Rettungsaussichten Befreiungsschlag für Hugendubel

Dem Münchner Verlegerclan Hugendubel gelingt es, sein Filialnetz aus dem Weltbild-Pleitestrudel herauszulösen. Doch für die verbleibenden Weltbild-Läden verdüstern sich die Rettungsaussichten.

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Welche Unternehmen den Laden dicht machen
RenaDer Niedergang hatte sich bereits abgezeichnet: Das Unternehmen Rena, das Maschinen für die Solarindustrie fertigt, litt seit längerem unter schwindendem Absatz. Allein im dritten Quartal 2013 vermeldete das Unternehmen einen Verlust in Höhe von 5,5 Millionen Euro. Im Februar dann musste Unternehmenschef Jürgen Gutekunst die Pleite der Tochtergesellschaft SH+E verantworten. Gutekunst will das Unternehmen nun in Eigenregie sanieren. Ob, wann und wie viel ihrer Einlagen Anleihegläubiger jedoch wiedersehen werden, darüber will das Unternehmen derzeit noch keine Angaben machen. Insgesamt stehen 77 Millionen Euro auf dem Spiel, die Anleger dem Unternehmen in den Jahren 2010 und 2013 auf Etappen geliehen hatten. Klaus Nieding, Kapitalanlagerechtler und Vorstand der Nieding+Barth Rechtsanwaltsaktiengesellschaft empfiehlt Anleihegläubigern jetzt, mit einer Stimme zu sprechen: „Die Anleihegläubiger sollten ihre Interessen bündeln, um als große Gläubigergruppe ihre Interessen im Restrukturierungsverfahren durchzusetzen.“ Nieding rechnet damit, dass „die Gesellschaft zügig an die Anleihegläubiger mit einem Restrukturierungsplan herantreten und eine Anleihegläubigerversammlung einberufen wird“. Quelle: dpa
Münchener AbendzeitungSie stand in den 80er Jahren Pate erfolgreiche TV-Serie „Kir Royal - Aus dem Leben eines Klatschreporters" - jetzt steht sie vor dem Aus. Die AZ hat am 5. März 2014 einen Insolvenzantrag gestellt. Sinkende Anzeigenerlöse, sinkende Leserzahlen und hohe Druckkosten seien der Grund, sagte Herausgeber Johannes Friedmann. 110 Mitarbeiter sind betroffen, davon rund 50 in der Redaktion. „Es gab kaum jemals ein gutes Jahr in der Abendzeitung“, seitdem er 1986 die Geschäfte übernommen habe, sagte Friedmann. Man hätte den Schritt „schon viel früher gehen müssen - vor zehn Jahren.“ Ein Investor ist nicht in Sicht. Der Süddeutsche Verlag, an dem die Familie Friedmann mit 18,75 Prozent beteiligt, hat kein Interesse an einer Übernahme. Auch von Dirk Ippen, der den „Münchner Merkur“ und die Münchner Boulevardzeitung „tz“ verlegt scheint nicht interessiert. AZ-Herausgeber Friedmann sieht auch im Internet einen Grund für die Probleme der Abendzeitung: „Das, was eine typische Boulevardzeitung ausmacht, ist (...) durch das Internet weitgehend bedeutungslos geworden.“ Quelle: dpa
Zamek Der Düsseldorfer Lebensmittelhersteller hat am 25.2.2014 Insolvenz angemeldet. Der 1932 gegründete Familienbetrieb produziert mit rund 520 Beschäftigten in Düsseldorf und Dresden, Tütensuppen, Würzmischungen und Fertiggerichte, die sich - oft auch als Eigenmarken - in den Supermarktregalen wiederfinden. Zwei Sanierungsexperten der auf Konkursverfahren spezialisierten Kanzlei Metzeler von der Fecht sowie zwei weitere Anwälte betreuen Zamek als vorläufige Sachwalter. Die Geschäfte laufen vorerst weiter. Das Unternehmen befindet seit längerem in Turbulenzen. Im Geschäftsjahr 2012/2013 wies Zamek einen Verlust von mehr als 10 Millionen Euro aus. Die Umsätze brachen um acht Prozent auf knapp 74 Millionen Euro ein. Mehrheitsgesellschafter Bernhard Zamek hatte im Oktober 2013 „drastische Einsparmaßnahmen“ und den Abbau von weiteren 85 Stellen angekündigt. Außerdem wollte er Teile der Produktion nach Polen verlagern. An der Spitze sollte der Sanierungsexperte Reiner Wenz für frischen Wind sorgen. Er ersetzte im Februar Geschäftsführerin Petra Zamek. Doch gelang es ihm offenbar nicht mehr schnell genug, das Steuer herumzureißen. Quelle: dpa
