Prozess gegen Anton Schlecker Fünf Lektionen aus der Schlecker-Pleite

Seite 2/3

2. Kritik von außen und innen fördern

Die Probleme im Schlecker-Reich waren schon Jahre vor dem Insolvenzantrag ein Dauerthema unter den Mitarbeitern – nur nicht in der 7. Etage der blau verglasten Konzernzentrale, von der aus Schlecker sein Reich dirigierte. Dort war der Begriff Krise tabu. Anton Schlecker spielte weiter die Rolle des erfolgreichen Familienpatriarchen. Er hatte sich systematisch von kritischen Stimmen abgekapselt, die ihn frühzeitig auf die Misere hätten hinweisen können. Auch der Kontakt zur Basis fehlte.

Die meisten der rund 55.000 Schlecker-Mitarbeiter kannten ihren Chef nur von einem Uralt-Foto aus der Mitarbeiterzeitung: das Haar akkurat gestutzt, im Hemd mit flirrendem Muster posierte er darauf Seit‘ an Seit‘ mit Gattin Christa vor einer Europaflagge und kündete im Begleittext von der „innovativen und expansiven Unternehmenspolitik“ – selbst als es schon ans Eingemachte ging. Mit einem gut besetzten Beirat oder einem Aufsichtsrat wäre das kaum passiert. Auch die Arbeitnehmervertreter hätten zum Korrektiv werden können, hätte sich Schlecker auf eine ernsthafte Zusammenarbeit mit ihnen eingelassen.

3. Rechtzeitig das persönliche Risiko abfedern

Schlecker führte sein Milliardenimperium nicht als Aktiengesellschaft oder GmbH, sondern als Einzelkaufmann. Daher gab es nie eine klare Trennlinie zwischen seinem privaten Vermögen und dem seiner Firma. Schlecker konnte damit zwar in seinem Drogerieimperium nach Belieben schalten und walten, trug aber auch das volle persönliche Haftungsrisiko.

Die Schlecker-Familie auf der Anklagebank

Experten raten dazu, die Gefahren zu reduzieren, dabei kann eine Änderung der Rechtsform helfen, auch Vermögensübertragungen an Angehörige kommen infrage. Entscheidend ist dabei aber immer der Zeitpunkt. Das unternehmerische Risiko minimiert man am besten, solange es finanziell gut läuft, empfehlen Insolvenzexperten. Wenn das Unternehmen dagegen bereits in Schieflage ist oder gar die Gefahr einer Insolvenz besteht, können Vermögenstransfers schnell als Versuch interpretiert werden, Geld beiseite zu schaffen – möglicherweise mit strafrechtlichen Folgen wie im Fall Schlecker.

So verteilte Anton Schlecker noch im März 2011 an seine vier Enkelkinder 800.000 Euro. Der Vorgang ist Teil der Anklage. Auch eine Umwandlung von Schleckers Firma in eine GmbH hätte zu diesem Zeitpunkt wohl nichts mehr genutzt. „In den meisten Fällen bringt eine Rechtsformänderung in der Krise nichts, weil sie in der Regel durch mehrjährige Nachhaftungen zu spät erfolgt oder der Unternehmer ohnehin persönlich für Verbindlichkeiten seines Unternehmens haftet“, sagt Schleckers Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz. „Trotzdem ist es ratsam, insbesondere als Vorstand oder Geschäftsführer die Haftungsrisiken in der Krise im Auge zu haben“, so Geiwitz.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%