Privat handeln So schwer ist es, bei Amazon ein Buch zu verkaufen

Bei Amazon kaufen? Einfach und schnell. Wer als privater Verkäufer hingegen etwas auf der Plattform anbieten möchte, muss sich in das System fuchsen, Geduld haben und schlimmstenfalls mit Abmahnungen rechnen.

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Wie man bei Amazon ein eigenes Buch verkauft. Quelle: Getty Images

Ein Buch geschenkt bekommen, das man bereits besitzt. Das kommt unter den besten Freunden vor. Was tun damit? Weiterverschenken? Nicht, wenn es etwas sehr Spezielles ist, das sonst kaum jemanden interessiert. Flohmarkt? Wer steht schon gern an Ständen? Ebay? Ist ja doch mehr für Geschirr, Skihosen oder alte Räder.

Vielleicht der größte Buchhändler der Welt? Amazon. Mit großem Abstand, wie der Buchreport im März erneut festhielt. Dort sind Millionen Romane, Bildbände und Sachbücher gelistet. Von Amazon selber, großen Buchhändlern, reinen Gebrauchthändlern. Und Privatmenschen, die im Meer von Titeln versuchen, ihr überflüssiges Buch zu veräußern.

Wer auf Amazon kauft, kann dort auch verkaufen. Jeder. Und bekommt der Kunde einen Einblick in die andere Seite des als besonders kundenfreundlichen geltenden Versandunternehmens. Hohe Gebühren und Provisionen, immer mit der Gefahr, aus dem Wunsch, ein Buch weiterzuverkaufen, mit dem Gesetz in Konflikt zu geben und Abmahnanwälte auf den Plan zu rufen.

Hürden, Verstecke und Regeln
Amazon Quelle: Screenshot
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Dabei liegen die Vorteile für den Privatverkäufer auf der Hand: Er bietet das Buch an, solange, wie es vielleicht schon im Regal zuvor verstaubt ist. Es steht ohne zeitliche Begrenzung zur Verfügung auf einer Webseite, über die noch immer mehr Bücher verkauft werden als bei allen anderen Händlern. Leseratten suchen hier, Antiquariats-Forscher und all jene, die ein nicht mehr lieferbares Buch gerne in möglichst frischem Zustand hätten. Den Preis, den man erreichen möchte, gibt man an, quengelige Diskussionen mit Interessenten über den Zustand des Produkts sind unnötig.

Schon beim Einrichten des Verkäuferkontos wird es kompliziert

Aber am Anfang ist es gar nicht so leicht, überhaupt herauszufinden, wie und wo das geht. Bietet das Auktionshaus Ebay fast gleichberechtigt an, etwas zu versteigern oder zu ersteigern, muss das Verkäuferkonto auf Amazon zunächst erstellt werden. Der Link dazu ist zwar nicht unauffindbar, aber doch um ein Vielfaches weniger auffällig als Amazons Werbelinks für seinen Dienst Prime. 

Wer sich sein Verkäuferkonto freischaltet und nicht recht aufpasst, ist mir nichts dir nichts etwas, womit er weder rechnete noch vorhatte: Gewerblicher Händler. Das überrascht nicht. Mehrere Zehntausende professionelle Händler nutzen die Online-Plattform Marketplace, um ihre Waren anzubieten. 

Wer ein bestehendes Amazon-Käufer-Konto nutzt und es um die Funktion Verkäuferkonto erweitert, wird im schlimmsten Fall nach einigen Wochen feststellen, dass er monatliche Gebühren zahlen muss. Selbst wenn er noch nicht ein einziges Produkt verkauft hat. Es kostet ein wenig Mühe, eine persönliche Kontaktmöglichkeit aus dem Gewusel an Links herauszufiltern. Ist dies aber erst mal geschehen, zeigt sich der Onlineriese noch mal von seiner netten Art – schließlich riskiert er, einen Kunden zu verlieren, der lediglich mal die Seiten wechseln wollte, ohne gleichen ein Business aufzuziehen.

Abmahnanwälte auf der Lauer

Wer sich neu anmeldet, wird diesen Fehler vermeiden können – die Auswahlliste sieht neben „Börsennotiertem Unternehmen“ und anderen Unternehmensformen als letzten Eintrag auch „Nichts davon, ich bin Einzelbieter“ vor.

Das sind Amazons nächste Projekte

Als solcher sieht man sich einer Software gegenüber, die auf die Bedürfnisse des privaten Buchverkäufers wenig Rücksicht nimmt. Lagerbestand, Lagerverwaltung, Sellercentral – das ist eine Maske für diejenigen, die hunderte von Artikeln anbieten und so Grund hineinbekommen wollen.

Schnell einsehbar ist vor allem die Provision

Dafür rasch zu überblicken: Die Provision, die Amazon für die Vermittlung kassiert und bei einem Buch für 100 Euro beispielsweise 18 Euro betragen würden. Wer sich als Privatanbieter in dem wichtigen Listing, das regelt, welcher Eintrag welches Händlers bei gleichen Produkten ganz oben steht, an den Profis vorbeischieben möchte, hat im Prinzip nur eine Chance: Preis senken.

Im Gegensatz zur Auktion bei Ebay ist der Privatverkäufer auf dem Sofa geneigt, den Preis zu senken, bis ein grüner Haken in der Rubrik „Lagerverwaltung“ auftaucht und signalisiert: Niedrigster Preis. Das sehen natürlich auch alle anderen und so bieten die Verkäufer von Amateur bis Profi einen immer niedrigeren Preis. Der Verkäufer jammert, der Kunde jubiliert.

