Regionalflughäfen in der Krise Wenn Ryanair den Abflug macht

Die deutschen Flughäfen machten im vergangenen Jahr Boden gut. Doch während in Hamburg, Köln oder Stuttgart mehr Menschen abfliegen, verlieren kleine Airports weiter Passagiere – einer sogar mehr als ein Viertel.

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Vorfeld des Flughafens Frankfurt-Hahn: Kleinere Airports drohen, bei der Verkehrsentwicklung abgehängt zu werden. Quelle: dpa

Düsseldorf Wer einen Regionalflughäfen managt, der legt die Latte in diesen Tagen nicht besonders hoch. Da wird auch ein Rückgang der Passagierzahlen um mehr als sieben Prozent als Erfolg gefeiert. So wie im Fall Karlsruhe/Baden-Baden: An dem Flughafen sind im vergangenen Jahr lediglich noch 997.200 Passagiere abgefertigt worden – der Airport hatte aber auch nur 950.000 Fluggäste prognostiziert. Im Vorjahr hatte es bereits einen Einbruch gegeben.

Insgesamt gesehen geht es den Flughäfen zwar besser. Bis Ende November sind die Passagierzahlen in Deutschland um rund drei Prozent gewachsen – die Zahlen für das Gesamtjahr will der Flughafenverband ADV Anfang Februar vorlegen. Doch vom Wachstum bekommen nicht alle Airports etwas ab, wie eine Erhebung von Handelsblatt Online zeigt. Die großen Drehkreuze und mittelgroßen Flughäfen legen zu – kleinere Airports hingegen drohen, bei der Verkehrsentwicklung abgehängt zu werden.

Immerhin fasst der Flughafen Karlsruhe/Baden-Baden für 2015 wieder eine Steigerung auf 1,05 Millionen Passagiere ins Auge und führt dafür mögliche neue Verbindungen von Air Berlin, Ryanair und Turkish Airlines ins Feld. Man sei „auf einem guten Weg“, sagte Geschäftsführer Manfred Jung. Ansonsten behelfen sich die Regionalflughäfen momentan meist mit Durchhalteparolen.

Dabei müsste eigentlich schnell etwas passieren: Neue EU-Leitlinien geben den Regional-Airports nur noch bis zum Jahr 2024 Zeit, um ohne staatliche Zuschüsse auszukommen. Bis dahin müssen Millionenverluste im operativen Betrieb der Flughäfen abgestellt werden, ansonsten droht die Pleite. Im vergangenen Jahr gingen bereits Zweibrücken und Lübeck in die Insolvenz, im rheinland-pfälzischen Zweibrücken sollen nie wieder große Passagiermaschinen abheben.

Karlsruhe/Baden-Baden hingegen lebt und der Rückgang 2014 fällt noch moderat aus im Gegensatz zu Weeze. Beim Flughafen am Niederrhein brachen die Passagierzahlen um 27,4 Prozent auf 1,81 Millionen ein. Der irische Billigflieger Ryanair hatte sein Angebot drastisch reduziert. Weeze hatte das erwartet und sieht sich für die Zukunft gerüstet. Airport-Chef Ludger van Bebber verkündete für das abgelaufene Geschäftsjahr schwarze Zahlen: „Unser bereinigtes operatives Ergebnis hat sich um mehr als 30 Prozent verbessert.“


Welche Regionalflughäfen zulegen

Noch haben nicht alle Flughäfen ihre Verkehrszahlen für das vergangene Jahr vorgelegt. Doch schon jetzt gehören neben Weeze der frühere Vier-Millionen-Flughafen Frankfurt-Hahn mit 2,45 Millionen Fluggästen (minus 7,9 Prozent), Nürnberg (3,26 Millionen, minus 1,6 Prozent), Paderborn (764.000, minus 3,9 Prozent) und Saarbrücken (rund 400.000, minus 1,3 Prozent) zu den Verlierern. Vom oft als „Millionengrab“ verschrienen jüngsten deutschen Airport Kassel-Calden ganz zu schweigen: Bis Ende November wurden dort gerade einmal rund 46.000 Passagiere gezählt und damit in etwa so viel wie im Vorjahr.

Mittelgroße Flughäfen und die Drehkreuze hingegen wachsen. An diesem Donnerstag werden der größte deutsche Airport in Frankfurt und der Flughafen München Zuwächse vermelden. Und auch Hamburg, Köln/Bonn oder Stuttgart, die 2013 noch leicht Fluggäste verloren, wuchsen im vergangenen Jahr wieder.

So könnte es weitergehen: Für 2015 prognostiziert der Flughafenverband ADV einen Passagierzuwachs von 2,8 Prozent. „Die deutschen Flughäfen sind wieder auf Wachstumskurs, was aufgrund der schwierigen Marktlage und den hemmenden ordnungspolitischen Rahmenbedingungen so nicht zu erwarten war“, kommentierte ADV-Hauptgeschäftsführer Ralph Beisel. Schon seit Jahren steigt die Zahl der Fluggäste stetig: 2012 hatte man erstmals die 200-Millionen-Marke geknackt.

Immerhin gab es im abgelaufenen Jahr auch Regionalflughäfen, die entgegen des Trends Passagiere dazugewannen. Turkish Airlines und die britische Airline Flybe sorgten für ein Fünf-Prozent-Wachstum am Flughafen Münster/Osnabrück. Auch Erfurt vermeldet auf Basis von Zahlen bis Ende November ein Plus – wenn auch auf sehr niedrigem Niveau. Ob ein Flughafen mit kaum mehr als 220.000 Fluggästen im Jahr hingegen überlebensfähig ist, wird die Zukunft zeigen.

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