Ritter Sport in Nicaragua „Wir wollen Kakaoanbau neu denken“

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„Technifizierung der Landwirtschaft mit der Kakaokultur Nicaraguas verschmelzen“

Wie stellen Sie sicher, dass Sie den Ansprüchen auf der Plantage gerecht werden?
Wenn Nachhaltigkeit von Beginn an im Konzept steht, ergeben sich manche Dinge von ganz alleine. Dann kommt eine Monokultur beispielsweise gar nicht erst in Frage. Von Anfang an haben wir beim klassischen Kakaoanbau jeden Schritt dahingehend geprüft, ob es eine bessere, nachhaltigere Variante gibt. So finden sich schnell entsprechende Ansätze. Die Vision, die wir von nachhaltigem Kakaoanbau haben, hat sich natürlich nicht von Anfang an jedem intuitiv erschlossen. Die Mechanisierung des Kakaoanbaus war bis dahin in Nicaragua zum Beispiel völlig unbekannt. Hier die Menschen mitzunehmen und davon zu überzeugen, warum man gewisse Schritte macht, kostete viel Kraft. Der Schulungsbedarf ist sehr hoch. Es ist zum Beispiel absolut keine leichte Aufgabe, gute Traktorfahrer in der Gegend zu bekommen. Das heißt, wir müssen unglaublich viel in die eigene Ausbildung der Mitarbeiter investieren.

Arbeiten bei Ihnen denn jetzt ehemalige selbstständige Kakaobauern?
Ein Kakaobauer hat bei uns nicht angeheuert, aber wir haben viele Mitarbeiter, die schon vorher als Feldarbeiter in der Landwirtschaft, teils auch im Kakaoanbau, gearbeitet haben. Dadurch, dass Kakao in Nicaragua heimisch ist, sind die meisten mit der Kakaofrucht vertraut. Wir gehen mit dem Ansatz heran: Wir wollen die Kakao-Expertise und die Kakao-Tradition, die in Nicaragua kulturell gegeben ist, mit einer modernen Interpretation des Kakaoanbaus verbinden. So soll unsere Idee von einer Technifizierung der Landwirtschaft mit der Kakaokultur Nicaraguas verschmelzen.

Gibt es externe Prüfungen, die objektiv die Nachhaltigkeit bestätigen können?
Ein wichtiger Baustein, den man machen muss, ist eine externe Validierung. Da fällt mir unsere Utz-Zertifizierung ein. Außerdem führen wir regelmäßig Biodiversitätsstudien durch. Was für mich aber viel entscheidender ist als diese externen Prüfungen, ist ein gemeinsames Werteverständnis, auf dessen Grundlage alle Beteiligten agieren. Das schaffen wir dadurch, dass wir selber einfach sehr oft vor Ort sind und den Kollegen immer wieder erklären, warum uns ein nachhaltiger Kakaoanbau so wichtig ist. Zertifizierungen und Validierungen können ja immer nur Momentaufnahmen sein – von daher ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit für mich der sehr viel größere Schritt zum Erfolg.

Ritter Sport: Die eigene Kakaoplantage in Nicaragua
Kakao von der eigenen Plantage. Dieser Wunsch erfüllte sich für Ritter Sport in der Saison 2017/2018 mit der ersten Ernte und der ersten Schokolade aus eigenem Anbau. Der Name der Plantage in Nicaragua: El Cacao. Quelle: Ritter Sport
Ritter-Sport-Kakaoplantage in Nicaragua Quelle: Ritter Sport
Neben den Kakaobäumen sind auf der Plantage heimische Sträucher und große Bäume wie Mahagoni und Teak gepflanzt worden. Ritter Sport setzt damit auf eine Misch- statt Monokultur – aus Gründen der Nachhaltigkeit. Quelle: Ritter Sport
Laut Ritter Sport ist diese Maschine in dieser Form weltweit einmalig auf einer Kakaoplantage: der Kakaofruchtöffner. Statt mit Macheten und per Hand, wie sonst üblich, werden die wertvollen Früchte hier durch die Messer der Maschine geöffnet. Quelle: Ritter Sport
Entwickelt wurde der Fruchtöffner im Hause Ritter Sport. Sie soll für mehr Arbeitssicherheit sorgen Quelle: Ritter Sport
Insgesamt rund 350 Menschen arbeiten aktuell auf der Ritter-Sport-Plantage in Nicaragua. Viele von ihnen haben schon auf Kakaoplantagen gearbeitet bevor sie auf El Cacao anfingen. Quelle: Ritter Sport
Ziel ist es, dass Ritter Sport in sechs Jahren den vollen Ernteertrag vor Ort erreicht. Dieser soll dann im besten Fall ein Viertel des Kakaobedarfs des Schokoladenherstellers decken. Quelle: Ritter Sport

Und wie belegen Sie es Ihren Kunden?
Indem wir sagen: Unsere Plantage ist für Besucher geöffnet. Jeder, der vor Ort ist, kann vorbeikommen, wann immer er den Weg dahin findet, und sich die Farm und die Arbeit dort zeigen lassen. Darüber hinaus schaffen wir Transparenz durch unser Ritter-Sport-Blog und andere Informationsportale im Internet, auf denen Verbraucher sich informieren können, wie wir auf El Cacao arbeiten.

30 Millionen Euro hat Ritter Sport inzwischen in El Cacao investiert. Können sich all diese Investitionen und Maßnahmen denn irgendwann auch für das Unternehmen Ritter Sport rechnen?
Auf die Frage, ob es sich in reinen harten Euros rechnet, muss ich antworten: Das ist die falsche Einheit. Neben den finanziellen Werten kann El Cacao vor allem mit der Strahlkraft punkten, die es auf die Marke hat: Ritter Sport geht seinen eigenen Weg und schafft es, einzigartigen Kakao aus eigenem Anbau in die Produkte zu integrieren. Wenn man nur auf die monetären Werte abzielt, ist das Ganze zu kurz gesprungen.

Also rein finanziell lohnt sich El Cacao auf absehbare Zeit nicht?
Doch auch ein finanzieller Vorteil ist absehbar und genau kalkuliert. Auch wir sind schließlich kein Wohlfahrtsunternehmen und haben ökonomische Interessen. Man könnte das Projekt Plantage natürlich viel straffer fahren, wenn bestimmte Nachhaltigkeitsaspekte nicht so intensiv verfolgt würden, wie wir es tun.

El Cacao soll dann im besten Fall bis zu einem Viertel des Kakaobedarfs Ihrer Schokoladen-Produktion decken. Wenn Nicaragua tatsächlich so erfolgreich wird, könnte später dann eine Ritter-Sport-Plantage in einem anderen Land folgen?
Ich kann mir vieles vorstellen, aber es ist natürlich nicht so einfach, eine Plantage zu duplizieren. Ich glaube, wenn El Cacao ein erfolgreiches Beispiel im Kakao-Anbau wird – und da sind wir auf einem guten Weg –, wird man Möglichkeiten finden, in anderen Ländern ähnliche Projekte umzusetzen. Das hängt natürlich von vielen Faktoren ab. Aber es ist absolut vorstellbar, dass Ritter Sport diesen Schritt in Zukunft machen könnte.

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