Die Genehmigung für den Blumenshop war nicht zu bekommen. Die Fläche im Supermarkt in Bad Krozingen stand leer. Für Dieter Hieber war das auf Dauer kein Zustand. So machte der Geschäftsführer der gleichnamigen Kette von Supermärkten zunächst aus der Not eine Tugend. Er stellte Kunstwerke von Hobbymalern in dem Raum aus.
Was in dem geplanten Blumenladen begann, hat sich ausgeweitet. Wer die jüngste der zehn Hieber-Filialen betritt, sieht oberhalb des Verkaufstresens des Bäckers großformatige Bilder hängen. Wer mag, kann sie von einer Empore aus in Ruhe betrachten und dabei einen Kaffee trinken. Kultur und Gastronomie statt Preiskampf und schnelle Abfertigung – das ist es, was die deutschen Supermärkte als Antwort auf die emporstrebenden Discounter anbieten.
„Die Discounter werden zu Supermärkten und die entwickeln sich hin zu Orten, die ein Erlebniseinkauf bieten“, sagt Hieber, dessen Vater Jörg vor 50 Jahren den Grundstein für die Sammlung an Märkten zwischen Bad Krozingen und Wyhlen kurz vor der Schweizer Grenze legte. Die klassischen Supermärkte müssen einen Spagat meistern.
Die erfolgreichsten deutschen Luxus-Marken
Unternehmen: Talbot Runhof
Branche: Damenmode
Rang 2014: nicht vorhanden, da Neueinsteiger
Zum Ranking: Das Ranking der Markenbewerter von „Brand Networks“ und „Biesalski und Company“ zeigt die erfolgreichsten deutschen Unternehmen im Luxussegment. In ihrer Studie interviewten die Autoren über 180 Branchenexperten aus Einkauf, Handel und Fachpresse. Untersucht wurden Kriterien wie Bekanntheit, Perfektion, Design oder der Preisabstand der jeweiligen Marke zum Mittelfeld.
Doppelplatzierung, da gleiche Punktzahl:
Unternehmen: Schloss Elmau
Branche: Hotel
Rang 2014: 26
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Unternehmen: Dornbracht
Branche: Armaturen
Rang 2014: 21
Unternehmen: Interlübke
Branche: Wohnmöbel
Rang 2014: 20
Unternehmen: Occhio
Branche: Beleuchtung
Rang 2014: 22
Unternehmen: Nomos
Branche: Uhren
Rang 2014: 35
Unternehmen: Cor
Branche: Wohnmöbel
Rang 2014: 15
Unternehmen: Wempe
Branche: Schmuck und Uhren
Rang 2014: 25
Unternehmen: Walter Knoll
Branche: Wohnmöbel
Rang 2014: nicht vorhanden, da Neueinsteiger
Unternehmen: Robbe & Berking
Branche: Besteck
Rang 2014: 18
Unternehmen: Montblanc
Branche: Schreibgeräte
Rang 2014: 19
Doppelplatzierung, da gleiche Punktzahl
Unternehmen: Thonet
Branche: Wohnmöbel
Rang 2014: 13
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Unternehmen: Dedon
Branche: Gartenmöbel
Rang 2014: 14
Unternehmen: Iris von Arnim
Branche: Damen- und Herrenmode
Rang 2014: nicht vorhanden, da Neueinsteiger
Unternehmen: Wellendorff
Branche: Schmuck
Rang 2014: 16
Unternehmen: Meissen
Branche: Glas und Porzellan
Rang 2014: 10
Unternehmen: Jil Sander
Branche: Damen- und Herrenmode
Rang 2014: 17
Unternehmen: SieMatic
Branche: Küchenmöbel
Rang 2014: 12
Doppelplatzierung, da gleiche Punktzahl
Unternehmen: Leica
Branche: Foto/Optik
Rang 2014: 9
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Unternehmen: Poggenpohl
Branche: Küchenmöbel
Rang 2014: 11
Unternehmen: Schramm
Branche: Schlafmöbel
Rang 2014: nicht vorhanden, da Neueinsteiger
Unternehmen: Chronoswiss
Branche: Uhren
Rang 2014: 8
Unternehmen: T+A
Branche: Unterhaltungselektronik
Rang 2014: 7
Unternehmen: Gaggenau
Branche: Küchengeräte
Rang 2014: 6
Unternehmen: Jan Kath
Branche: Interieur
