Das soll auch der Strafprozess klären, der im März am Landgericht Stuttgart startet. Schlecker wird vorsätzlicher Bankrott vorgeworfen. Seine Ehefrau und seine Kinder sind wegen Insolvenzdelikten angeklagt. Welche Auswirkungen hat der Prozess auf das Insolvenzverfahren?
Es geht ab März um die strafrechtliche Aufarbeitung, nicht um meine Ansprüche als Insolvenzverwalter. Falls es vor Gericht neue Erkenntnisse gibt, etwa zu bisher unbekannten Konten oder Vermögenstransfers, könnte das zwar durchaus zu neuen Ansprüchen führen. Aber aktuell ist das reine Theorie. Bei der Aufklärung von Vermögensübertragungen war die Familie gegenüber der Insolvenzverwaltung immer kooperativ. Wir haben uns daher bereits im Frühjahr 2013 mit der Familie Schlecker zivilrechtlich geeinigt. Die Familie zahlte freiwillig 10,1 Millionen Euro in die Insolvenzmasse, und wir verzichteten im Gegenzug auf die Rückübertragung einzelner Immobilien und anderer Werte. Die Anklage ist nun die strafrechtliche Seite dessen, was 2013 passiert ist.
Spüren Sie unter früheren Mitarbeitern Genugtuung darüber, dass sich Schlecker nun vor Gericht verantworten muss?
Dafür liegt die Enttäuschung bei den meisten Betroffenen wohl schon zu weit zurück. Viele frühere Mitarbeiter und Lieferanten sehen Schleckers Rolle übrigens auch nicht so negativ, wie es oft dargestellt wird. Wenn man frühere Vermögenswerte betrachtet, hat Schlecker selbst das meiste Geld durch die Insolvenz verloren. Und: Die Familie hat auch viel Kapital in die Firma investiert, als es schon bergab ging. So viel Unternehmertum ist heute nicht mehr selbstverständlich. Schlecker war – wie viele andere Patriarchen in der deutschen Wirtschaft – sicherlich beratungsresistent und hat zu spät auf die Krise seines Unternehmens reagiert. Aber Herr Schlecker hat sich nicht aus der Verantwortung gestohlen.
Was führt zu dieser Beratungsresistenz?
Das Eingeständnis, dass es so nicht weitergehen kann, ist immer schwierig. Bei Patriarchen kommt hinzu, dass sie ihr Unternehmen oft aufgebaut und zum Erfolg geführt haben. In ihrer Umgebung werden sie teils als Halbgötter verehrt, solange es aufwärtsgeht. Umso größer ist in Krisensituationen dann die Angst vor einem Ansehensverlust. Eine Restrukturierung wird als persönliches Scheitern wahrgenommen. Statt sich Hilfe zu suchen, machen Patriarchen oft einfach weiter, bis es nicht mehr geht.
Sind Patriarchen ein Sanierungshindernis?
Im Gegenteil: Wenn es gelingt, den Patriarchen davon zu überzeugen, dass er beim Kurswechsel mitzieht, steigen die Sanierungschancen. Er hat sein Unternehmen so aufgebaut, dass ihm alle Mitarbeiter loyal folgen. Gegen seinen Willen läuft dagegen nichts. Deshalb ist es wichtig, den Patriarchen ins Boot zu holen.