Schließungen bei Galeria Karstadt Kaufhof Das große Schutzschirm-Missverständnis

Passanten laufen vor dem geschlossenen Eingang eines Kaufhauses der Warenhauskette Karstadt in der Innenstadt von Hamburg entlang. Quelle: dpa

Schutzschirmverfahren? Das klingt nach Rettungsschirm und „alles halb so wild“. Doch spätestens wenn es – wie jetzt bei Galeria Karstadt Kaufhof – zu harten Einschnitten kommt, verpufft der PR-Effekt.

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Die Mitteilung kam fast unspektakulär daher. Galeria Karstadt Kaufhof habe einen Antrag auf Einleitung eines Schutzschirmverfahren gestellt, teilte das Unternehmen am 1. April mit, nachdem zuvor die WirtschaftsWoche darüber berichtet hatte. Schutzschirmverfahren? Das klingt mehr nach Rettungsschirm und ‚alles halb so wild‘, als nach Existenzkrise.

Und genau das war auch die Absicht. In der gesamten Presseerklärung des Konzerns blieb unerwähnt, dass es sich auch beim Schutzschirmverfahren um ein Insolvenzverfahren handelt. Journalisten, die darauf hinwiesen, bekamen gar Post eines Berliner Presseanwalts, der über „unwahre Tatsachenbehauptungen über einen angeblichen Insolvenzantrag“ fabulierte. Das Ziel war klar: Verhindern, dass das böse I-Wort fällt. Auch bei Esprit, Condor und anderen Unternehmen unterm Schutzschirm ließ sich das PR-Phänomen besichtigen.

„Das Schutzschirmverfahren hat im Vergleich zur regulären Insolvenz sicherlich auch einen gewissen Marketingvorteil“, räumte selbst Galeria-Chefsanierer Arndt Geiwitz später ein und fügt hinzu: „Kunden und Mitarbeiter sind dann allerdings oft geschockt, wenn man ihnen sagt, dass das Schutzschirmverfahren auch ein Insolvenzverfahren ist.“

So ist es auch jetzt bei Karstadt und Kaufhof: 62 der 172 Warenhäuser sollen schließen. Tausende Mitarbeiter verlieren ihre Arbeitsplätze. Auch Lieferanten und Vermieter müssen bluten, Bürgermeister fürchten um ihre Innenstädte – und allen Beteiligten wird spätestens jetzt klar, dass ein Schutzschirmverfahren eben keine ‚Vorstufe einer Insolvenz‘ ist und auch keine ‚Insolvenz light‘, sondern schlicht eine spezielle Verfahrensvariante ist, die auf die Sanierung zielt, aber ebenso harte Maßnahmen mit sich bringen kann, wie andere Insolvenzen auch.

Nur vor diesem Hintergrund lässt sich auch verstehen, warum der vorläufige Sachwalter Frank Kebekus die Schließungen von 62 Häusern nicht als Kahlschlag verstanden wissen will. Hätten das Galeria-Management und Eigentümer Signa von Anfang an klarer kommuniziert, wäre die Erwartungshaltung eine andere gewesen. Dann wären jetzt womöglich nicht die 62 Schließungsfilialen die Nachricht, sondern die mehr als hundert Häuser, in denen das Geschäft weiterläuft.

Besiegelt ist das Überleben des Konzerns damit noch nicht. „Jetzt müssen wir noch zeitnah eine befriedigende Lösung mit den Vermietern finden“, sagt Insolvenzsachwalter Kebekus. In der ersten Juliwoche – zur Eröffnung des Schutzschirm-Insolvenzverfahrens – muss der Plan bei Gericht eingereicht werden. Anfang September sollen dann alle Gläubiger über die Sanierungsmaßnahmen abstimmen. Erst dann entscheidet sich, ob der Schutzschirm auch zum Rettungsschirm wird.

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Für die Sanierung von Karstadt und Kaufhof werden auch die Eigentümer der Immobilien in die Pflicht genommen. Manche zeigen sich kooperativ. Andere warten nur auf eine Schließung des Hauses.

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