen als auch in Wachstumsmärkten. Eine Reihe von Initiativen sollen die Bindung zu Kunden weltweit vertiefen, führende Marken und Technologien stärken, überzeugende Innovationen und Services entwickeln sowie neue Wachstumstreiber zu erschließen.
Eine Steigerung der Investitionen auf bis zu 3 Milliarden Euro im Zeitraum 2017 bis 2020 soll das Wachstum unterstützen.
Eine zügige Digitalisierung des Henkel-Konzerns soll unter anderem Prozesse optimieren und das Unternehmen nachhaltig verändern. Neue Initiativen sollen die digitalen Geschäfte vorantreiben, die Industrie 4.0 ausbauen und die Organisation digital transformieren - etwa, indem ein Chief Digital Officer eingesetzt wird.
Henkel sieht Agilität als entscheidenden Erfolgsfaktor im dynamischen Weltmarkt. Als Voraussetzungen nennt Henkel in diesem Punkt: motivierte und engagierte Teams, beschleunigte Einführungen im Markt sowie effiziente und vereinfachte Prozesse („Smart Simplicity“).
Unter anderem sollen die Einführungszeiten für Produktinnovationen merklich verkürzt und Arbeitsabläufe optimiert werden. In den Teams sollen individuelle Entscheidungsfreiheiten ausgebaut und das unternehmerische Denken gefördert werden.
Um Ressourcen für gezielte Investitionen in Wachstum bereitzustellen, kündigt der Konzern an, den Ressourceneinsatz zu optimieren, einen stärkeren Fokus auf das Net Revenue Management (z.B. optimale Nutzunf von Marktforschungsdaten) zu setzen, Strukturen effizienter zu machen und seine globale Supply Chain in weiteren Regionen auszubauen.
Vier Kennziffern also. Nur für zwei nannte er einen Zielkorridor. Der Umsatz aus eigener Kraft soll demnach bis 2020 jährlich um 2 bis 4 Prozent steigen. Das Ergebnis je Vorzugsaktie soll im Schnitt um 7 bis 9 Prozent zulegen.
Wie ambitioniert diese beiden Ziele wirklich sind, zeigt der Vergleich mit den Vorjahren. Der Umsatz bei Henkel war in den vergangenen Jahren organisch im Schnitt um 3,2 Prozent gewachsen, die Steigerungsraten beim Ergebnis je Vorzugsaktie lagen in der jüngeren Vergangenheit zwischen 7 und 11 Prozent. Es zeigt sich also: So sehr ambitioniert sind die Ziele nun auch wieder nicht. Sie liegen im oder leicht unter dem Schnitt der vergangenen Jahre. Für die Entwicklung der Ebit-Marge und des Free Cashflow verzichtete das Henkel-Management gänzlich auf einen Zielkorridor. Die Werte sollen verbessert werden, hieß es.
Kein Wunder also, dass die mittelfristigen Wachstumsziele des Düsseldorfer Konsumgüterkonzerns den Aktienmarkt am Donnerstagmorgen nicht zu Begeisterungsstürmen veranlasste. Teilweise lagen die Papiere um mehr als zwei Prozent im Minus. Alles in allem formulierte Van Bylen recht zurückhaltende Ziele, die allerdings typisch für den Familienkonzern sind und – positiv betrachtet – für Solidität stehen.
Und mal Hand aufs Herz: Wer hatte schon ein Feuerwerk aus spektakulären Kennzahlen oder überraschenden Ideen erwartet? Nach acht Jahren unter der Führung von Kasper Rorsted, der im Frühjahr zum Sportartikelkonzern Adidas abgewandert war und der Henkel auf Effizienz und Rendite getrimmt hatte, gönnt sich der Persil-und Pril-Hersteller eine kleine Verschnaufpause – ohne dabei aber die Luft anzuhalten.