Rewe-Chef Alain Caparros Größe auch im Abgang

Es ist nicht immer einfach, den richtigen Zeitpunkt für den Wechsel an der Unternehmensspitze zu finden. Rewe ist dieses Kunststück gelungen. Dazu hat das Machtbewusstsein des bisherigen Chefs beigetragen. Ein Kommentar.

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Noch einmal präsentiert Alain Caparros in diesem Jahr ein Rekordergebnis – dann tritt er ab. Quelle: dpa

Düsseldorf Schon vor fast einem Jahr hatte Rewe-Chef Alain Caparros ganz offen mit seinem Abgang kokettiert. „Das wäre jetzt ein schöner Abschied gewesen“, hatte er bei der Präsentation der Rekordzahlen für das Jahr 2015 gesagt und ergänzt: „Schade, dass ich noch rund zwei Jahre machen muss.“

Deswegen hatte kaum jemand im Unternehmen damit gerechnet, dass er wirklich seinen bis Ende 2018 laufenden Vertrag bis auf den letzten Tag erfüllt. Erst recht, da seit Dezember bereits feststeht, dass ihm der bisherige Deutschland-Chef Lionel Souque nachfolgen soll. Zwei Jahre Chef auf Abruf? Das ist nichts für einen Machtmenschen wie Caparros.

Zumal er mehr erreicht hat, als die meisten Rewe-Chefs vor ihm. Er hat dem Traditionsunternehmen moderne Strukturen verpasst, das Durcheinander zahlreicher Marken wie Minimal oder HL bereinigt und neue Formate wie „Rewe City“ oder „Rewe to go“ etabliert.

Besonders deutlich wird das im Onlinegeschäft. Kein anderer deutscher Lebensmittelhändler hat den E-Commerce so forciert wie Rewe. Mit einer Flotte eigener Kühlwagen versorgt „Rewe Digital“ mittlerweile fast flächendeckend das Bundesgebiet. Mit einem geschätzt dreistelligen Millionenumsatz dürfte das Unternehmen beim Onlinegeschäft mit frischen Lebensmitteln Marktführer sein.

Auch seine letzte große Schlacht hat er erfolgreich zu Ende gebracht: Mit seinem hartnäckigen Widerstand  gegen die Kaiser’s-Tengelmann-Übernahme durch Edeka hat er erreicht, dass der Konkurrent rund 60 Kaisers-Märkte im hart umkämpften Markt Berlin an Rewe abtreten musste.

Auch wenn es etwas unglücklich war, dass er bis zuletzt immer wieder betont hat, dass er nicht früher gehen werde – im Grunde hat Caparros alles richtig gemacht. Seinem Nachfolger hat er ein bestelltes Haus hinterlassen, auch in diesem Jahr wird es wieder Rekordzahlen geben. Das betont auch Aufsichtsratschef Erich Stockhausen, der Caparros' Arbeit „herausragend“ nennt und als eine „Ära des Erfolgs“ bezeichnet.

Doch nun tritt das Unternehmen in eine ganz andere Phase. Neue Wettbewerber wie Amazon werden das traditionelle Lebensmittelgeschäft umkrempeln. Die Konsumgewohnheiten werden sich radikaler wandeln, als sich das viele heute vorstellen können. Auch wird angesichts der ausgereizten Wachstumschancen in Deutschland die Expansion im Ausland immer wichtiger.

Es ist gut, dass das Unternehmen angesichts dieser Herausforderungen den Generationswechsel  an der Spitze nicht weiter künstlich herausgezögert hat. Lionel Souque muss freie Hand bekommen, das Unternehmen so energisch zu verändern und weiter zu entwickeln, wie auch sein Vorgänger das gemacht hat.

Dass der Rewe-Chef das selber erkannt hat und den Weg frei macht – damit zeigt er auch Größe im Abgang. Aber vielleicht will er auch nur verhindern, dass jemand anderes den Wechsel beschleunigt. Denn auf eines ist Caparros stolz – dass er selbst entscheidet, wann er geht. „Die meisten meiner Vorgänger sind doch rausgeschmissen worden“, hat er einmal mit verschmitztem Grinsen gesagt. Einem Machtmensch wie Caparros passiert das nicht. 

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