Strauss InnovationFür die insolvente Warenhauskette interessieren sich rund ein Dutzend Investoren Außerdem sollen nicht zukunftsfähige Standorte bis zur Mitte des Jahres geschlossen werden. Dies berichtet die "Rheinische Post". Strauss Innovation hatte am 30. Januar 2014 beim Amtsgericht Düsseldorf einen Antrag auf Eröffnung eines Schutzschirmverfahrens eingereicht. Betroffen sind 1400 Mitarbeiter in 96 Filialen und 59 deutschen Städten. Das Unternehmen gehört dem US-Investor Sun Capital, dem auch der Versandhändler Neckermann gehörte. Strauss möchte zunächst einen eigenen Insolvenzplan vorlegen, bevor in drei Monaten das eigentliche Insolvenzverfahren eröffnet wird. Schuld an der Misere sollen die Wetterkapriolen im vergangenen Jahr sein. Das Frühjahr war zu kalt - Gartenmöbel & Co. blieben stehen - der Winter zu mild - auch die warmen Socken und Daunenjacken blieben hängen. Quelle: dpa
Kaiser GmbHDrei Monate nach dem Insolvenzantrag (12.12.2013) stellt der bayerische Automobilzulieferer die Weichen für die Zukunft. Der Betrieb laufe stabil und man habe neue Aufträge eingeholt, so Insolvenzverwalter Michael Jaffé, bekannt durch die Sanierung des Wohnwagen-Herstellers Knaus Tabbert. Die rund 650 Mitarbeiter im Stammsitz in Aicha vorm Wald und Straßkirchen-Salzweg erhalten seit Februar wieder reguläre Lohn und Gehalt. Die Suche nach Investoren läuft. Jaff´: "Es gibt mehrere Interessenten, die sich (...) mit einem Einstieg bei Kaiser befassen. Unser Ziel ist es, bis Jahresmitte eine dauerhafte Fortführungslösung zu realisieren." Kaiser erwirtschaftet rund 90 Millionen Euro Umsatz und lieferte 2012 rund 24 Millionen aus - darunter Airbag- und Antriebs-Komponenten, Bremsscheiben und –trommeln, Gehäuse für ABS, Kupplung, Getriebe, Hinterachsen und Zylinderblöcke. Alleiniger Eigentümer und Geschäftsführer ist der Gründer Klaus-Peter Kaiser. Von 2000 bis 2008 wuchs Kaiser rasant und verdreifachte nahezu den Umsatz. Nach dem krisenbedingten Einbruch in 2009 hatte der Zulieferer zuletzt wieder an dieses Wachstumstempo anknüpfen können - das reichte allerdings nicht aus, um die Zahlungsunfähigkeit abzuwenden. Quelle: Screenshot
Weltbild VerlagDas insolvente Medienunternehmen bekommt einen neuen Investor. Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz gab dem Düsseldorfer Familienunternehmen Droege International Group den Zuschlag und brach die Verhandlungen mit dem Münchner Finanzinvestor Paragon Partners ab. Gemeinsam werde man die Sanierung mit dem geplanten Abbau von Stellen und Buchläden fortsetzen: "Die Restrukturierung für sich ist noch nicht abgeschlossen." Droege zeichnet eine Kapitalerhöhung von 20 Millionen Euro und erhält im Gegenzug eine 60-prozentige Beteiligung. Die übrigen 40 Prozent hält Geiwitz für die Gläubiger. Nach den bisherigen Plänen sollen 167 Filialen erhalten bleiben, die Zahl könnte aber weiter schrumpfen. Weltbild hatte am 10. Januar 2014 Insolvenz beantragt. Der Aufsichtsrat sah keine Finanzierungsmöglichkeit für eine Sanierung. Noch sind 2100 Mitarbeiter bei Weltbild beschäftigt. Der Augsburger Verlag war eines der größten Medienhäuser in Europa und gehörte zwölf katholischen Diözesen in Deutschland, dem Verband der Diözesen Deutschlands sowie der katholischen Soldatenseelsorge in Berlin. Weltbild litt zuletzt auch unter der Konkurrenz des US-Giganten Amazon. Konkreter Auslöser für die aktuellen Schwierigkeiten war nach Unternehmensangaben ein Umsatzrückgang in der ersten Hälfte des Geschäftsjahres 2013/14. Quelle: dpa
Das börsennotierte Unternehmen getgoods AG mit Sitz in Frankfurt (Oder) geht in Insolvenz. Vorstandschef Markus Rockstädt-Mies: "Am Donnerstag haben wir Insolvenz für unsere Vertriebsgesellschaft angemeldet. Am Freitag erfolgt die Insolvenzanmeldung für die AG. Ob weitere Tochtergesellschaften ebenso den Weg der Insolvenz gehen, wird noch geprüft." Der Geschäftsbetrieb des Online-Händlers mit rund 200 Mitarbeitern werde jedoch weiter gehen. Auf einer Mitarbeiterversammlung wolle der eingesetzte Insolvenzverwalter über das weitere Vorgehen informieren. "Parallel dazu läuft die Investorensuche. Dazu gab und gibt es hoffnungsvolle Gespräche", sagte Rockstädt-Mies. Quelle: Presse

