Reederei Wie Maersk der Krise entkommt

Die Jahreszahlen werden zeigen: Maersk hat es geschafft, der seit sieben Jahren bestehenden Schifffahrts-Krise zu entkommen – ganz im Gegensatz zu der Konkurrenz aus Deutschland, die immer noch mit Verlusten kämpft.

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Ein Frachtcontainer der dänischen Containerschiffsreederei Maersk Quelle: dpa

Der Held von Wilhelmshaven heißt Maersk. Die dänische Containerreederei, die größte auf der Welt, ist die größte Chance für die deutsche Hafenstadt. Seit zwei Jahren wartet der dort für eine Milliarde Euro teuer gebaute Tiefwasserhafen JadeWeserPort darauf, dass Schiffe ihre Container dort abladen – bisher vergebens, das Projekt häuft Millionen an Verlusten an. In der vergangenen Woche lief endlich Rettung ein, in Form des Ozeanriesen „Munkebo Maersk“. Dass die weltgrößte Containerrederei mit ihrem Partner MSC den JadeWeserPort als Ziel für ihre Linienfahrten aufgenommen hat, werten in Wilhelmshaven viele als Wendepunkt.

So funktioniert A.P. Moeller Maersk


Die dänische Reederei Maersk setzt die Maßstäbe auf den Meeren dieser Welt. Im vergangenen Geschäftsjahr hat das Unternehmen mit der Containerschifffahrt mehr Gewinn gemacht. Niedrige Ölpreise verpassen der Bilanz für 2014 dagegen einen Dämpfer. In ihrem Jahresbericht kündigte die Gruppe mit Sitz in Kopenhagen an, ihre Anteile an der Danske Bank zu verkaufen. Møller-Maersk hält 20 Prozent der Aktien an der größten dänischen Bank. Unter dem Strich stieg der Gewinn von rund 3,8 Milliarden auf knapp 5,2 Milliarden US-Dollar (rund 4,6 Mrd Euro). Der Umsatz kletterte leicht auf knapp 47,6 Milliarden Dollar (rund 41,8 Mrd Euro).

Seit sieben Jahren befindet sich die Branche in einer tiefen Krise: In einer langen Wachstumsphase haben die Reedereien weltweit Kapazitäten geschaffen, die sie seit der Finanzkrise nicht mehr füllen können. Viele Konzerne häufen seit Jahren Verluste an, andere sind bereits ganz von den Ozeanen verschwunden. Auch die deutschen Anbieter wie Hapag Lloyd – die Nummer 4 auf der Welt – oder Hamburg Süd befinden sich noch immer in den Fängen der Krise. Nur Maersk, die Reederei mit dem weißen Stern auf hellblauen Grund, hat sich in angenehmere Gewässer retten können. Schon in den vergangenen Jahren hat AP Moeller-Maersk mit positiven Gewinnen überrascht. Der Konzern, der auch im Ölgeschäft und als Hafenbetreiber stark ist, machte 2013 bei einem Umsatz von 47 Milliarden US-Dollar rund 3,8 Milliarden Euro Überschuss. Morgen wird das Unternehmen seine Jahreszahlen für 2014 vorlegen - dann wird sich zeigen, ob Maersk wirklich wieder freie Fahrt hat. Das Ziel des Vorstands liegt bei rund vier Milliarden Dollar Gewinn. Die Containerschiff-Sparte alleine soll dazu zwei Milliarden Dollar Überschuss beitragen. Die Konkurrenz aus Deutschland hingegen schreibt weiter Verluste. Doch wie haben die Dänen das geschafft?

1. Größenvorteile nutzen

Zugegeben, auch schon vor der Schifffahrtskrise war die Maersk Line die größte im Markt, gefolgt von der Schweizer Reederei MSC und CMA-CGM aus Frankreich. Der stärkste deutsche Anbieter vor der Krise war im Jahr 2007 Hapag Lloyd auf Platz 5 der Rangliste. Doch die Dänen wussten ihre Marktmacht und ihre Finanzstärke besser zu nutzen als die Konkurrenz. Mit einem aggressiven Preiskampf drängte Maersk in den Anfangsjahren der Krise kleinere Konkurrenten vom Markt. Die Frachtraten für die Container und auch die Charterraten für die Miete eines Schiffs haben sich von der Krise und dem Preiskampf bisher nicht erholt.