Rang 2014: nicht vorhanden, da Neueinsteiger
Unternehmen: Bulthaup
Branche: Küchenmöbel
Rang 2014: 5
Unternehmen: Porsche
Branche: Automobil
Rang 2014: 3
Unternehmen: Burmester
Branche: Unterhaltungselektronik
Rang 2014: 4
Unternehmen: Glashütte Original
Branche: Uhren
Rang 2014: 2
Unternehmen: A. Lange und Söhne
Branche: Uhren
Rang 2014: 1
Auf der einen Seite stehen sie bei der Versorgung der Menschen in der Nachbarschaft im Preiskampf mit den Discountern wie Aldi und Lidl, die immer öfter Markenprodukte anbieten und mit aufwändigerer Dekoration und großen Weinabteilungen sich einen Hauch des Feinkosthandels geben wollen. Experten wie Stephan Rüschen, Professor für Lebensmittelhandel, gehen sogar davon aus, dass im unteren Segment in Zukunft Platz sein könnte für klassische Discount-Marken, wie es Aldi und Lidl zu Beginn waren. Auf der anderen Seite erhöhen die ambitionierten Supermärkte mit eigenen Grillstationen, Kaffeeröstereien oder Sushi-Bars die Verweildauer im Geschäft.
170 Milliarden Euro setzte der Lebensmittelhandel in Deutschland um. Im Schnitt gibt der Bürger 13,6 Prozent seines Geldes für Essen, Trinken und Tabakwaren aus. Ein Wert, der sich seit 2000 kaum geändert hat, 1990 lag er bei 17,6 Prozent und 1970 immerhin noch bei 25 Prozent.
Der Preis ist eines der wichtigsten Kaufargumente für die Konsumenten. Ein Kampf, den die klassischen Supermärkte von Edeka über Rewe bis Tengelmann kaum gewinnen können. Also treten immer mehr von ihnen die Flucht nach vorne an.
Blattgold und Champagner
Eines der größten Projekte betreut derzeit Jörg Tittel für die Märkte der Gruppe Zurheide aus Bottrop. In Düsseldorf entsteht auf der ehemaligen Fläche eines Kaufhofs eine Innenstadtfiliale mit rund 13.000 Quadratmeter auf zwei Etagen verteilt. Eine gigantische Fläche, wenn man betrachtet, in welchen Kategorien die Zeitschrift Lebensmittelpraxis ihre Nominierten für den Preis „Supermarkt des Jahres vergibt“: Eine ist für die Supermärkte bis 2000 Quadratmeterfläche, die andere für größere. Dieter Hiebers Vorzeigefiliale in Lörrach bringt es auf 3600 Quadratmeter – inklusive hauseigener Brauerei.
Jörg Tittel hat gleich eine ganze Reihe von Kunden im Kopf, die von 2017 an den Supermarkt an einer viel befahrenen Kreuzung aufsuchen sollen. Mitarbeiter der umliegenden Büros, die sich über Mittag an den Selbstbedienungstheken die Salate zusammenstellen und sie mitnehmen und die kulinarisch Interessierten, die aus den dann wohl mehr als 60.000 Produkten auswählen sollen. „Wir wollen ein Erlebnis verschaffen und die Kunden nehmen sich dafür die Zeit.“ Erfahrung hat Tittel bereits mit der dem Zurheide-Frischecenter in Düsseldorf-Benrath, wo neben einem riesigen Reifeschrank für Steaks auch eine eigene Kaffeerösterei mit Bewirtung, eine Sushi-Bar und ein Restaurant innerhalb der Weinabteilung die Mischung aus Gästen und Einkäufern empfangen.
Im Zentrum soll alles noch ein bisschen größer und außergewöhnlicher sein. Eine Champagner-Bar ist geplant genauso wie eine eigene Käserei, in der sichtbar für die Kunden Mozzarella produziert werden soll. In einer eigens konstruierten Mühle soll alle zwei Tage Öl hergestellt werden zum Beispiel aus Haselnüssen. Tittel – Mitglied im Champagner-Orden – hat noch ein weiteres Produkt, das ihm am Herzen liegt: Trüffel. Auch der soll dann in der Saison frisch zu kaufen sein.