Und bitte, immer schön bei den eigenen Leisten bleiben. Liegt statt des Buchs eine DVD überflüssig zu Hause im Regal, orginalverpackt, verschweißt und ungenutzt – dann endet der Versuch sie bei Amazon zu verkaufen mit etwas Pech rasch. Nicht jeder darf alles verkaufen, und was, das entscheidet nicht der Kunde. Bestimmte Produkte erfordern eine Freischaltung. 

Es mag nachvollziehbar sein, dass Hoverboards aus Gründen der Sicherheit davon betroffen sind, welche Gefahr hingegen an einer Audio-CD wie „Django Bates Winter Truce (and Home’s Blaze)“ ausgeht, das wird das Geheimnis des Unternehmens bleiben. Entscheidungen werden mitgeteilt, nicht erklärt: „Sie sind nicht berechtigt, Angebote für Produkte dieser Kategorie einzustellen, und eine Freischaltung ist derzeit nicht möglich.“

Das sind die größten Einzelhändler der Welt
Rang 10: AmazonDie Beratungsgesellschaft Deloitte hat die Unternehmen der Einzelhandelsbranche untersucht und die umsatzstärksten Händler ermittelt. Erstmals in die Top 10 hat es Amazon geschafft. Der Online-Riese aus den USA hat 2015 79,268 Milliarden US-Dollar umgesetzt und damit die Metro-Gruppe aus der Spitzengruppe verdrängt, die es mit einem Umsatz von 68 Milliarden Dollar nur noch auf Rang 13 schaffte. Quelle: Deloitte, Global Powers of Retailing 2017 Quelle: REUTERS
Rang 9: TescoIm Vorjahr noch auf Rang 5, reichte es für die britische Handelskette mit einem Umsatz von 81,019 Milliarden US-Dollar im Jahr 2015 nur noch für Rang 9. Die 1919 gegründete Supermarktkette ist weltweit tätig. Quelle: REUTERS
Rang 8: AldiDer deutsche Billigheimer rutscht mit einem Umsatz von 82,164 Milliarden US-Dollar von Rang 7 auf Rang 8. Gerade die Expansion nach China und die Pläne, weltweit mehr als 3000 neue Filialen zu eröffnen, dürften den Umsatz in den kommenden Jahren weiter antreiben. Quelle: dpa
Rang 7: Carrefour Das französische Einzelhandelsunternehmen wurde 1959 gegründet. Mittlerweile setzt es 84,856 Milliarden US-Dollar um, damit rutscht Carrefour um einen Platz gegenüber dem Vorjahr ab. Quelle: dapd
Rang 6: The Home Depot Stand die US-amerikanische Baumarktkette im vergangenen Jahr noch auf Rang 9, hat sie es in diesem Jahr mit einem Umsatz von 88,519 Milliarden US-Dollar auf Rang 6 geschafft. Das Unternehmen betreibt mehr als 2000 Baumärkte und beansprucht, die weltweit größte Baumarktkette zu sein. Quelle: AP
Rang 5: Walgreens Boots AllianceEbenfalls aus den USA stammt die Apothekenkette Walgreens Boots Alliance. Das 1901 gegründete Unternehmen erklimmt mit einem Umsatz von 89,631 Milliarden US-Dollar Rang 5 und macht damit fünf Plätze gegenüber dem Vorjahr gut. Quelle: AP
Rang 4: Schwarz-GruppeWie im Vorjahr kommt die Schwarz-Gruppe, zu der die Unternehmen Lidl und Kaufland gehören, mit einem Umsatz von 94,448 Milliarden US-Dollar auf Rang 4. Die Schwarz-Gruppe ist damit der größte Einzelhändler Europas. Genau so wie Aldi setzt auch Lidl aktuell auf einen internationalen Expansionskurs. Quelle: dpa

Bleiben halt beide CDs im Regal. Zumal es für private Verkäufer ein Risiko gibt: Sind zu viele Waren im Angebot oder von einem Produkt gleich mehrere, dann erweckt das die Neugier von Abmahnanwälten. Sie wittern hinter einem Verkäuferkonto mit mehreren gleichen Büchern gegebenenfalls nicht einen Menschen mit Freunden und Verwandten, die alle die gleiche Schnapsidee als Geschenk hatten, sondern einen gewerblichen Händler. Zahlreiche Anwaltskanzleien warnen vor den Stolperfallen.

Der Bundesgerichtshof hat 2008 für Ebay umrissen, wann aus dem eigenen Hobbyflohmarkt ein gewerblicher Nebenverdienst wird – mit allen Konsequenzen. Gleiche Produkte innerhalb kurzer Zeiträume sind zum Beispiel ein Indiz, dass es wohl mehr ist, als nur der Versuch, Regale und Keller zu entlasten.

Der ein Impressum aufweisen muss und all die Regularien erfüllen muss, die der Käufer bei Amazon schätzen soll, da sie seine Rechte stärken, wie zum Beispiel zuletzt eine Frist zum Zurücksenden aller Artikel von 30 Tagen für alle Anbieter. Ein Wust an Dingen, die es zu beachten gilt. 

Ebenso wie das eigene Postfach. Denn dort landet die Email, die den Verkäufer gegebenenfalls nach Wochen, wenn man schon vergessen hat, dass das Buch dort noch gelistet ist, darüber informiert, dass sich Käufer und Verkäufer gefunden haben. Dann heißt es schnell sein beim Versenden, um kritische Bewertungen zu vermeiden. Und Geduld ist vonnöten: Denn das, was vom Verkaufspreis nach Abzug von Verkaufsgebühr und Provision übrig bleibt, „parkt“ das mit mehr als 400 Milliarden US-Dollar bewertete Unternehmen erst einmal auf seinen Konten. Die Auszahlung erfolgt zu bestimmten Stichtagen, die einige Wochen entfernt liegen können.

Und in der Zeit hätte vielleicht jemand Geburtstag, der sich doch auch über das Buch freuen würde.

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