Eines kann man der Großen Wirtschaftskammer unter Richter Martis nicht vorwerfen: Dass sie nicht genug ins Detail gegangen sind. Über Stunden wurden Zahlenkolonnen und Kontoauszüge seziert, Gutachter gehört und mit früheren Wegbegleitern der Mensch Anton Schlecker in dem von ihm geschaffenen Imperium beleuchtet. In den Anhörungen zeichneten die Zeugen ein Bild eines Patriarchen, der kein Widerwort duldete und sich systematisch von Kritik abschottete. Selbst Direktoren sollen sich bis zur Insolvenz davor gescheut haben, dem Chef schlechte Nachrichten überbringen zu müssen.
Nur: Weder Starrsinn noch schlechte Unternehmensführung und auch Insolvenzverursachung sind ein Straftatbestand.
Die Schlecker-Insolvenz in Zahlen
... Menschen kostete die Schlecker-Pleite den Job
... Mitarbeiter hatte Schlecker zu Bestzeiten
... Schlecker-Märkte gab es vor der Insolvenz im In- und Ausland
... Euro zahlte ein Hilfsfonds an Ex-Mitarbeiter
... Milliarde Euro forderten Gläubiger nach der Pleite
... Millionen Euro zahlte Anton Schleckers Familie an die Insolvenzverwaltung
In den Plädoyers in der vergangenen Woche hatte die Staatsanwaltschaft ihren Vorwurf der Insolvenzverschleppung erneuert. Aus ihrer Sicht hatte der jahrelange Umsatzrückgang schon 2009 zu „massiven Liquiditätslücken“ geführt. Von 2009 an sei es nur noch darum gegangen, „Löcher zu stopfen und sich von einer Liquiditätslücke zur nächsten zu hangeln“.
Fast sechs Jahre ist die Insolvenz der damals größten Drogeriekette Europas inzwischen her, seit März 2017 lief in Stuttgart das Verfahren. Sofern das Urteil Bestand hat, wäre die strafrechtliche Aufarbeitung damit wohl abgeschlossen. Der Schlussstrich unter dem Fall Schlecker ist es aber nicht.
Betrachtet man den Fall nicht nur strafrechtlich, sind die Dimensionen anders. Gut 22.000 Gläubiger haben Forderungen angemeldet, das Volumen liegt bei mehr als einer Milliarde Euro. Einige Hundert Millionen versucht Verwalter Geiwitz mit Kartellklagen gegen damalige Lieferanten einzutreiben. Wie viel er bekommt und wer dann davon und in welchem Maße profitiert – noch nicht absehbar. Und bereits im Dezember beginnt nach Informationen der WirtschaftsWoche ein Zivilverfahren gegen die Ehefrau und Kinder von Anton Schlecker.