Die größten Reedereien der Welt
Platz 10Kapazitäten zum Transport von 509.065 Standardcontainer hat die Reederei Mitsui O.S.K Lines nach Angaben des Branchendienstes Alphaliner am 1. November 2012. Das sind drei Prozent Weltmarktanteil. Damit landet das japanische Unternehmen auf dem zehnten Platz der größten Reedereien der Welt. Foto: die Alligator Bravery im Hafen von Oakland, Kalifornien. Quelle: AP
Platz 9CSCL Die Reederei China Shipping Container Lines mit Sitz in Schanghai verfügt über eine Flotte von über 150 Schiffen. Am 1. November 2012 hatte sie Platz für 554.607 Standardcontainer, was etwas über drei Prozent Weltmarktanteil bedeutet. Das bringt in der Rangliste der größten Reedereien den neunten Platz. Foto: Der Containerriese „CSCL Europe“.
Platz 8Die American President Lines (APL) konnte am Stichtag 577.143 Standardcontainer gleichzeitig bewegen und belegt damit den achten Platz des Rankings. Das Unternehmen ist eine Tochter der Neptune Orient Lines (NOL) aus Singapur. Foto: APL Terminal am Hafen von Los Angeles.
Platz 7Mit einem Transportvolumen von 578.114 geht die Reederei Hanjin Shipping auf dem siebten Platz vor Anker. Das Unternehmen sitzt in Seoul und gehört mit weiteren Unternehmen wie der Fluggesellschaft Korean Air zur Hanjin Group. Die Schiffe von Hanjin fahren hauptsächlich zwischen Ostasien, Europa und der Westküste der USA. Foto: Das Containerschiff „Hanjin Cairo“.
Platz 6Das Hamburger Logistikunternehmen Hapag-Lloyd entstand 1970 aus einer Fusion der Reedereien Hamburg-Amerikanische Packetfahrt-Actien-Gesellschaft (Hapag) und Norddeutscher Lloyd aus Bremen. Mit einer Kapazität von 636.214 Standardcontainern landet die Reederei auf dem sechsten Platz. Foto: Containerschiff Hamburg Express von Hapag-Lloyd am Terminal Hamburg-Altenwerder.
Platz 5Auf Position fünf des Rankings: Die Reederei Cosco beziehungsweise Coscon mit Sitz in Peking besitzt am 1. November 2012 dem Branchendienst Alphaliner zufolge eine Kapazität von 719.652 Standardcontainer. Das sind über vier Prozent Weltmarktanteil. Das Unternehmen ist im Besitz der Volksrepublik China. Foto: Ein Cosco Container im Terminal des Hafens von Hongkong.
Platz 4Mit 734.845 Containern Kapazität schafft es Evergreen Line auf Position sieben. Noch zum Jahresanfang hatte die Reederei drei Plätze weiter hinten in den Top Ten rangiert. Die Evergreen Group setzt sich aus fünf Unternehmen zusammen: Evergreen Marine Taiwan, Italia Marittima, Evergreen Marine UK, Evergreen Marine Hong Kong und Evergreen Marine Singapore. Die Schiffe der Flotte tragen übrigens alle auch den Zusatz „Ever“ im Namen. Foto: Evergreen Containerschiff am Hafen von Los Angeles.

Außerdem erkannten die Dänen das Potenzial von Mega-Schiffen. 2011 ordnete die Reederei 20 Containerschiffe der Triple-E-Klasse - die fast 400 Meter langen Schiffe können bis zu 18.000 Standardcontainer transportieren. "Maersk waren die ersten, die Schiffe in dieser Größenordnung geordert haben", sagt Analyst Tobias Sittig von der Frankfurter MainFirst Bank.
Die Konkurrenz reagierte darauf mit Skepsis: Wie soll Maersk solche Kapazitäten füllen können? Heute steht es außer Frage, dass die Nachfrage da ist. Die Ozeangiganten fahren deutlich günstiger als die kleineren Schiffe. Auf den Container umgerechnet verbrauchen sie wesentlich weniger Treibstoff und auch die Personalkosten sind niedriger. Auf der Strecke zwischen Asien und Europa beispielsweise lassen sich mit den Ozeangiganten bis zu 25 Prozent der Kosten einsparen – solange die Schiffe voll beladen sind.

Kleinere Konkurrenten setzten auf Allianzen


Auch für die Zukunft setzt Maersk deshalb auf die Mega-Schiffe. Die Reederei führe zur Zeit Gespräche mit einer asiatischen Werft über den Kauf von bis zu 10 der Ozeangiganten, die bis zu 20.000 Container tragen können. Ein solcher Auftrag hätte ein Volumen von rund 1,5 Milliarden Euro.

