Primark expandiert Der Lockruf des billigen T-Shirts

Bei Primark klingen die Kassen – aller Kritik an der Billigmode zum Trotz. Die Bekleidungskette boomt – im Gegensatz zur Konkurrenz. In Stuttgart und München sollen die Läden sogar noch vergrößert werden.

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Primark expandiert: Der Lockruf des billigen T-Shirts Quelle: Reuters

London Ein T-Shirt mit Slogan für sechs Euro, ein knallroter Kapuzenpulli für acht Euro oder eine dicke Cordjacke für 28 Euro – da fangen viele Teenies an zu strahlen. In zahlreichen Fußgängerzonen Europas ist mittlerweile eine Filiale von Primark zu finden, dem eigentlich aus Irland stammenden Bekleidungsunternehmen, das vor allem junge Kunden anlockt, die dann mit prall gefüllten Papiertüten mit „Primark“-Schriftzug nach Hause gehen.

Kein Wunder, dass da die Muttergesellschaft, der britische Handelskonzern AB Foods (ABF), sich über steigende Gewinne freut. In dem Mitte September beendeten Geschäftsjahr verbuchte der Konzern ein Umsatzplus von sechs Prozent auf 15,4 Milliarden Pfund und einen (bereinigten) Gewinn von 1,3 Milliarden Pfund – über ein Viertel mehr als im Vorjahr. Ein Großteil davon ist auf die florierenden Geschäfte von Primark zurückzuführen. In Großbritannien war der Umsatz der Bekleidungskette um zehn Prozent gestiegen, auf dem europäischen Kontinent sogar um 16 Prozent.

Primark ist nach einem aktuellen Ranking des Branchenfachblatts „Textilwirtschaft“ inzwischen unter die zehn größten Modemarken-Anbieter Europas aufgestiegen – trotz immer wieder aufkommender Kritik an den Arbeitsbedingungen bei der Produktion, Datenschutzverstöße oder schadstoffbelastete Textilien. Die meisten Kunden interessiert das aber nicht. 15 bis 25 Jahre ist der durchschnittliche Billigmode-Kunde laut Marktforschern alt. Für viele von ihnen ist es wichtiger, ein neues T-Shirt zu haben, als über die Nachteile eines solchen Produkts nachzudenken.

Seit acht Jahren ist Primark auch in deutschen Fußgängerzonen zu finden, 22 der insgesamt 345 Läden sind mittlerweile in Deutschland. In Zukunft soll es noch mehr und noch größere Primark-Läden geben, in Deutschland sollen die Geschäfte in Stuttgart und München vergrößert werden. Auch auf dem US-Markt versucht Primark Fuß zu fassen – hier erweist sich das Geschäft jedoch als schwieriger. Trotzdem ist ABF-Chef George Weston von seiner Konzerntochter begeistert. „Die Kunden lieben uns, viele kommen zurück in unsere Geschäfte“, schwärmt er. Auch die ersten Wochen des neuen Geschäftsjahres seien gut gelaufen.

Das überraschte Börsianer. Denn andere Nachrichten aus dem Einzelhandel waren zuletzt alles andere als positiv. Der Verband „British Retail Consortium“ hatte am Morgen mitgeteilt, dass die flächenbereinigten Umsatzzahlen im Oktober im Non-Food-Geschäft um ein Prozent gefallen waren. Und auch die Konkurrenz von Primark hatte sich negativ geäußert. Die britische Kaufhauskette John Lewis hatte sinkende Umsatzzahlen vermeldet und der Bekleidungshersteller Next konnte mit seinen Ergebnissen ebenfalls nicht überzeugen.


Mutterkonzern profitiert von Pfund-Schwäche

Analysten zeigten sich daher beeindruckt von den Zahlen, die AB Foods präsentierte. Primark erweise sich als „rezessionssicher“, schreibt Analyst Neil Wilson von ETX Capital in einer Einschätzung. Offenbar profitiere Primark sogar davon, wenn sich die Verbraucher stärker einschränken müssten.

Aber auch bei ABF laufen nicht alle Sparten so glänzend wie Primark. Dass der ABF-Chef vor fallenden Preisen im Zucker-Geschäft warnte, kam an der Börse nicht gut an: Die Aktie des Konzerns verlor am Dienstag.

Denn sind es nicht nur shoppingbegeisterte Teenies, die dem ABF-Konzern Geld in die Kassen spülen. Auch wenn ein Brite seine heißgeliebte Tasse Tee mit einem Löffel Zucker trinkt, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass er mindestens ein ABF-Produkt verbraucht: Die Teemarke Twinings gehört genauso zum Portfolio wie Produkte wie Balsamico-Essig, Mazola-Öl oder Ovomaltine. Insgesamt hat ABF das Geschäft in die fünf Sparten Lebensmittel, landwirtschaftliche Produkte, Zucker, Zutaten und Einzelhandel mit Primark aufgeteilt.

Mehr als 60 Prozent der Konzernumsätze erzielt ABF im Ausland, daher profitierte der Konzern durch den Fall des britischen Pfunds indirekt von der Entscheidung, aus der Europäischen Union (EU) auszusteigen. Auch verwies ABF-Chef Weston darauf, dass die britische Regierung erklärt habe, nach dem Brexit keine Zölle für Schwellenländer zu erhöhen – für ein Unternehmen, das in Ländern wie Bangladesch oder Vietnam produziert, sind das gute Nachrichten. Gleichwohl spricht sich auch Weston – wie die Mehrheit der britischen Unternehmen – dafür aus, dass die britische Regierung mit der EU eine Übergangsfrist vereinbart, um den Brexit möglichst gut vorbereiten zu können.

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