Plastic Energy Wer steht hinter den neuen Eigentümern des Grünen Punktes?

Seite 2/2

Big Oil investiert in chemisches Recycling

Trotz aller Kritik: Das chemische Recycling ist bereits jetzt ein Milliardenmarkt. Laut einer Marktstudie der Analysefirma Ecoprog waren bereits zum Ende 2021 weltweit 20 Anlagen in Betrieb – und über 90 Anlagen im Bau oder in der Planung. Vor allem Öl- und Chemieindustrie treiben die Forschung und Investitionen an der Technologie voran. Für sie ist das chemische Recycling eine Zukunftschance: Wenn die großen Stream Cracker der Chemiekonzerne künftig Plastikmüll statt Öl verarbeiten könnten, würde das die Abhängigkeit von den ungeliebten fossilen Rohstoffen reduzieren – und es der Industrie sogar erlauben, sich als nachhaltig darzustellen.

Plastic Energy gilt als Vorreiter im chemischen Recycling. Das Unternehmen hat bereits zwei Anlagen in Sevilla und Almeria für Chemisches Recycling in Betrieb, die im Jahr zusammen rund 7000 Tonnen Rohstoff aus Plastikmüll produzieren sollen. Und es will noch mehr: Mit dem saudischen Chemiekonzern Sabic baut Plastic Energy in den Niederlanden eine neue Anlage, in Frankreich kooperiert Plastic Energy mit der Ölfirma ExxonMobil. Und im Januar kündigte das Unternehmen eine Partnerschaft mit der Ölfirma Total an.

Gemeinsam wollen die Unternehmen in den kommenden Jahren Anlagen in Sevilla in Spanien und in Texas in den USA aufbauen. Die Anlage in Sevilla soll 33.000 Tonnen Plastikmüll im Jahr verarbeiten, „der sonst auf Deponien oder in der Verbrennung landen würde.“ Total will das Rohmaterial aus dem chemischen Recycling aufbereiten und zum Beispiel für Verpackungen für Nahrungsmittel verwenden. Bei Recyclingmaterial aus mechanischem Recycling ist das bisher nicht erlaubt, weil die Rezyklate möglicherweise giftige Rückstände enthalten könnten.

Viele Firmen geben Notebooks und Server nach wenigen Jahren in die Entsorgung, obwohl das ökologisch und betriebswirtschaftlich fragwürdig ist. Doch nun entsteht ein echter Markt für gebrauchte IT.
von Michael Kroker

Um diese Anlagen zu füllen, braucht Plastic Energy Zugriff auf Plastikmüll – und zwar auf zehntausende Tonnen. Die kann DSD mit seinem Grünen Punkt liefern. Alle Plastikabfälle in gelber Sack und gelber Tonne, für die DSD Verpackungsgebühren kassiert hat, gehören formal auch dem Unternehmen. Einen Teil davon verarbeitet DSD in seinen eigenen Anlagen in Deutschland - mittels mechanischem Recycling. In Hörstel im Münsterland oder in Eisfeld im Süden von Thüringen sortieren Mitarbeiter die Kunststoffe, dann werden die sortenreinen Abfälle in kleine Teile geschreddert, gewaschen, schließlich eingeschmolzen und über einen Extruder in eine Art Granulat gepresst. Dieses Granulat kann zu neuen Plastikprodukten verarbeitet werden.

Doch auch DSD forscht bereits am chemischen Recycling, hat mit dem Müllanlagenbetreiber EEW ein Gemeinschaftsunternehmen mit diesem Ziel gegründet. Und zukünftig, sagt DSD-Chef Michael Wiener, könnten die Abfälle aus Deutschland auch in den Anlagen von Plastic Energy in Spanien landen. Zumindest zeitweise. In zwei bis drei Jahren könnte bereits eine eigene Anlage für das chemische Recycling an den DSD-Standorten entstehen. Unklar ist, wie die Plastikabfälle sortiert werden sollen, so dass tatsächlich nur solche Abfälle in den Anlagen landen, die sich anders nicht mehr verarbeiten lassen.

Michael Wiener wird das Problem lösen müssen. Er bleibt Chef des Grünen Punktes. Gemeinsam mit anderen Managern will er sich deshalb „im zweistelligen Prozentbereich“ an Circular Resources beteiligen, so Wiener.

WiWo Coach Gesetzliche Rente oder Versorgungswerk – was ist besser?

Als Anwalt kann unser Leser bei der gesetzlichen Rentenversicherung oder einem Versorgungswerk einzahlen. Was lohnt eher? Rentenberater Markus Vogts antwortet.

Abwanderungswelle bei Sixt „Es beiden recht zu machen, ist eine unlösbare Aufgabe“

Der robuste Führungsstil von Sixt-Gründer Erich Sixt war legendär. Seine Söhne übertreffen ihn wohl noch. Die Abgänge häufen sich. Der Digitalvorstand ist schon weg, ein Finanzchef wird mal wieder gesucht.

Biontech „Das würde ein neues Zeitalter in der Krebstherapie einleiten“

Biontech arbeitet an über zwanzig Medikamenten gegen Krebs. Der Mediziner und Fondsmanager Markus Manns erklärt, wo es Hoffnung gibt, welche Präparate die besten Chancen haben – und wo es noch hakt.

 Weitere Plus-Artikel lesen Sie hier

Heutzutage, erklärt Michael Wiener auf der Presskonferenz, werden nicht mal 15 Prozent der Plastikprodukte in Deutschland aus Recyclingmaterial produziert. Der Rest wird noch immer mit Rohöl hergestellt. Mit Circular Resources wolle er „in neue Dimensionen vorstoßen“, sagt Wiener, man könne „weitere Einsatzbereiche für unsere Rezyklate gewinnen.“ „Für uns als Grüner Punkt heißt es ganz klar, dass es unser Bestreben ist, international zu wachsen“, erklärt Wiener. Die Zusammenarbeit mit Plastic Energy bedeute genau das.

Lesen Sie auch: Dubiose Händler und Müllpaten schaffen unbrauchbare Plastikabfälle aus Deutschland ins Ausland. Eine verdeckte Recherche enthüllt die Tricks.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%