Laut Studie kostet die deutschen Unternehmen die Produktpiraterie 50 Milliarden Euro pro Jahr. Allein im vergangenen Jahr tauchten innerhalb der EU 114 Millionen gefälschte Produkte auf, wie viele es darüberhinaus in die Läden beziehungsweise zum Kunden geschafft haben, ist Spekulation. Die OECD beziffert den weltweit entstehenden Schaden durch Produktpiraterie auf rund 250 Milliarden Dollar pro Jahr. Produkte, die im Internet gehandelt wurden nicht eingerechnet.
Für die Imitatoren sind die gefälschten Produkte dagegen ein lukratives Geschäft: Die Internationale Handelskammer geht davon aus, dass die Kopien ihren Herstellern jährliche Umsätze von rund 650 Milliarden Dollar bescheren. Nach Schätzungen der Europäischen Kommission lassen sich mit gefälschten Produkten ähnliche Gewinne erzielen wie mit dem Drogenhandel: sie sparen sich Ausgaben für Forschung, Entwicklung und Marketing, nutzen minderwertige Billigmaterialien und lassen meist in Ländern mit äußerst niedrigen Arbeitskosten produzieren. Auch Geschäftsführer Stephan Koziol sagt: "Das Fälschungsbusiness ist in Deutschland erfolgreicher als der Drogenhandel, weil es selten harte Strafen gibt." Darüber hinaus fehle oft das Bewusstsein in der Bevölkerung. Viele fänden es schick, gefälschte und besonders günstige Taschen, Schuhe oder Hosen zu kaufen.
Die Produktpiraterie aus Verbrauchersicht
Insgesamt 65 Prozent haben bereits einmal oder mehrmals zu gefälschten Produkten gegriffen. Die Fake-Renner sind laut Zoll Schuhe, Accessoires wie Brillen oder Handtaschen, Kleidung, Spielzeug oder Elektroartikel.
Immerhin 37 Prozent dieser Menschen gaben an, dass ihnen durch das gefälschte Produkt Nachteile entstanden seien, weil es beispielsweise mangelhaft verarbeitet war, nicht funktioniert hat oder vielleicht sogar gesundheitsschädlich war.
35 Prozent der Befragten 3100 Passanten gaben an, unbewusst schon einmal gefälschte Produkte gekauft zu haben.
Weitere 30 Prozent sagten, dass sie ganz bewusst zur Fälschung gegriffen haben. Gerade in der Altersgruppe der 18- bis 25-jährigen sind Fakes offenbar beliebt. 43 Prozent der jungen Konsumenten kaufen bewusst Nachahmungen.
Ein Erfolg für die Unternehmen: 78 Prozent der Befragten sagten nach einer umfangreichen Aufklärung über die möglichen Konsequenzen durch den Kauf von gefälschten Produkten, dass sie ihre Kaufentscheidung künftig überdenken werden. Geringe Qualität (36 Prozent), Gesundheitsrisiken (26 Prozent) und Kinderarbeit (24 Prozent) waren die meistgenannten Gründe für das Umdenken.
Die Außendienstmitarbeiter des Haushaltswarenherstellers Koziol haben zwar ein Auge auf Fälschungen. Doch die werden immer besser. "Früher war es noch so, dass die Produkte scharfe Kanten hatten oder eine schlechte Farbe. Inzwischen werden die Fälscher immer dreister", sagt Koziol. Das bestätigt auch Stefan Heißner: "Wer vor 20 Jahren in der Türkei oder im asiatischen Raum über diese Märkte gegangen ist, hat relativ klar gesehen, was Fake ist. Das ist heute schwierig."
Das Problem: Besonders Produkte, die sich leicht in Vertriebswege einbringen lassen, werden nachgemacht - eine Kunststoff-Kaffeekanne bietet sich da eher an als eine komplette Maschine. Diese Plagiate geraten dann, wie im Beispiel Koziols, auch in den Einzelhandel. "Es ist verdammt schwierig, das zu vermeiden", sagt Heißner. Der Motorsägenhersteller Stihl hat den weltweiten Kampf gegen die Fälschung seiner Produkte aufgenommen und geht mit null Toleranz gegen die Fälschungsindustrie vor: In den letzten Jahren ließ das Unternehmen Zehntausende Plagiate im Wert von mehreren Millionen Euro beschlagnahmen und vernichten.