Deutsche Bank lobt Praktiker
Um die Lage beim Baumarktkonzern Praktiker zu beurteilen, bedarf es im Grunde nur eines Blicks in den Kundennewsletter: „35% auf alles“, verheißt die heutige Werbemail, ausgenommen sind Produkte der Eigenmarke Budget. 35 Prozent? Jahrelang sorgte Praktiker mit dem Werbeschlachtruf 20 Prozent auf alles für Furore und trieb Schäppchenjäger in die Läden. Letztlich sorgte die Kampagne jedoch mit dafür, dass der Konzern tief in die Krise trudelte. Die Manager leisteten Abbitte, die 20 Prozent Aktionen wurden öffentlichkeitswirksam beendet – zumindest war das die Ankündigung. Doch von der Droge Rabatt, die kurzfristig den Umsatz pusht, langfristig aber die Marge ruiniert, kann der Konzern offenkundig immer noch nicht lassen.
Jenseits des Kundennewsletters offenbart allerdings auch der heute vorgestellte Geschäftsbericht wie es um den Baumarktkonzern bestellt ist: Praktiker ringt noch immer ums Überleben. Zwar konnte der Verlust 2012 um rund zwei Drittel auf minus 189 Millionen Euro reduziert werden. „Die gegenüber 2011 erhebliche Verbesserung um rund 65 Prozent ist allerdings ausschließlich auf den Abbau von Sondereffekten zurückzuführen“, teilte das Unternehmen mit.
Nun müssen Management, Aktionäre und Anleihegläubiger hoffen, dass der Sanierungskurs – die Umstellung zahlreicher Praktiker-Märkte auf die Schwester-Marke Max Bahr gelingt. Ansonsten sieht es finster aus: „Verfehlungen maßgeblicher Parameter gefährden unmittelbar die Zahlungsfähigkeit und den Bestand des Konzerns“, heißt es im Geschäftsbericht. Im Klartext: Erreicht Praktiker im Frühjahr 2013 und 2014 bestimmte Umsatz- und Ergebnisziele nicht, droht die Pleite.
Nach einer ersten Nahtoderfahrung im vergangenen Jahr, als Vorstand und Großaktionäre sich einen Machtkampf um die richtige Strategie und Finanzierung des Konzerns lieferten, zeigt sich nun, auf welch finanziell fragilem Fundament der Konzern agiert. „In Summe hat der Praktiker Konzern alle wesentlichen Vermögensbestandteile an die Kreditgeber und Warenversicherer verpfändet“, heißt es in der Bilanz. „Im Falle eines zusätzlichen Finanzmittelbedarfs könnte die Praktiker AG daher kaum weitere Sicherheiten stellen.“
Das bedeutet: Der Konzern ist bis zum Anschlag verschuldet, so gut wie alle Werte sind verpfändet – egal ob Markenrechte, die werthaltige Tochter Max Bahr oder Teile der Warenbestände und Immobilien. Trotz der Sicherheiten liegen die Zinsen, die der Konzern für die Kredite bezahlen muss auf Dispo-Niveau: Rund 13 Prozent muss Praktiker jeweils für zwei bis Januar 2016 laufende Darlehen über 40 und 15 Millionen Euro berappen. Werden bestimmte Kennzahlen etwa eine Mindestliquidität nicht eingehalten, können die Kreditgeber ihre Darlehen zudem sofort zurück fordern.
Nachdenklich stimmen sollte Anleger auch, dass der bisher bestehende Cash Pool, also die gemeinsame Geldverwaltung innerhalb des Konzerns, aufgespalten wurde. Die Marke Praktiker und ihre internationalen Ableger bündeln nun ihre Mittel unabhängig von Max Bahr. Im Fall der Fälle ließe sich die Max-Bahr-Tochter so wohl erheblich einfacher aus dem Konzern herauslösen und separat verwerten. Für die Kreditgeber eine zusätzliche Sicherheit, für Aktionäre und vor allem Anleihebesitzer ein Risiko.