Etwas bodenständiger und dennoch mit kaum geringerem Anspruch, hat Karl Stefan Preuß die jüngste seiner zusammen 22 Filialen WEZ-Märkte gestaltet. Eine moderne Atmosphäre mit „Loftcharakter im Industriedesign“ schwebt Preuß vor. Vorbilder sind Supermärkte wie die Wholefoods und Eataly aus den USA, letztere hat vor kurzem in der Münchener Schrannenhalle beim Viktualienmarkt eröffnet.
Die Märkte von Preuß haben 2015 zusammen 215 Millionen Euro erwirtschaftet. Teil des Geheimnis des Erfolgs ist wie bei Hieber und Zurheide auch die Auswahl. Produkte, die nicht überall oder gar exklusiv in den Märkten verkauft werden, sollen die Kunden binden. Die WEZ-Märkte sind Partner von Edeka, dennoch pflegt Preuß die Beziehungen zu zahlreichen Lieferanten außerhalb des Edeka-Reichs.
Der Schritt hin zum vernetzten Verkauf
Der kleine, aber sehr feine Supermarkt Glasmeyers im Landhaus im hamburgischen Stadtteil Groß Flottbek hat neben einem Champagner-Kühlschrank auch einen Verkauf für Blattgold. Lokale Produzenten wie Luicella’s Ice Cream bekommen einen Platz in dem Markt mit seinem noblen Ambiente.
Zur Ausweitung des Sortiments und der optischen Gestaltung mit warmen Farben, aufwändiger Lichtinszenierung und anspruchsvoller Typographie über den Regalen, gesellt sich neue Technik. Das Start-Up Mr. Emma hat eine Testphase im Mindener WEZ-Markt absolviert. Mr. Emma ist ein Tablet, das der Kunde sich im Supermarkt ausleiht und am Einkaufswagen festklemmt. Es ist eine Art Lageplan, der wie ein Navigationsgerät den Kunden zum richtigen Regal führt, die Einkaufsliste abarbeitet und dabei fortlaufend die Preise zusammenrechnet.
Preisschilder mit elektronischer Anzeige des Preises sind ein erster Schritt zum vernetzten Einkauf. Denn die entscheidende Technik spielt im Hintergrund. „Für den Kunden ist jetzt schon der Vorteil, dass er sich sicher sein kann, dass der Preis, der am Regal steht, der gleiche ist, der an der Kasse steht, denn beide Systeme greifen auf die gleiche Datenbank zu“, sagt Dieter Hieber.
Die Supermärkte bereiten sich so aber auch eine Zukunft vor, in der Lieferdienste den täglichen Einkauf übernehmen oder Kunden immer öfter die Ware von zu Hause vorbestellen und sie nur noch im Supermarkt abholen. „Es wäre naiv zu glauben, dass sich Amazon diesen Markt nicht vornimmt“, sagt Hieber.
Der schnellen Technik setzen die Supermärkte die klassische Kundenbindung entgegen, die sie längst nicht mehr über Fotos der Mitarbeiter der Filiale herstellen. Ein eigener Auftritt bei Facebook mit Fragen zum gewünschten Sortiment ist einer der Wege, mehr über den Käufer zu erfahren. Die Frische-Center Zurheide mit ihren sieben Filialen im Ruhrgebiet und in Düsseldorf, zeigt auf seiner Facebook-Seite Interviews mit Künstlern und Sportlern oder preist für die eigenen „Gourmet-Tage“ ein „frivoles Menü“ an.
Hieber hat anlässlich der Diskussion über die Milchpreise für Bauern im Internet die Kundenwünsche abgefragt. In der Folge soll künftig die regionale Milch von Landwirten, die höhere Preise erhalten, besser platziert werden.
Und schleichend fällt in manchen der modernsten Märkten etwas weg, was Generationen von Eltern den Einkauf spätestens am Ende besonders erschwert hat: Die sogenannte Quengelzone. An der Kasse, wo während des Wartens die zahllosen bunten Süßigkeiten die Kinder verführen, herrscht nun aufgeräumte Nüchternheit. Und vielleicht sogar ein junger Mensch, der einem hilft, die Einkäufe in eine Tüte – natürlich aus Papier – zu packen.