WirtschaftsWoche: Herr Roßmann, in Ihren Märkten verkaufen Sie gerade Melitta-Kaffee für 3,49 Euro. Auch für Großpackungen Pampers-Windeln und Persil-Waschmittel rufen Sie Kampfpreise auf. Verdienen Sie damit noch Geld?
Dirk Roßmann: An Pampers und Persil verdienen wir unterm Strich keinen Cent. Darum geht es auch nicht. Unser Geschäft basiert nicht darauf, dass wir mit den großen Markenartikeln Profit machen.
Womit machen Sie denn Profit?
Die großen Namen sorgen dafür, dass mehr Leute in unsere Läden kommen. Wenn es uns dann gelingt, dass die Kunden nicht nur zu den Werbeartikeln greifen, sondern auch eine Haarbürste mitnehmen, beginnen wir Geld zu verdienen. Die Mischung macht‘s. Aber klar ist auch, dass gerade ein heftiger Preiskampf tobt. Markenprodukte werden immer billiger.
Woran liegt’s?
Die Drogeriekette Müller expandiert, dm macht jedes Jahr neue Läden auf und wir wachsen ebenfalls. Zudem bauen die Lebensmittelhändler ihr Drogeriesortiment aus. Wenn ein Discounter wie Aldi plötzlich Nivea verkauft, geht das am Markt nicht spurlos vorbei…
Zur Person
Roßmann, 70, eröffnete 1972 in Hannover den ersten Drogerie-Discountmarkt Deutschlands. Heute betreibt er europaweit rund 3500 Läden.
…und auch nicht an Ihrer Bilanz. Ihre Wachstumsraten bröckeln, der Gewinn von Rossmann schmilzt.
Das klingt viel dramatischer als es in Wahrheit ist. Sicherlich sind die Zeiten zweistelliger Wachstumsraten vorbei. Aber wir haben 2015 rund 270 Millionen Euro vor Steuern verdient, unser Umsatz ist um 9,4 Prozent auf 7,9 Milliarden Euro geklettert. Auch im ersten Halbjahr 2016 haben wir unsere Rendite auf hohem Niveau gehalten, der Konzernumsatz ist um rund sieben Prozent gestiegen. Wer im deutschen Einzelhandel mit solchen Zahlen unzufrieden ist, leidet an Realitätsverlust. Wir sind jedenfalls völlig entspannt, zumal Rossmann nach wie vor die höchste Ertragskraft unter den Drogeriemärkten hat.
Beim Umsatz sind Sie aber nur die Nummer zwei hinter dm. Ärgert Sie das?
Früher gab es bei mir schon ein Gefühl von Rivalität. Aber ob dm nun mehr Umsatz macht als wir, spielt für mich heute keine große Rolle. Wichtig ist, dass es dem Unternehmen Rossmann gut geht, und dass wir die Bevölkerung mit möglichst guten und preiswerten Produkten versorgen. Der deutsche Einzelhandel macht da insgesamt schon einen sehr guten Job.
Führende Drogeriemarktketten
Budnikowsky
Budnikowsky verfügte 2015 über ein Netz von 182 Filialen. Der Umsatz betrug 474 Millionen Euro.
Quelle: TradeDimensions; LZ; TradeDimensions; Statista
Stand: 10/2015
Müller
Müller ist die Nummer drei unter den Drogeriemärkten in Deutschland. In Deutschland setzte Müller 2015 2844 Millionen Euro um. In 518 Filialen konnten Kunden Müller besuchen.
Rossmann
Rossmann verfügt über ein größeres Filialnetz als dm - in Deutschland ist die Kette mit 1973 Filialen präsent - im Umsatz hinkt Rossmann dm allerdings hinterher: 2015 lag dieser bei 5380 Millionen Euro.
DM
dm ist die Nummer eins der Drogeriemärkte in Deutschland. Zumindest, was den Umsatz angeht. 6400 Millionen Euro hat der Platzhirsch unter den Drogerien im Jahr 2015 umgesetzt. In Sachen Filialnetz muss dm sich allerdings Dauerkonkurrent Rossmann geschlagen geben. Der hat in Deutschland nämlich 1973 Filialen, dm nur 1741.
Das klingt jetzt sehr staatstragend. Wo ist denn Ihr Kampfgeist geblieben?
Keine Sorge, der ist stärker denn je. Aber meine Perspektive hat sich über die Jahre etwas verschoben. Früher hatte ich hohe Schulden, ich musste Gewinne machen, damit die Banken mir weiter Kredit gaben. Diese Zeit ist zum Glück vorbei. Heute geht es uns wirtschaftlich gut. Wir könnten auch mal drei Jahre ohne Gewinn arbeiten und stünden nicht am Abgrund. Das gibt mir deutlich mehr Gelassenheit – und es macht einen riesigen Spaß, eine erfolgreiche Firma zu führen.
Was tun Sie dafür, dass das so bleibt?
Wir expandieren und investieren. Gerade haben wir für die Läden ein neues Design entwickelt, dass wir sukzessive umsetzen. Alle Filialen werden nach und nach modernisiert. Allein in diesem Jahr werden wir rund 100 Filialen umbauen und 130 bis 140 Läden neu eröffnen.
Es gibt doch schon an jeder Ecke einen Drogeriemarkt. Wie viel Platz sehen Sie noch für neue Rossmann-Standorte?
Momentan betreiben wir 2000 Filialen in Deutschland, 500 weitere sind in den kommenden fünf Jahren möglich, dann nähern wir uns der Sättigungsgrenze. Aber wir sind auch im Ausland aktiv. Wir entwickeln gerade den türkischen Markt und eröffnen allein in Polen jedes Jahr über 100 neue Läden. Da steckt noch viel Dynamik drin.
Setzen Sie auf neue Waren im Sortiment?
Wir bauen unser Angebot in einzelnen Bereichen natürlich aus, zuletzt etwa bei Kosmetikartikeln. Oder nehmen Sie unsere Bio-Produkte. Die laufen gut, mit stark wachsender Tendenz. Daher wollen wir unser Bio-Sortiment erweitern und werden auch neue Produkte anbieten.