Rotkäppchen, Henkell & Freixenet Prickelnde Übernahmen unter Sektherstellern

Wenn es um Sekt geht, kaufen die Deutschen am liebsten was sie kennen. Das Massengeschäft im deutschen Supermärkten mit vielen Marken teilen dabei nur wenige Hersteller unter sich auf. Und einer wächst unaufhaltsam.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Rotkäppchen lässt die Korken knallen. Quelle: Getty Images

Wachsen trotz Verlusten - das ist die widersprüchliche Aussage der Zahlen, die das sächsische Sekt-Unternehmen Rotkäppchen-Mumm heute vorgestellt hat. Auf der einen Seite ist der Absatz der Hauptmarke des Konzerns um 500.000 Flaschen gesunken im Jahr 2015. Auf der anderen Seite ist der Marktanteil von bereits 37,9 Prozent im Jahr 2014 auf 38,3 Prozent gestiegen.

Die Gruppe mit Sitz in Freyburg in Sachsen-Anhalt konnte mit ihren Marken Rotkäppchen, Mumm, Geldermann, MM Extra und Jules Mumm dennoch für sie erfreuliche Zahlen vermelden. 166,5 Millionen Flaschen Sekt wurden in den verschiedenen Standorten produziert. Zusammen mit den ebenfalls zu dem Konzern gehörenden Spirituosen und Stillwein von Blanchet steigerte das Unternehmen den Umsatz auf nun 912 Millionen Euro Umsatz von zuvor 897 Millionen. Das heißt auch: Mehr als jede zweite Flasche kommt von Rotkäppchen-Mumm, dass seinen Marktanteil um zwei Prozent auf nun 54,9 Prozent erhöht hat.

Der Absatz

Insgesamt wurden 2015 in Deutschland 423 Millionen 0,75-Liter-Flaschen Sekt verkauft, das entspricht rund drei Millionen Hektoliter, so das Statistische Bundesamt – 2012 waren es noch 3,4 Millionen. Zum Vergleich: Im Jahr 2015 kauften die Deutschen 80 Millionen Hektoliter Bier. Ein Drittel des Sekt-Absatzes geht traditionell zum Jahresende über die Ladentheke, wenn die Verbraucher zu Weihnachten und Silvester die Sektkorken knallen lassen.

Die Wettbewerber

Neben dem Marktführer Rotkäppchen-Mumm, der neben Sektmarken wie dem Rotkäppchen Sekt, MM Extra und Mumm auch Spirituosen wie Chantré und Mariacron vertreibt, gibt es zwei weitere große Player, die den deutschen Sekt-Markt bestimmen. Zum einen ist da die Henkell & Co. Sektkellerei mit Sitz in Wiesbaden. Das 1832 gegründete Unternehmen gehört seit 1986 zur Oetker-Gruppe. Neben Sektmarken wie Henkell, Fürst von Metternich oder Söhnlein Brillant hat das Unternehmen Spirituosenmarken wie Wodka Gorbatschow und Kümmerling im Portfolio. 2014 setzte Henkell rund 700 Millionen Euro um.

Zum anderen kämpft Freixenet um Anteile auf dem deutschen Sektmarkt. Seit 1975 vertreiben die Spanier hierzulande Wein und Cava. Mit 202 Millionen verkauften Flaschen konnte der Konzern 2014 einen Umsatz von 510 Millionen Euro verbuchen.

Nun hat offensichtlich Henkell Interesse bekundet, eine Mehrheit an dem Unternehmen zu übernehmen. Wie die WirtschaftsWoche aus Unternehmenskreisen am Sitz des Unternehmens in Sant Sadurní d’Anoia bei  Barcelona erfuhr, hat der Aufsichtsrat von Freixenet am vergangenen Montag ein konkretes Angebot der Oetker-Tochter Henkell beraten und die Zustimmung zum Verkauf von insgesamt 58 Prozent der Unternehmensanteile an den deutschen Wettbewerber gegeben.

Diese Anteile gehören dem Vize- und Finanzchef des Unternehmens Enrique Hevia Ferrer, dem Aufsichtsratsvorsitzenden José Luis Bonet sowie deren Familien. Allerdings liegen die beiden Stämme im Streit mit Freixenet-Chef Pedro Ferrer und dessen Familie. Diese halten 42 Prozent der Anteile an Freixenet, besitzen ein Vorkaufsrecht an den übrigen 58 Prozent und haben mit Banken Gespräche über einen Kredit zum Erwerb dieser Anteile begonnen. Dem durchschnittlichen Supermarkt-Kunden dürfte das zunächst so wenig berühren, wie die früheren Übernahmen. 

Marktdominanz

Denn Sekt wird vor allem im Supermarkt oder beim Discounter gekauft. Damit ist die Sektbranche gezwungen, sich an die Anforderungen des Lebensmittelhandels anzupassen. Und der unterliegt in Deutschland einer sehr starken Konzentration: Edeka, Rewe, die Schwarzgruppe, zu der Lidl gehört, und Aldi teilen den Markt quasi unter sich auf. Gemeinsam kamen sie 2014 – gemessen am Umsatz – auf einen Marktanteil von 67 Prozent.

„Viele kleine Erzeuger waren nicht in der Lage den Anforderungen des konzentrierten Lebensmittelhandels zu begegnen“, sagt Hermann Pilz, Chefredakteur des Fachmagazins Weinwirtschaft. Deswegen ist eine Vielzahl von Marken in den letzten Jahren vom Markt verschwunden oder von größeren Konzernen geschluckt worden. 2004 verleibte sich Henkell beispielsweise Kupferberg ein und führte die traditionsreiche Marke selbst weiter. Das reduziert die Vielfalt auf dem Schaumweinmarkt. 

Ein Blick auf die Anzahl der Betriebe in der Sekt-Industrie belegt das: Waren es 2002 noch 77, ging ihre Zahl bis 2014 auf 51 Betriebe zurück, in denen heute noch rund 2000 Mitarbeiter beschäftigt werden.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%