Rewe, Edeka und das Kartellamt Worum es im Fall Tengelmann wirklich geht

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Edekas Erfolgaussichten und Störfeuer von Rewe

Welche Zugeständnisse will Edeka deshalb machen?

Nachdem die Ablehnung des Bundeskartellamts unmissverständlich ausfiel, besserten Mosa und Haub wiederholt nach. Der Plan, sich alle Edeka-Filialen einzuverleiben, wurde fallengelassen. Offenbar beantragt der Handelsriese jetzt nur noch die Übernahme von rund 350 Filialen statt allen 451 Ladengeschäften. Da ein Teil der Filialen an die Konkurrenz geht, sollte zumindest nach der offiziellen Edeka-Darstellung damit eigentlich alles klar sein. Man sei überzeugt, den wettbewerblichen Bedenken in München, Oberbayern und Berlin Rechnung zu tragen, erklärte Tengelmann-Chef Haub.

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Wie sind die Erfolgsaussichten für Edeka wirklich?

Dass dem Kartellamt der Verzicht auf ein knappes Viertel der Filialen ausreicht, darf bezweifelt werden. Schon nach der ersten Abfuhr hieß es hinter vorgehaltener Hand, dass Edeka nur etwa die Hälfte der Filialen ohne Probleme werde übernehmen können. Denn die Monopolkommission bemängelte schließlich die wachsende Verhandlungsmacht in der Lebensmittelbranche. Zudem geht es bei dem Streit nicht nur um die reine Zahl der Geschäfte. Weil den Wettbewerbshütern die Konzentration in manchen Regionen ein Dorn im Auge ist, dürften sie genau darauf achten, welche Filialen an Drittanbieter fallen würden.

Kein Wunder also, dass sich wenige Tage vor Fristablauf die Gerüchte mehren, dass das Kartellamt die Übernahme auch unter den neuen Bedingungen nicht genehmigen wird. Weil Edeka damit rechnen konnte, vermuten Branchenkenner, dass hinter den Zugeständnissen ein anderer Plan steckt: Mit den kleinen Schritten in Richtung Wettbewerbshüter zeigt der Handelsriese gute Willen und bringt sich so für die nächste Phase des Ringens in Stellung.

Was passiert, wenn das Kartellamt die Übernahme nicht erlaubt?

Dann bleibt Edeka noch der Gang zum Oberlandesgericht Düsseldorf. Dort könnten die Richter die Entscheidung des Kartellamts aufheben. Es wäre nicht das erste Mal, dass das OLG einen Fall anders bewertet als die Kartellbehörde. Nachdem das Kartellamt Drogeriekönig Dirk Roßmann ein Bußgeld von 300.000 Euro wegen Preisdumpings aufgebürdet hatte, hob das Gericht die Strafe 2009 wieder auf. Ihren Entschluss begründeten die Richter ungewohnt scharf: Die Bonner Behörde habe ohne jegliche vernünftige Ermittlungen“ gearbeitet. Das Vorgehen der Wettbewerbshüter sei „anachronistisch und verbraucherfeindlich“ gewesen.

Ein Gerichtsstreit mit dem Kartellamt kann sich über Jahre ziehen und teuer werden, die anhaltende Unsicherheit die betroffenen Unternehmen lähmen. Deshalb könnte Edeka auch versuchen, eine Ministererlaubnis zu erwirken: Stimmt Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel der Übernahme zu, könnte er die Entscheidung des Kartellamts kurzerhand aushebeln. In der Praxis ist eine solche Einmischung der Regierung jedoch selten.

Welche Alternativen für die Edeka-Übernahme gibt es?

Schon kurz nach Bekanntwerden der Fusions-Pläne hatte Rewe-Chef Alain Caparros sein eigenes Unternehmen als Übernahmepartner für Tengelmann ins Spiel gebracht. Ein Vorstoß, der irgendwo zwischen ernstgemeinter Offerte und bewusstem Störfeuer einzuordnen ist. Denn dass das Kartellamt Rewe einfach erlaubt, einen Großteil der Tengelmann-Filialen zu schlucken, ist nach der Argumentation im Fall Edeka höchst unwahrscheinlich. Die Option, die Filialen zu übernehmen, die Edeka übrig lässt, hat der Rewe-Chef bereits ausgeschlagen. Man werde für die Konkurrenz „nicht den Ausputzer spielen“ echauffierte sich Caparros zuletzt im Berliner "Tagesspiegel" und macht aus seiner Abneigung gegen den ursprünglichen Deal keinen Hehl: „Unser Ziel ist es, dass Edeka dieses Unternehmen nicht bekommt.“

Was den Deutschen beim Einkauf wirklich wichtig ist

Warum grätscht Rewe andauernd dazwischen?

Dass den Rewe-Mann dabei nicht primär die Sorge um die Konsumenten treibt, ist klar. Schon beim Plus-Verkauf hatte Rewe mit Tengelmann verhandelt – und war abgeblitzt. Seither sind alle Aussichten für Rewe, zum Marktführer Edeka aufzuschließen, obsolet. Edeka dominiert mit einem Marktanteil von 25 Prozent das Lebensmittelgeschäft in Deutschland, Rewe kontrolliert nur 16 Prozent. Tatsächlich dürfte es Caparros nun darum gehen, zu verhindern, dass der Abstand noch größer wird. Scheitert die Fusion oder erhält gar Rewe als Notlösung einen Teilzuschlag für einen Großteil der Filialen, könnte die Rechnung aufgehen.

Kann denn sonst niemand helfen?

Als Alternative zu Edeka und Rewe müssten Drittanbieter, sprich kleinere, lokale Händler oder Unternehmen aus dem Ausland in die Bresche springen. Das könnte zum Beispiel die Migros-Gruppe sein. Für die Schweizer wäre der Einstieg in den deutschen Markt kein Novum. Vor gut zwei Jahren kauften sie bereits die Handelskette Tegut. Doch was ein Engagement bei Tengelmann geht, hält sich Migros bislang bedeckt. Offenbar auch, weil noch an der Eingliederung und der Optimierung der Tegut-Filialen gearbeitet wird.

Andere ausländische Unternehmen werden eine Investition in Deutschland sicher nicht auf die leichte Schulter nehmen. Die Marktanteile im Lebensmittelhandel sind verteilt, der Preiskampf ist hart. Und dass gerade die deutschen Discounter ernstzunehmende Gegner sind, müssen in England zum Beispiel Tesco, Sainsbury und Asda erfahren: Sie verlieren derzeit massiv Kunden und Umsatz an Aldi und Lidl.

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