Somit haben Händler bei der Preisgestaltung solcher Artikel mehr Spielraum, da Kunden diese Artikel und deren Preise nur schwerlich gegeneinander abwägen können und keinen genauen Überblick über die Preise haben. Der Einfluss dieser Artikel auf die Preiswahrnehmung der Kunden ist geringer.
Bei der Einlistung zu Dauertiefpreisen konzentriert sich Aldi aber auf Markenartikel, die bei Kunden besonders beliebt sind und regelmäßig gekauft werden, weshalb ihre Preise oft bekannt sind. Die Markenartikel zeichnen sich zudem durch eine sehr hohe Vergleichbarkeit aus: sie sind über alle Händler hinweg identisch, unterschiedliche Preise bei verschiedenen Händlern können leicht identifiziert werden (bei verschiedenen Verpackungsgrößen hilft ein kurzer Blick auf den Preis je 100 ml oder je 100 Gramm).
Deshalb befürchten Händler, Kunden könnten aus etwaigen Preisunterschieden bei diesen Markenartikeln auf ein generell hohes Preisniveau eines Händlers schließen und zur günstigeren Konkurrenz wechseln. Dies gilt es natürlich zu vermeiden, weshalb bei den neuen Dauertiefpreisen mitgezogen wird. Die Konsequenzen wären andernfalls viel gravierender.
Besonders diejenigen Händler, deren Leistungsversprechen an ihre Kunden ein geringer Preis sind, stehen unter Zugzwang: ist dieses Versprechen aus Kundensicht einmal gebrochen, gibt es nur wenig Gründe, dem Händler weiterhin die Treue zu halten. Händler, die statt des Preises auf andere Verkaufsargumente setzen, sind deutlich weniger betroffen: Edeka beispielsweise würden auch bei einer Preiserhöhung von 5 bis 10 Prozent mehr als die Hälfte der Kunden treu bleiben. Dazu dürften auch Image-Kampagnen wie „Supergeil“ mit Friedrich Lichtenstein oder „Hyper“ mit H.P. Baxxter beigetragen haben. Entscheidend ist aber, dass der Leitspruch „Wir lieben Lebensmittel“ authentisch auf den Service und die Einkaufsatmosphäre im Laden übertragen wurde. Für diese sind Kunden bereit, einen höheren Preis in Kauf zu nehmen, Preissenkungen spielen eine untergeordnete Rolle.
Die größten Lebensmittelhändler Deutschlands
Bartells-Langness
Umsatz mit Lebensmitteln 2015: 3,09 Milliarden Euro (Schätzung)
Globus
Umsatz mit Lebensmitteln 2015: 3,23 Milliarden Euro
Rossmann
Umsatz mit Lebensmitteln in Deutschland: 5,18 Milliarden Euro
dm
Umsatz mit Lebensmitteln 2015: 6,33 Milliarden Euro
Lekkerland
Umsatz mit Lebensmitteln 2015: 8,98 Milliarden Euro
Metro (Real, Cash & Carry)
Umsatz mit Lebensmitteln 2015: 10,27 Milliarden Euro (Schätzung)
Aldi (Nord und Süd)
Umsatz mit Lebensmitteln 2015: 22,79 Milliarden Euro (Schätzung)
Schwarz-Gruppe (Lidl, Kaufland)
Umsatz mit Lebensmitteln 2015: 28,05 Milliarden Euro (Schätzung)
Rewe-Gruppe
Umsatz mit Lebensmitteln 2015: 28,57 Milliarden Euro (Schätzung)
Edeka (inkl. Netto)
Umsatz mit Lebensmitteln 2015: 48,27 Milliarden Euro
Quelle: TradeDimensions / Statista
Die großen Gewinner dieser Entwicklung sind damit die Kunden: zum einen diejenigen, die Wert auf Service legen. So werden einige Händler verstärkt in Service und Einkaufsatmosphäre investieren – auch, um vom Preis als alleinigem Leistungsversprechen abzurücken und so die Notwendigkeit zu reduzieren, sich an zukünftigen Preiskämpfen beteiligen zu müssen. Zum anderen profitieren aber auch die preissensiblen Kunden, da viele Händler auch weiterhin bei Preiskämpfen mitziehen werden, um ihren Kundenstamm nicht zu verlieren. Es ist überaus wahrscheinlich, dass Aldi weitere Markenartikel in sein Sortiment aufnehmen wird. Die Preiskämpfe im Lebensmitteleinzelhandel werden dadurch nicht weniger.