Dreckschleudern auf See
Crown Princess Quelle: Pressebild
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Navigator of the Seas Quelle: Pressebild
Adventure of the Seas Quelle: pinguino

Die kleineren Konkurrenten setzten auf Allianzen, um Kapazitäten besser verteilen zu können und auch um die profitablen Mega-Schiffe überhaupt füllen zu können. Hapag Lloyd beispielsweise schloss sich mit fünf Partnern, vor allem asiatischen Reedereien, zur "G6-Allianz" zusammen. Maersk dachte größer: Die Nummer Eins der Branche wollte sich mit den Nummern Zwei und Drei - der Schweizer MSC und der französischen CMA CGM - zusammenschließen. "Die Allianz hätte ein enormes Potenzial gehabt", sagt Analyst Sittig. Auf den Routen zwischen Europa und Ostasien wären die drei Partner gemeinsam auf einen Marktanteil von fast 50 Prozent gekommen - wenn die Chinesen nicht in letzter Sekunde interveniert hätten und die Kooperation verhindert hätten.

2. Langsam und erfindungsreich sein

Bei den niedrigen Raten hat Sparen für die Reedereien oberste Priorität. Auch was die Reduzierung von Kosten angeht, gilt Maersk als Branchenvorbild. Die Dänen setzten als Erste auf das sogenannte "Slow Steaming" - das langsame Fahren. Die Reederei reduzierte ihre Standardgeschwindigkeit von 24 auf 12 Knoten und sparte dadurch Unmengen an Treibstoff. Außerdem fand Maersk sogleich noch eine Lösung für die Überkapazitäten im Markt: "Je länger ein Schiff unterwegs ist, desto mehr Kapazität ist dadurch gebunden", sagt Christoph Sandner von der MainFirst Bank.

Maersk

Auch nach sechs Jahren will Maersk vom Slow Steaming keinen Abstand nehmen - genauso wenig wie die Konkurrenz, die sich mittlerweile ebenfalls im langsamen Fahren übt. Die 2011 gekauften Schiffe sind so konstruiert, dass sie die Vorteile der langsamen Geschwindigkeit optimal ausnutzen. Außerdem verpasste Maersk seinen Schiffen zum Beispiel einen neuen Silikonanstrich, der die Reibung mit dem Wasser mindert.

3. Immer einen Plan B haben

Der Plan zur P3-Allianz mit den beiden größten Konkurrenten ging für Maersk nie auf. Die europäischen und die amerikanischen Kartellbehörden hatten ihre Zustimmung zwar schon gegeben - doch dann durchkreuzten die chinesischen Behörden den Plan. Um ihre staatlichen Reedereien zu schützen, untersagten sie den Branchenführern Maersk, MSC und CMA CGM den Zusammenschluss.
Das plötzliche Aus hätte die drei Reedereien in eine Krise stürzen können. Doch schon kurz nach der Intervention der Chinesen verkündete Maersk eine neue Allianz: Unter dem Namen "2M" kooperiert Maersk nun mit MSC - der Reederei, mit der sich Maersk wenige Jahre vorher noch einen erbitterten Preiskampf lieferte, unter dem die ganze Branche bis heute leidet. Für die nächsten zehn Jahre wollen die Konkurrenten ihre Containerschiffe teilen. Insgesamt 185 Schiffe umfasst das sogenannte Vessel-Sharing-Agreement, 110 davon steuert Maersk bei. Die Reedereien erhoffen sich dadurch Einsparungen von 350 Millionen Dollar im Jahr.

Einen Plan B zu haben gehört zum Geschäftsmodell von A.P. Moeller-Maersk: Die Traditionsreederei trägt mittlerweile nur noch ungefähr die Hälfte zum Gewinn bei, der Rest kommt aus dem Öl-Geschäft, dem Förderanlagen-Bau oder dem Hafenbetrieb. Die Sparten ergänzen sich: Bei hohem Öl-Preis leidet die Reederei-Sparte Maersk Line, aber die Öl-Sparte bringt mehr ein.
Eine weitere Sparte, das Supermarkt-Geschäft, unter dem Maersk auch in Deutschland einige Netto-Märkte betrieb, hat der Konzern mittlerweile verkauft. Dadurch kompensierte Maersk Wertminderungen in anderen Sparten.

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