Wie kann die Münchner Verlagsgruppe Hugendubel ihre Filialen aus dem Weltbild-Verbund heraus lösen? Seit dem Insolvenzantrag der Weltbild-Geschäftsführung vor sechs Wochen war das die zentrale Frage des Verfahrens. Das Problem: Weltbild und Hugendubel hatten ihre Filialen in dem Gemeinschaftsunternehmen DBH Buch Handel gebündelt.  Nun haben sich Weltbild-Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz und der Verlegerclan Hugendubel auf eine Lösung verständigt:  Die etwa 320 bislang gemeinsam unter dem DBH-Dach betriebenen Buchhandlungen werden aufgeteilt.

Technisch läuft es so ab, dass die Weltbild-Filialen die bisher gemeinsame Holding DBH verlassen. Für sie wurde bereits ein Schutzschirmverfahren beantragt, sie sollen nun ebenfalls wie die Verlagsgruppe nach dem Insolvenzrecht saniert werden. Das Verfahren soll der Geschäftsführung der Weltbild-Filialen einen Rettungsversuch in Eigenregie ermöglicht. Auf die Finger schaut ihr dabei als Sachwalter der Rechtsanwalt Christian Plail aus der Augsburger Kanzlei von Geiwitz. Der Medienkonzern behalte damit mehrere Vertriebskanäle, das was so gern als „Multi-channel“-Konzept bezeichnet wird und das Zusammenspiel  aus dem  Versand über Katalog und Internet sowie dem stationären Handel meint. Damit sichere sich die Verlagsgruppe einen Wettbewerbsvorteil, meint Geiwitz.

Für den Insolvenzverwalter dürfte es mit diesem Konstrukt einfacher sein, Geldgeber für Weltbild zu finden, weil nun auch das Filialgeschäft wieder allein in der Hand des Verlages liegt. Der insolvente Medienkonzern macht sich so auf den ersten Blick hübsch für rettende Investoren. „Die Entflechtung der Gesellschafterstruktur erhöht die Chance, eine Gesamtsanierung von Weltbild zu erreichen“, teilte Insolvenzverwalter Geiwitz am Freitag mit.

Völlig offen ist allerdings, wie viele der Filialen am Ende tatsächlich rentabel sind und Bestandteil des Verbundes bleiben. Zu erwarten ist nun vielmehr, dass viele von ihnen werden schließen müssen.

Zukunftssicherung

Ein echter Lichtblick dürfte die beschlossene Trennung für den Familienkonzern Hugendubel zu sein, verringert er doch nun das Risiko, doch noch in den Sog der Weltbild-Insolvenz zu geraten. Hugendubel bleibt allein in der DBH zurück, behält zudem die Buchläden, die die DBH unter dem Namen Weltbild auf Flächen bei Karstadt betreibt. Hier steht zu erwarten, dass über kurz oder lang der Name geändert wird.

Der Einigung gingen wochenlange Verhandlungen zwischen den zahlreichen beteiligten Banken, der Diözese München und Freising, dem Insolvenzverwalter sowie der Familie Hugendubel voraus. So ist sicher auch die Botschaft zu deuten, die das Familienunternehmen in einer Erklärung zur heutigen Trennung verbreiten ließ. Darin heißt es, Hugendubel leiste mit der Entscheidung, die Weltbild-Filialen „wieder aus der DBH herauszulösen, einen wichtigen Beitrag zum Konzept des Insolvenzverwalters, Weltbild in seiner Gesamtheit zu erhalten.“ Details über die genauen Hintergründe der aktuellen Einigung sparen beide Seiten tunlichst aus. Stattdessen unterstreichen Hugendubels noch einmal ihre Erleichterung über den gefundenen Deal: Dieser sei ein „entscheidender Schritt zur Zukunftssicherung der Buchhandlung Hugendubel.“

Maximilian Hugendubel, geschäftsführender Gesellschafter der Buchhandlung Hugendubel, sagte: „Wir freuen uns über das gemeinsam Erreichte. Der beschlossene Schritt bedeutet, dass wir unseren rund 2.000 Beschäftigten eine klare Perspektive geben können.“

Nina Hugendubel, geschäftsführende Gesellschafterin der Buchhandlung Hugendubel, sieht in der getroffene Vereinbarung einen Meilenstein: „Wir kehren zu unseren Wurzeln zurück und sind damit wieder ein echtes Familienunternehmen. Dies ermöglicht klare und schnelle Entscheidungen, die in der heutigen Zeit der raschen Veränderungen aus unserer Sicht zwingend notwendig sind.“

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